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Betreuungsangebot: Wir, Eure Heimerzieher

Auf ihrem Parteitag hat die CDU ein umfassendes neues Betreuungsangebot für die Menschen beschlossen, die ihr allein nicht lebensfähig erscheinen.

Kein Mensch liest Grundsatzprogramme. Niemand interessierte sich dafür, wie eine Partei durchregieren würde, Wenn sie denn nur endlich könnte. Jeder weiß, dass sie nie allein regieren wird, also nie tun können, was sie wollen würde. Andere politische Formationen dienen dem Wähler als Korrektiv, er schickt sie in die Parlamente, um auszugleichen, das Schlimmste zu verhindern und Parteifürsten davon abzuhalten, zu herrschen wie Honecker, Xi oder Putin. So lange sich die Parteien nicht einig sind, wirkt die Methode und die Gesellschaft ist sicher.  

Dieselben Rezepte

Sobald die großen Parteien aber mit denselben Rezepten hausieren gehen, liegt Gefahr in der Luft. Die Jahre des großen Flüchtlingszustroms und die Jahre der Pandemie haben gezeigt, dass ein normiertes Gemeinwesen schon Nach kürzester Zeit keine Kraft mehr findet, Alternativen zum eingeschlagenen Kurs zu diskutieren. Die bestimmende Politik gilt dann als alternativlos, die veröffentlichte Meinung schwärt sich darauf ein. Widerspruch wird zur Ketzerei, zur Leugnung, zum Anlass, aus dem Diskurs ausgeschlossen zu werden. Vorwurf: Sabotage der Meinungsbildung.

Wenn es um Sachfragen geht, holt die Wirklichkeit die Illusionen natürlich eines Tages vom Himmel wie Bleiballons. Ein schadloses Verfahren, denn worum es eigentlich ging, wer sich hier an wem vergangen, wer gelogen, betrogen, gefälscht und Andersdenkende verunglimpft hat, ist dann einerseits nicht mehr von Interesse, andererseits kaum mehr herauszufinden. Es bleibt ein Schaden zurück, aber nicht im Lack, sondern am Unterboden, ein unsichtbarer Kratzer nur, der die Fahreigenschaften nicht beeinträchtigt. Gas geben und glücklich sein!

Vom Mitwirken zum Bestimmen

Gefährlich wird es freilich, wenn sich die allgemeine Einigkeit der Organisationen, die eigentlich nur "an der Willensbildung des Volkes mitwirken" sollen, wie es im Grundgesetz heißt, sich im Grundsätzlichen einig sind und für ein Gesellschaftsgefüge eintreten, das den Vorgaben der Verfassung widerspricht, wie sie das Bundesverfassungsgericht 1956 in seinem zweiten KPD-Verbotsverfahrens-Urteil (BVerfGE 5, 85 (112, 140 ff.) definiert hatte. Danach stellt die sogenannte freiheitlich.-demokratisch Grundordnung den Schutz von Freiheit und Gleichheit des Individuums ins Zentrum allen staatlichen Strebens. 

Hinter ihnen hat sein Bemühen um Gerechtigkeit, europäische Einigkeit und Klimaschutz zurückzustehen. Der Staatsapparat sichert grundlegende Prinzipien wie die Achtung von Grund- und Menschenrechten, die Souveränität des Staatsvolkes, die Gewaltenteilung, die  Gesetzesbindung der Exekutive, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteiensystem und die  Chancengleichheit aller politischen Parteien.(BVerfGE 5, 85 (112, 140 ff.)) und verwirklicht damit das Ideal einer Gesamtordnung, die "unter Ausschluss jeglicher Gewalt und Willkürherrschaft eine rechtsstaatliche Herrschaftsform auf der Grundlage der Selbstbestimmung des Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit und der Freiheit und Gleichheit darstellt". 

Das Leben regeln

Parteien wie der ehemaligen PDS, den Grünen und der SPD war das immer zu wenig. Die Vision der drei linkesten Parteien im Bundestagsspektrum ist es "das tägliche Zusammenleben in unserer Gesellschaft zu regeln", wie es die SPD einmal formuliert hat. Nichts soll geschehen können, ohne dass ein Funktionär oder von ihm beauftragter Bürokrat die Hand darauf hat und Aufsicht führt. Ein legitimes Angebot an das Wahlvolk, das dieses erstickende Ausmaß an Bemutterung und Fürsorge bei der Bundestagswahl im Herbst 2021 tatsächlich attraktiv fand. Nach 16 Merkel-Jahren, denen die Regierungschefin selbst eingeschrieben hatte, dass es vollkommen ausreiche, sie zu kennen, um es zu schaffen, wenig verwunderlich.

