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Hose näher als der Rock: Fußballfrauen zweite Wahl

Ausgegrenzt und abgeschoben: Die Nationalmannschaft der Frauen quälte sich in Island zum Sieg. Platz im Linearfernsehen war dafür nicht.

Auf einmal war die Hose wieder näher Als Der Rock, das nur regional bedeutsame DFB-Pokalspiel zwischen zwei westdeutschen Provinzvereinen wichtiger als Wohl und Wehe der ganzen Fußballnation. Nur wenige Monate nachdem Triumphzug der deutschen Frauenfußballspielerinnen durch die Fernsehlandschaft, bei dem die kickenden Damen gezeigt hatten, dass sie nicht einmal sportlichen Erfolg brauchen, um sechs, sieben oder acht Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer vor den Bildschirm zu locken, sind alle hehren Schwöre von Gleichbehandlung, großer Bühne und Equal Pay vergessen. 

Einsam in Island

Als die deutschen Frauen, neuerdings wieder trainiert von einem alten weißen Mann, im ungemütlich kalten Island zum entscheidenden Spiel in der Nations League antreten mussten, jubelte auf den weitgehend leeren Tribünen eine Handvoll mitgereister oder auf der Atlantikinsel ansässiger Fans mit. Die Heimat aber bekam das Länderspiel nur im Livestream zu sehen. Der lineare Bildschirm wurde gebraucht, um eine Pokalbegegnung zwischen dem Vorletzten der 1. Bundesliga und einem Klub aus der Zweiten Liga zu zeigen.

Ein Rückfall in vergessen geglaubte alte Zeiten, in denen ARD-Reporter die Fußballfrauen als "Frauenfußballspielerinnen" verhöhnt hatten, als betrieben sie einen Sport, der nicht Fußball ist, sondern "Frauenfußball". Vergessen auch die Ermahnungen des Kanzlers, der versprochen hatte, nicht zu ruhen, bis alle dasselbe verdienen. Und der Chefs der Gemeinsinnsender, die einen "Tatort" mit Acht Millionen Zuschauern als Beweis ihrer ungebrochenen Bindungskraft in der breiten Bevölkerung feiern. 

Misstrauen gegen Fußballfrauen

Einer Fußballmannschaft aber, die aus Frauen besteht, vorab nicht zutrauen, die zuletzt erreichte Quote von acht Millionen Zuschauern wieder zu schaffen, ist eine klatschende Ohrfeige für alle Frauenfußballspielerinnen. Und die Entscheidung, dann eben doch wie immer seit 1954 die Männer zu zeigen, die in der zweiten von sechs Pokalrunden gegeneinander antreten - im speziellen Fall zum 100. Mal - eine Absage an alle öffentlich ausgestellten Bemühungen, die "Geschlechtergerechtigkeit im Sport fördern" (Lisa Paus) zu wollen, selbst wenn es dazu neue Projekte "des Bundesgleichstellungsministeriums für Klischeefreiheit im Sport" (Paus) braucht.

Ein Versagen an den gleichstellungspolitischen Herausforderungen auf ganzer Linie. Inszenierte sich die zuständige Ministerin Lisa Paus beim Pokal-Endspiel der Frauen noch im Mai als Mahnerin vor der Benachteiligung von Frauen "auch im Fußball - etwa bei der Bezahlung oder wenn es um Trainingsbedingungen geht", ist nach der Verbannung der Nationalheldinnen vom vergangenen Jahr in die Streamingnische, in der die Öffentlich-Rechtlichen in der Regel ihre Peinlichkeiten beerdigen, nichts mehr von denen zu hören, die sich "selbst dazu verpflichtet haben, unseren Beitrag zu leisten" (Olaf Scholz).

Abgetauchter intersektionaler Feminist

Galt die Frauenmannschaft beim Kanzler, von Haus aus intersektionaler Feminist, vor wenigen Tagen noch als Chefsache, eine Truppe, die mangels anderer Erfolgsangebote aufgerufen war, die Nation wiederaufzurichten und ihr neue Siegesgewissheit zu vermitteln, traf die Abschiebung des entscheidenden Spiels um die Qualifikation für die Olympischen Spiele ins Internet auf keinerlei Widerstand in Politik, den angeschlossenen Medienanstalten und Öffentlichkeit. 

Die Akzeptanz der Unterdrückung jedes Versuchs, den Frauenfußball durch ausgestellter Medienpräsenz weiter zu popularisieren, ist allgemein und umfassend. Im zweiten Glied und als zweite Wahl steht der "Frauenfußballsport" (Frauenfußball-Magazin)  wieder dort, wo er immer war: Es gibt Fußball und es gibt Fernsehfußball. Es gibt keinen "Männerfußball", aber es gibt Frauenfußball. Und den gibt es nur im Fernsehen, wenn wirklich gerade nichts anderes ist.




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