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So pro: Wie die Bundesworthülsenfabrik den Judenhass ausradiert

Nach den Terrorangriffen der Hamas auf Israel war wenige Stunden unklar, wie der arabische Antisemitismus künftig bezeichnet werden soll. Die Bundesworthülsenfabrik hat dann "pro-palästinensisch" erfunden.

Es ist der blanke Hass, es ist Wut, es sind Tage des Zorns, nicht nur einer. Getrieben vom Wunsch, den Judenstaat Israel auszulöschen, gehen nicht nur in den arabischen Staaten Menschen auf die Straße, um ihrer Empörung darüber Luft zu machen, Dass dieses klitzekleine Stückchen Naher Osten nicht arm, rückständig, undemokratisch und absolutistisch von Scheichs, Emiren oder blutigen Diktatoren beherrscht ist. Auch in Deutschland sind die Gegner der einzigen Demokratie zwischen Marokko und Indien selbstbewusst genug, ihren Judenhass Spazieren zu führen. Ungestört von der Polizei und allenfalls lauthals beklagt von Politikern, die vor lauter Reichsbürgergespenstern jahrelang übersehen haben, wie viel Hass woanders wohnt, marschieren die Anhänger der Hamas durch die Städte.

Welchen Namen für das hässliche Kind?

Niemand kann etwas dagegen tun. Niemand kann erklären, wo das alles herkommt, ohne zu gestehen, dass das alles schon immer da war seit Deutschland auf Geheiß einer alleinregierenden Kanzlerin sein menschliches Gesicht zeigte und die Türen öffnete, auf dass alle kommen können. Die große Frage, die das politische Berlin zu beantworten hatte, war also die, die immer steht: Wie soll es genannt werden? Welchen Namen bekommt das Kind, auf dass es nicht mit der Familie in Verbindung gebracht wird?

Bei ihm habe sehr früh am Morgen des 8. Oktober das Telefon geklingelt, beschreibt Rainald Schawidow, als Chef der Bundesworthülsenfabrik (BWHF) in Berlin höchster Sprachaufseher Deutschlands. Das Hauptamt des Bundeskanzlers sei am Apparat gewesen, einmal mehr mit einem dringenden Anliegen: "Uns wurde die Aufgabe übertragen, im Sinne der Verantwortung Deutschlands für das Schicksal Israels eine Sprachregelung zu finden, die es erlaubt, über antisemitische Meinungsbekundungen in unserer Gemeinschaft zu berichten, ohne dass fortwährend auf dem absehbar explodierenden Judenhass herumgeritten wird."

Treffen der Propagandapoeten

Schawidow, der am Abend zuvor den 74. Jahrestag der ehemaligen Ex-DDR bei einer sogenannten Ossi-Party gefeiert hatte, wischt sich den Schlaf aus den Augen, nahm eine "Spalt"-Tablette und alarmierte seine Task-Force für Sonderlagen. "27 Frauen und Männer, die zum Besten gehören, was Deutschland an Propagandapoeten zu bieten hat." Schon morgens halb acht habe man zusammengesessen und die Situation analysiert. Importierte Antisemiten im Anmarsch. Ein Staatswesen völlig ohne Abwehrkräfte. Demoralisierte Polizisten, unfähig sogar, sich gegen Klebekinder durchzusetzen. "Uns wurde schnell klar, dass wir sprachlich raus müssen aus der Konfrontation, weil wir die sowieso nicht gewinnen können." 

Es war ein klarer Wunsch des Bundeskanzlers, den es umzusetzen galt. Weil Behörden in Deutschland keine Demonstrationen zulassen dürfen , bei denen antisemitische Parolen gebrüllt und Gewalt verherrlicht wird, so hatte der wenig später dekreditiert, gelte es,"hier eine klare Kante" zu zeigen und alles dafür tun, dass für offenen Antisemitismus, für den Hass auf Juden und den Wunsch, sie aus ihrer Heimat zu vertreiben, anderen Begriffe gefunden werden.  