Kaum jemand bewegt sich gern, wenn er nicht muss. Kaum jemand kümmert sich um sich selbst, wenn er jemanden haben kann, der es für ihn tut. Warum also soll sich ein Wähler für Freiheit erwärmen, wenn er Betreuung haben kann? Nach der Linken, der SPD und den Grünen hat auch die CDU erkannt, dass der moderne Mensch sich nicht mehr nach Selbstbestimmung, Freiheit und Eigenverantwortung sehnt, sondern nach Rundumbetreuung, Aufsicht und den strengen Regeln eines Volksheimes, das von Parteifunktionären geleitet wird.  

Allein nicht entscheidungsfähig

Was bisher eine nur selten von randständigen Merkelianern wie Herbert Reul formuliert wurde, dem Ex-Chef der Unionsfraktion im Europäischen Parlament und heutigen Innenminister in Nordrhein-Westfalen, ist mit dem neuen Grundsatzprogramm der Christlich-Demokratischen Union zum Konsens auch dieser Partei geworden. Die "Lust auf Zukunft, Aufbruch und Erneuerung", die die CDU als Fahne vor sich herschwenkt, gründet in einer kühlen Abwägung: Der normale Bürger, gern als "hart arbeitende Mitte", "Steuerzahler" oder auch Wähler beschrieben, ist allein nicht entscheidungs- und überlebensfähig. Ihm fehlt es an Übersicht, an Bildung, an Werten, an Einsicht. Seine "Haltung" muss von oben her geändert werden, bis er klaglos folgt, wo immer man ihn hinführt.

Es soll und es will die Politik sein, die als Lehrer, Heimerzieher und Elternhaus die Last trägt, die zuweilen noch Widerstrebenden da abzuholen, wo sie sind. Und mitzunehmen in die Wir-Gesellschaft, die ohne die Einsicht Einzelner dafür sorgt, dass "wir" nicht mehr "zu viel Fleisch essen, zu viel Auto fahren, zu viel reisen und zu viel konsumieren", wie der frühere Christdemokrat Karl Lauterbach den Gedanken einer betreuenden Politik zusammengefasst hat.

Haltungen ändern

Da heißt es, auch mal streng sein, klare Kante zeigen und sich nicht scheuen, die Heimkinder etwas härter anzufassen.  "Es muss darum gehen, Haltungen in der Gesellschaft zu ändern", kündigt Herbert Reul den neuen Kurs an, den die CDU aus ihrer Verantwortung ableitet, über die Köpfe der Betreuungspflichtigen hinweg zu regieren. Da denen aufgrund ihres häufig zweifelhaften Verhaltens die Fähigkeit abgesprochen werden muss, über sich selbst zu entscheiden, gilt es nach Reul, bereits bei Kindern anzusetzen, um langfristig Wesensveränderungen zu bewirken.

Demokratietheoretisch ist das abgesichert. Die Historikerin Hedwig Richter hatte kürzlich erst die Notwendigkeit einer "Revolution in der Demokratie" angekündigt. Angesichts der "Problematik der ökologischen Zerstörung" müsse "eher der Katastrophenschutz als das Parlament" regieren, denn "der Rechtsstaat wird den sozial benachteiligten Menschen in überhitzten Häusern zwischen durchasphaltierten Straßenzügen wenig nützen". 

Hoffnung auf Autonomie

Zwar sei die Demokratie die Staatsform, "die auf der Hoffnung der menschlichen Autonomie gründet". Doch demokratische Partizipation samt ihrer Wahl- und Meinungskämpfe ergebe keinen Sinn, wenn Bürgerinnen und Bürger nicht zu Mehrheiten fänden, mit denen sich "die ökologische Krise aufhalten" lasse. Die von Richter geforderte "Revolution in der Demokratie" zielt darauf, "die Menschen zu überzeugen, nicht zuletzt mit einer entschiedenen Politik, die selbstverständlich zu­weilen vorangehen muss", weil die Menschen "nicht nur vernünftig" seien, sondern "jeder mindestens einen Schweinehund" mit sich herumtrage.

Betreuungsangebot von der Union

Das Betreuungsangebot, das die CDU offeriert, verspricht, Abhilfe zu schaffen. "Wir wollen den Menschen wieder Halt, Orientierung und Zuversicht geben", hat CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann schon vor dem CDU-Parteitag deutlich gemacht, welch hohen Bedarf an Pflege, Betreuung und Umarmung er bei den Menschen draußen im Lande ausgemacht hat. Die Union wird sie alle bei der Hand nehmen, ihnen den Weg zeigen und ihr Leben organisieren. Noch ohne Dönerbremse und Bundespreisbehörde, wie sie die betreuende Linke im Programm hat.

Aber was nicht ist, kann noch werden.



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