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Deutschlandfeiern im ZDF: Ein bisschen Schwund ist immer

Beim ZDF ist Deutschland ein sehr junger Staat, besiedelt von den Nachfahren jener 77 Männer und Frauen, die am 23. Mai 1949 mit ihrem Raumschiff im heutigen Frankfurt am Main landeten.

Es ist ein ganz großer Test, den das ehemalige Zweite direkt aus den Labors seiner Meisterwerkstatt für mediale Manipulation (MMM) hat liefern lassen. "75 Jahre Deutschland" heißt die Sendung, mit der Gemeinsinnsender an den großen Tag erinnern will, an dem die Bundesrepublik gegründet wurde. "Und die DDR", was schon Schwierigkeiten aufwirft, denn die kann nicht gefeiert, sondern allenfalls als Fußnote erwähnt werden.  

Vier Jahre wegradiert

Der Test aber ist ein anderer: "Was wissen die Menschen von unserer Geschichte?", fragt Moderator Mirko Drotschmann. Und: Wird irgendjemandem auffallen, dass "75 Jahre Deutschland" nicht nur die Jahre unter Hitler, sondern auch die Weimarer Republik und das Kaiserreich seit 1871 ausspart und zudem die vier Jahre nach Kriegsende 1945 wegradiert, als hätten die Mütter und Väter des späteren Grundgesetzes mit ihrem Parlamentarischen Rat auf dem Mond getagt, ehe sie schließlich, Pläne und Bürger für das künftige Deutschland im Gepäck, im Mai 1949 auf der Erde landeten und die Gegend zwischen Rhein und Elbe in Beschlag nahmen.

Natürlich. Es gehört zur deutschen Erinnerungskultur, sich nicht oder doch nur an ausgewählte Helden- und Schandtaten erinnern zu wollen. Als der Nationalstaat der Deutschen vor vier Jahren seinen 150. Geburtstag feierte, blieben die Elogen aus. Zwar ist auch die Bundesrepublik bis heute rechtsidentisch mit dem Staat, zu dessen Kaiser sich der preußische König Wilhelm I. im Spiegelsaal von Versailles ausrufen hatte lassen. Auch gelten bis hierzulande bis heute  Gesetze aus dem 3. Reich und weiter zurück. Das Bürgerliche Gesetzbuch etwa stammt aus dem Jahr 1896, eine Hinterlassenschaft eines Despoten, die alles regelt, was im Land läuft und wie. 

Es gibt keine frühen Jahre

Doch gefeiert wurde damals nicht. Kein Bundestag erinnerte, keine Welle von "Damals war's"-Filmchen erinnerte die Nation an ihre frühen Jahre. Nur die "Welt" fragte sich, "was vom Kaiserreich heute noch in Deutschland steckt". Und der Deutschlandfunk hatte einen Historiker gefunden, der ein gewisses Nachbeben zu fühlen meinte. Davon abgesehen hatte sich das ehemalige Kaiserreich seiner Gründungsgeschichte weitgehend entledigt. Wer heute bei Google "Gründung Deutschland" eingibt, bekommt eine nicht nur Historiker überraschende Auskunft: Danach wurde die Bundesrepublik tatsächlich erst am 23. Mai 1949 aus der Taufe gehoben.

Wie frisch gefallener Schnee

Ein "Staat wie frisch gefallener Schnee", moralisch unbelastet, sauber geleckt von allen Blutspuren. Die "75 Jahre Deutschland" gleichen auf bemerkenswerte Weise den Erinnerungen der EU an die 75 Jahre Frieden, die geschaffen zu haben sich die Kommission und die Staatenlenker immer wieder selbst gratulieren. Ein Zeitraum, der entsteht, indem alles Störende ausgekehrt wird. 

Selbst die Meisterwerkstatt für mediale Manipulation, mit der das ZDF beispielgebend für eine Art Belehrungsjournalismus geworden ist, der eigene Fakten durch Verkürzung produziert, hätte mit dieser Säuberungsmethode quer durch die Geschichte des deutschen Nationalstaates zu viel zu tun gehabt. Kurzerhand wurde deshalb alles abgeschnitten, was vor jenem Tag der Ankunft der Frauen und Männer mit der Gesetzestafel namens Grundgesetz im Arm lag: Kein Kaiserreich mehr, kein Weimar, kein Hitler. Auch Preußen, die Keimzelle des deutschen Nationalismus, existiert nicht mehr. Ganz so, wie Claudia Roth und Annalena Baerbock es sich gewünscht haben.

Ein sehr, sehr junger Staat

Der "große Test" (ZDF) geht damit gut aus. Deutschland ist lieb und nett und gänzlich unproblematisch. Es ist ein im Vergleich zu anderen Nationen sehr junger Staat ohne aufregende Vorgeschichte. Die Menschen, die ihn heute besiedeln, sind die Nachfahren jener 77 Männer und Frauen, die am 23. Mai 1949 mit ihrem Raumschiff im heutigen Frankfurt am Main landeten und die Worte verkündeten, die seitdem gelten.



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