Das Übel in etwas Positives verwandeln

"Wir hatten da schon längst geliefert", freut sich Rainald Schawidow immer noch diebisch über den neuesten Streich seiner BWHF zur Debattenglättung. Mit Recht, denn selten nur ist es seiner Behörde, hervorgegangen aus dem volkseigenen DDR-Betrieb VEB Geschwätz, gelungen, eine Diskussion, die außer Rand und Band zu geraten drohte, so schnell und sicher zu kanalisieren. "Wir wollten dem Übel des benannten Antisemitismus etwas Positives entgegensetzen", beschreibt Schawidow. 

Gelungen ist das mit Hilfe des Begriffes "pro-palästinensisch", der erklärte Antisemiten freundlich zu Kämpfern nicht gegen, sondern für etwas verklärt. Erstmals in der Weltgeschichte ist ein Protest nicht gegen, sondern für etwas gerichtet. Schawidow schwärmt von dieser kühnen Umdeutung: "Protest hieß ja ursprünglich nur, etwas öffentlich bezeugen", sagt er, "erst später wurde aus dem Pro-test der Widerspruch, zu dem dann linke Vordenker den Gegen-Protest erdachten, der sich wiederum gegen den Widerspruch wandte."

Erste Proteste dafür

Als Proteste wurden immer verbaler oder nonverbaler Bekundungen von Zurückweisung gegenüber bestimmten Geschehnissen, Situationen oder gegenüber einer bestimmten Art der Politik gewertet."Unsere neuen pro-palästinensischen Proteste sind insofern völlig einzigartig, als dass sie zwar gegen Israel und das Existenzrecht von Juden und Judenstaat gerichtet sind, mit der Neuzeichnung ,pro-palästinensisch' aber einen Hauch von nahöstlicher Zukunftsfreude erhalten."

Medien überall im Land waren und sind begeistert. Die "Tagesschau" vermeldet "pro-palästinensiche Demos in mehreren Ländern", die amtliche Nachrichtenagentur DPA zählt Tausende Antisemiten als Menschen, die sich zu "pro-palästinensischen Demonstrationen versammelt" hätten. Die Berliner Polizei nimmt nun nicht mehr Israel-Hasser fest, sondern "propalästinensische Demonstranten", der "Spiegel", die Taz, die FAZ und die SZ sowieso, sie alle schwelgen in "Pro-Palästina-Demos" und "Pro-Palästina-Demos mit Böllern und Steinen".

Einen Kranz aufs Grab

"Das war es, was wir bezweckt haben", äußert sich Rainald Schawidow rundum zufrieden mit dem Erreichten. Dass die Verwendung eines derart verharmlosenden Begriffes wie "Pro-Palästina-Demo" sich eigentlich verbietet, wo der Wunsch geäußert wird, Israel auszuradieren und die deutsche Schuld am Holocaust gleich mit, sei sicherlich eine Seite der Medaille, die nicht außer Betracht bleiben dürfe. "Aber darum können wir uns sicherlich später kümmern, vielleicht hält der Bundespräsident dazu eine Rede oder die Innenministerin legt einen Kranz nieder."

Pro-Palästina ist so gut, das kann nichts Schlechtes sein. Zwar sei hier und da "widerliche Stimmung" und ein paar Polizisten werden auch verletzt, wie die großen Gazetten pikiert berichten. Aber eine Pro-Palästina-Demo unterscheide sich schon wegen ihrer lateinischen Vorsilbe grundlegend von den antisemitischen Aufmärschen der Corona-Gegner und Impfleugner, stellt Schawidow fest. "Pro bedeutet so viel wie vorwärts, vor-, hervor, anstatt und für", erläutert er den sprachfachlichen Hintergrund der neuen Worthülse, "das macht es jedem Kritiker schwer, sich dagegen zu äußern." 



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