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Ende der Linkspartei: Wenn Sahra das Totenglöckchen klingelt

Von der Lichtgestalt der Linken zum Schreckgespenst der Parteienlandschaft: Die gelernte Stalinistin Sahra Wagenknecht, mit Lippenstift auf Spiegelglas gezeichnet vom jungen Künstler Kümram.

Böse, böse Wagenknecht. Ein ganzes Jahr hat die Altlinke ihre Partei zappeln lassen, ehe sie die Leine einzog. Nun ist es soweit, die Reste der Linken in Deutschland spalten sich ein weiteres Mal: Zu Linkspartei, SPD, Grünen und den zahllosen Kleinstgruppen von KPD bis MLPD stößt mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht eine weitere Formation mit dem Ziel, mehr soziale Gerechtigkeit durch noch mehr Umverteilung von noch weniger weit oben nach unten durchzusetzen.  

Noch mehr Linksparteien

Für ein Land im politischen Ausnahmezustand, das gerade den Verlust der Menschlichkeit im Regierungslager und den Abschied von allen hochfliegenden globalen Klimaplänen im Maschinenraum des Energieausstieges zu beklagen hatte, ist das ein herber Hoffnungsschlag. Ginge es tatsächlich eines Tages nach der Zahl der Politiker, die eine bessere Zukunft für alle durch die Mehrung ihrer eigenen Zahl versprechen, warten glückliche Zeiten auf ein Volk, das eigentlich schon lange keins mehr sein will, durch die weiterhin widerstrebenden Nationalismen in den Nachbarstaaten aber faktisch gezwungen ist, sich nicht in reines Wohlgefallen auflösen zu können. 

Mit Wagenknechts Initiative, einer späten Folge des vor Jahren verlorenen Machtkampfes der klassischen groben Arbeiterlinken gegen die aufgeweckte neue Generation des verbeamteten Bionadeproletariats, droht sich nun aber zumindest die bürokratisierte Linken-Verwaltung aufzulösen. Verlassen die neun Abtrünnigen die Linksfraktion im Bundestag, geht es der noch verbliebenen parlamentarischen Vertretung der umgetauften SED ans Geld: Aus Der Fraktion werden zwei Gruppen. Zusammengenommen steht beiden weniger Geld zu als ihrer Einheitsorganisation heute.

Abschied der Menschewiken

Eine Aussicht, mit der die an Kummer gewohnte Parteimehrheit seit Monaten rechnen konnte. Doch als es soweit war und die Menschewiken ihren Abschied offiziell eingereicht hatten, zeigte sich die Bolschewiki baff überrascht. Martin Schirdewan, an die Spitze gerutscht, weil viele alte Genossen noch ein paar Schuldgefühle seinem Vater gegenüber spürten, machte den Menschewiken jedenfalls bittere Vorwürfe. Sie allein hätten die Verantwortung, "dass wir überhaupt in dieser Situation sind", denn anständigkeitshalber müssten die Aussteiger ihre Mandate zurückgeben. 

Das tun die nicht, weil in Deutschland Abgeordnete gewählt werden und nicht Parteimitglieder - eine Praxis, die der Linken in der Vergangenheit auch schon Freude gemacht hat.  Als Chef einer Partei, die vom abtrünnigen Ex-Chef der SPD mitgegründet wurde, hält Schirdewan das diesmal dennoch "für eine echte Sauerei", weil "auf dem Rücken der Beschäftigten der Bundestagsfraktion egoistische Spiele" betrieben würden. Ohne Fraktion fehlt es an Geld, mehr als 100 Fraktionsmitarbeiter weiterzubeschäftigen. Den Gepflogenheiten im Bundestag folgend, der arbeitsrechtlich als Wildwest-Gebiet gilt, in dem Arbeitgeber heuern und feuern können wie im Mittelalter, wären die Betroffenen umgehend ihren Job los. 

Und wie immer fehlt das Geld

Die Gefahr war lange zu sehen. Aber niemand in der Linkspartei, in der der feste Glaube an die Planwirtschaft zur DNA gehört, hat es für nötig gehalten, für den Ernstfall Geld beiseitezulegen. Wagenknechts Menschewiken wollen die Verantwortung für das anstehende Sozialdebakel freilich auch nicht tragen. 100 Familien, die das kommende Weihnachtsfest als Jobsuchende ohne Chance auf weitere hauptamtliche Beschäftigung im Kampf um Mehr Soziale Gerechtigkeit verbringen müssen, ohne 50- oder 60-Stunden-Woche im Dienst eines Abgeordneten, dem zu gefallen wichtigste Qualifikation ist, diese Last mag das neue Bündnis für Vernunft und Gerechtigkeit nicht gleich als erstes vom Startblock wegtragen.

Wagenknechts haben Schirdewans folglich angeboten, auch nach ihrem Verrat an der Seite der Ex-Genossen zu verbleiben, um gemeinsam weiterhin an den Bundestagskassen melken zu können, was immer aus den Zitzen kommen will. Und bei aller Empörung über den Dolchstoß der rechtsgläubigen Linken ist Martin Schirdewan auch nicht abgeneigt, das ekelhafte Geschenk an zunehmen: Es sei nicht auszuschließen, dass die Ausgetretenen noch bis Jahresende in der Fraktion bleiben, sollten sie ihre Mandate nicht zurückgeben. Was sie sicherlich nicht tun werden.

Auf den letzten Metern

So eint die Staatskasse die zerstrittenen Genossen auf den letzten Metern vor der Scheidung. Natürlich könnte die Linke, die sich seit Monaten schwertut, Wagenknecht die Mitgliedschaft zu entziehen, die nun ausgetretene frühere Fraktionsvorsitzende zusammen mit ihren Spießgesell*innen aus der Fraktion ausschließen. Dann aber lüde die Führung der Rest-Linken sich die Verantwortung für 100 zusätzliche Arbeitslose in schwerer Zeit auf die Schulter - kein idealer Start in die Wahlschlachten des kommenden Jahres, die für die deutsche Partei mit den meisten abgelegten Namen ohnehin zum ÜberlebensTodeskampf zu werden versprechen.

Man wird das Scheidungsjahr also gemeinsam absolvieren. "Reiner Tisch mit dem Bedränger" wird später gemacht, die Müßiggänger beiseite zu schieben undwieder die stärkste der Partein' zu sein, das kommt später, außerparlamentarisch, ein K-Grüppchen mehr oder zwei sogar. Eine Hoffnung bleibt für immer, die auf eine Welt "die unser ist". Und "wenn wir sie vertrieben haben, dann scheint die Sonn‘ ohn‘ Unterlass!"



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