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Der Patriot: Die Demokratie sind wir, nicht sie

Verbotene Aufrufe mit Fantasien.

 Die soziale Kälte hält Deutschland fest im Griff. Die Bauern verweigern die Feldarbeit, die Sachsen gehen zu Fuß auf die Straße. Der Kanzler schweigt wie immer, die Ministerriege ist abgetaucht, nur Renate Künast stellt sich, um den Schrecken an die Wand zu malen, den vorüberparadierende Traktoren in kleinen Kinderherzen anrichten. Unterwandert von rechten Aufwieglern ist ein Drittel, ist womöglich gar das halbe Land. Obwohl doch die Koalition nachgegeben und einen Teil ihrer Tränenliste umgeschrieben hat, ehe sie zum Vollzug schritt, dampft der Winter vor Unruhe. "Es kursieren Aufrufe mit Umsturzfantasien", warnt Klimawirtschaftsminister Robert Habeck in einem neuen Lehrfilm, in dem er versucht, die eine oder andere Sache "glattzuziehen", wie er sagt.  

Hosenboden glattziehen

Offiziell ist der Hosenboden nicht dabei, inoffiziell ist er Hauptthema der Ansprache, die der ehemalige Grünen-Chef erneut über den X-Anschluss seines Ministeriums verbreiten musste, weil er selbst den Kurznachrichtendienst schon verlassen hatte, ehe dort nach der Übernahme durch Elon Musk alle Mäuse begannen, auf dem Tisch rechten Terror zu tanzen. Millionen Zuschauer findet Habeck auch so, Menschen, die vielleicht immer noch genau wissen, was Demokratie ist, wo sie herkommt, wer sie erfunden hat und was genau nun tun ist, wo ein motorisierter Mistgabelmob versucht, sie sich widerrechtlich anzueignen.

Gegenhalten. Aufklären, Klarmachen, dass Demokratie nicht jeder kann, schon gar nicht, wenn er meint, die Regierung könne sie nicht. In Tagen, in denen die SPD in Umfragen noch auf 13 Prozent kommt, in denen aber andere Umfragen sagen, dass mehr als die Hälfte der Deutschen am liebsten einen Boris Pistorius als Kanzler hätte, weckt Habeck mit gefalteten Händen und Dackelblick Vertrauen. Der Hemdkragen aufgeknöpft, die Sakkoärmel etwas zu lang, so steht der Mann, der in knapp zwei Jahren Kanzler werden will, acht Minuten lang vor einer Hochkantkamera, die den Ton gleich mitaufnimmt. Es hallt und schallt, wenn er spricht, denn so viel Geld ist in Berlin nicht, dass ein professioneller Ton herauskommen könnte. 

Mahnend im Abgang

Ein pastoraler muss reichen, eindringlich, aber auch mahnend im Abgang. Das Problem der Bauern sind doch nicht die Steuern, Sagt Robert Habeck, sondern die Preissetzungmacht der Handelskonzerne. Die Industrialisierung der Landwirtschaft sorgt für immer weniger, aber immer größere Höfe, für immer weniger Kühe, die aber immer mehr Milch geben. Der Bauernverband bezeichne das als Fortschritt, er aber, Robert Habeck, der selbst schon sechs Jahre als Landwirtschaftsminister in Schleswig-Holstein gedient hat, sieht das anders. Strukturwandel sei Höfesterben, eine Logik im System, in dem die Bauern wirtschaften.

Wer bis hierher folgen konnte, weiß nicht mehr, warum Robert Habeck da steht. Wer protestiert warum? Weshalb geht es? Und weil? Habecks Antwort  sind faire Preise und gute Bezahlung, nur eben jetzt ohne "alle Subventionen", dafür aber mit Nachhaltigkeit, Tierschutz, Klimaschutz und direkter Vermarktung. Der Mann hat den Stein der Weisen gefunden, offenbar zufällig genau im passenden Augenblick. "Meiner Ansicht sollte man die Debatte jetzt nutzen, um ernsthaft und ehrlich genau darüber zu diskutieren".

Ernsthaft und ehrlich

Diskutieren, nicht demonstrieren! Ernsthaft und ehrlich! Wer genau mit wem, sagt er nicht, aber "wir in der Bundesregierung sind den Bauern wegen des Kostendrucks entgegengekommen". Schon. Da ist nicht mehr mehr drin. "Der Einspardruck" ist die Schuld des Verfassungsgerichtes, dagegen kann keine Regierung etwas tun, die ja nebenbei auch noch Kanzlerämter bauen muss, Zukunftszentren, Radwege in Peru und Klimanotfonds für die wirklich Betroffenen weltweit füllen muss. 

Das sind halt die "Rahmenbedingungen, die jetzt gelten", sagt Robert Habeck, als hätten  sie vorher nicht gegolten, nur weil sie lästig waren. Deshalb hält er neben der "Diskussion" um die Debatte nun auch eine "Debatte um diese Rahmenbedingungen für notwendig". Bis dahin mögen alle erst einmal wieder nach Hause gehen.

Die Zeit ist halb rum, als es noch grundsätzlicher wird. Umbruch, sagt Habeck, nicht "Zeitenwende". Es folgen Kriege und Krisen, die hohe Inflation, Erschöpfung und Enttäuschung, Sorge und Wut. Und ein Aber: "Wir dürfen nicht zulassen, dass Extremisten diese Verunsicherung kapern." Wer genau sie sind, wie zahlreich, woran man sie erkennt? Unklar. 

Was sie wollen, steht fest: "Unseren demokratischen  Staat zerstören". Das fängt mit denen an, die gegen Einzelentscheidungen opponieren, statt "Hand in Hand" für "unseren Staat zu arbeiten", es geht weiter über die, die den Schatz der liberalen Demokratie nicht verteidigen und von der Notwendigkeit eines "erneuerten Republikanismus" (Habeck) vielleicht noch nie gehört hatten. Patriotismus, "im besten Sinne", sagt Robert Habeck, darum gehe es jetzt. Das Ich hinter das Wir zurückstellen. Der Regierung vertrauen, auch ohne Anlass und Grund. 

Gegen den politischen Feind

Den der "politische Feind" wie Habeck ihn unumwunden nennt, er steht dort, wo die "Anti-Demokraten" sind, die "Umsturz oder gar Umvolkung das Wort reden" und "immer anderen die Schuld geben", natürlich "teils von Putin finanziert". Einknicken ist nicht erlaubt. Deshalb auch ist die Bundesregierung trotz der Proteste auch nicht eingeknickt, sondern sie hat sich über alle Parteigrenzen hinweg untergehakt und ihr großes Kassierpaket wie vereinbart auf den Weg gebracht.  

Robert Habeck geht auf diese klare Ansagen zum Wesen der Demokratie nicht ein. Er schwebt in ganz anderen Sphären. "Diese Republik ist der beste Staat, den Deutschland je hatte", lobt der frischgeborene Republikaner zum Schluss, "wir müssen für sie einstehen". Wer folgen will, der muss. "Seien wir solidarisch, als Demokratinnen und Demokraten und in diesem Sinne patriotisch", im "besten Sinne" sicher. Darum gehe es "in dieser Woche und in den nächsten, in dieser Zeit."



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