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Hokuspokus mit der Inflation: Noch nie und nun schon wieder

Noch nie hat die EZB ihr sogenanntes "Inflationsziel" Von Zwei Prozent erreicht. Nun verspricht der Chef der Bundesbank aber, es werde bald "wieder" soweit sein.

Als Präsident der Bundesbank ist Joachim Nagel zwar seit der Übernahme der Amtsgeschäfte durch die Europäische Zentralbank nur noch eine Art Frühstücksdirektor. Doch der Sozialdemokrat, in einer früheren Phase seiner Laufbahn Nachfolger des mit "kruden Thesen" (Der Spiegel) unzulässig aufgefallenen Thilo Sarrazin, später dann der des geldpolitischen Falken Jens Weidmann, spielt als sogenannter EZB-Rat eine große Rolle bei der öffentlichen Darstellung des unerbittlichen Kampfes gegen die Geldentwertung, die die EZB mit Zinserhöhungen führt, während die Regierungen ihrer Eigentümerstaaten mit Helikoptergeldlieferungen an die Betroffenen gegensteuern.  

Debatten aus dem Drehbuch

Nagel weiß genau, was er sagt, wenn er spricht. Jedes Wort folgt einem Drehbuch, das wichtige Botschaften enthält. Wenn der 57-Jährige etwa davon spricht, Dass er die aktuelle Teuerung "nach wie vor für zu hoch hält", dann ist das kein Zufall und kein sprachliches Versehen. 

Joachim Nagel weiß zwar, dass die offizielle Politik der EZB bei fünf bis sieben Prozent Wertverfall des Euro keinen anderen Schluss zulässt als dass die Teuerung offensichtlich zu hoch ist. Doch indem der gelernte Volkswirt erkennen lässt, dass er sie für zu hoch "hält", mit der galoppierenden Inflation also eine persönliche Meinung verknüpft, legt er nahe, dass jemand anderes das durchaus auch anders sehen könnte. 

Auf den Resten der europäischen Idee

Kein Grund also, dramatisch zu werden. Hand drauf. Joachim Nagel verspricht: "Wir werden nicht ruhen, bis wir die hohe Inflation überwunden haben." Und das ist nicht alles. Im Reich der Zentralbanker, denen die einstige Unabhängigkeit von den Wünschen der Regierungen wirksam und endgültig genommen wurde, als Angela Merkel und Nikolas Sarkozy in jenem Katastrophenjahr 2010 nach "Stunden hektischer Krisendiplomatie" vor die Kameras traten und die Rettung all dessen verkündeten, was nach dem "Endspiel um Europa" (Handelsblatt) von den Resten der europäischen Idee übriggeblieben war, liegt immer jedes Wort auf der Geldwaage. Jedes Komma ist im Kreis der Bedeutungshüter abgewogen worden. Jede Begrifflichkeit wird von Propagandapoeten der Berliner BWHF handgeschnitzt.

Hält Bundesbank-Präsident Joachim Nagel die Inflation "weiterhin für zu hoch", dann hält er sie nicht für zu hoch, sondern dann will er den Betroffenen da draußen, den Menschen ohne Beamtenstatus, Inflationsprämie und Gehaltserhöhung, signalisieren, dass auch er betroffen ist. Aber Tröstung mitgebracht hat: "Wir haben den Höhepunkt der Inflation wohl überwunden", legte sich Nagel jetzt fest, "am Rande der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Marrakesch in Marokko", wie die Nachrichtenagentur DPA eine Pressemitteilung der EZB zum aufgeschnappten Happen aus einem Foyergespräch umdeutete.

Fingerflink und demagogisch

Die eigentliche Nachricht folgt im Satz nach der Mitteilung, dass noch ein bisschen "umstritten" sei, wie "schnell die Inflationsrate sinken werde", weil offenbar noch immer niemand in die Zukunft schauen kann, nicht einmal bei der EZB. Dessenungeachtet aber sie die Europäische Zentralbank (EZB) "fest entschlossen, die Inflation im Euroraum wieder auf den Zielwert von Zwei Prozent zurückzuführen", sagte Nagel, der sich mit diesem Satz als ein Meister der Manipulation der öffentlichen Meinung zeigt, so fingerflink und demagogisch, dass selbst das in diesem Bereich führende ZDF in Kürze Wochenendseminare ankündigen wird, um seiner Meisterwerkstatt für stille Manipulation (MfsM) diesbezüglich nachzuschulen.

Denn Nagels Aufführung ist nahezu perfekt. Ein muskulöser, aber keineswegs glamouröser Auftritt, frei von jedem Wahrheitsgehalt, aber souverän absolviert. Der Bürger draußen, die Wählerin und die Millionen Inflationsopfer, sie haben nicht die geringste Chance, überhaupt zu bemerken, wie der Bundesbank-Präsident mit Fakten und Tatsachen, mit dem EZB-Inflationsziel und den durchaus bekannten Daten aus der desaströsen gemeinsamen Geldgeschichte der Euro-Staaten spielt: Seit 2001 gibt es die Gemeinschaftswährung, seitdem gilt auch das trotz aller kollektive Inflationsziel von zwei Prozent. Zwar wurde es zuletzt von "unter zwei Prozent"  zuerst auf das schwammigere "unter, aber nahe 2 Prozent" und später auf "zwei Prozent, aber mit akzeptierten Abweichungen nach oben und unten" geändert. Doch erreicht wurde es noch nie.

Noch nie und nun doch wieder

In keinem einzigen Jahr schafften es die Geldhüter, die Teuerung so planmäßig zu gestalten wie ihr sogenanntes "Mandat" es verlangt. Immer lag die jährliche Geldentwertung höher oder tiefer, gelegentlich knapp, meist und zuletzt immer öfter aber deutlich und sehr, sehr deutlich. Dass das Zwei.Prozent-Ziel um etwa 1,8 Prozent verpasst wird, war in den Niedrigzinsjahren die Regel. Zuletzt geriet es dann mit sieben und sechs Prozent Abweichung völlig aus dem Blick.

In einem solchen peinlichen Augenblick, wenn sich zeigt, dass der "Rat der EZB" etwa so viel Kraft ans Euro-Geldruder bringt wie der Elternbeirat der 3b im schwäbischen Schwallbach, braucht es Männer wie Joachim Nagel, die nicht einfach Trost bringen und "versichern, wir werden nicht ruhen, bis wir die hohe Inflation überwunden haben". Sondern das Ende der Teuerung in der Eurozone und eine "Rückkehr" zum  Zwei-Prozent-Ziel mit dem Wort "wieder" ankündigen: "Wenngleich noch Unsicherheit darüber besteht, wann wir wieder das Ziel von zwei Prozent erreichen, haben die bisherigen zehn Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank ihre Wirkung gezeigt", ist ein Satz der Unmöglichkeit, weil er ein "wieder" verspricht, das es nie gegeben hat.

Doch Joachim Nagel weiß, dass die Botschaft viel zu schön ist, um von  den angeschlossenen Sendestationen infragegestellt zu werden. Sein "wieder" macht die Runde. Fake News, die unaufhaltsam sind und zuverlässig das Bild der Welt der kleinen Leute zu prägen versprechen. Wären wir doch endlich wieder bei einer Inflationsrate von zwei Prozent, sagen sie da draußen.




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