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Faktencheck: Locken offene Grenzen wirklich Flüchtlinge an?

Tags: noch grenzen sind
An der polnischen Grenze setzt die EU schon länger auf Zäune und Mauern, um Menschen in Not am Betreten des Schengen-Raumes zu hindern.

Deutschland streitet über den Umgang mit Migranten. Sind es zu viele, reichen die Fachkräfte hinten und vor nicht? Wen soll man reinlassen - oder besser nicht, wie Bundeskanzler Olaf Scholz vorgeschlagen hat? Was aber geschieht dann mit den vielen freien Zahnarztterminen? Wer babiert in den Innenstädten, wer sorgt für Betrieb in den Wettstuben?  PPQ hat den Wahrheitsgehalt von zehn beliebten Behauptungen zur Zustromkrise geprüft – von Abschiedsschmerz über Ärztestreik bis Zentrallager und  Zahnersatz. Das sollte jetzt jeder wissen. 

1. Eine Schließung der Grenzen ist nötig 

Das lässt sich so pauschal nicht sagen. Allein um die demografische Katastrophe zu verhindern und ausreichend Pflegekräfte bereitzustellen, braucht Deutschland in den kommenden Jahrzehnten Jahr für Jahr 400.000 Ankommende. Um Integration schnell und umfassend zu ermöglichen, werden zusätzlich alljährlich 30.000 bis 40.000 mehrsprachige Integrationshelfer gebraucht. Eine Schließung der Grenzen stünde im Widerspruch zu den Festlegungen im Schengen-Raum und würde dringend benötigte Zuwandernde abschrecken.

2. Wenn wir die Grenzen für alle öffnen würden, würde das viele Bürokratie sparen

Wie jede Bundesregierung hat sich auch die Ampel den umfassenden Bürokratieabbau auf die Fahne geschrieben. Ein Abbau von stationären und dynamischen Grenzkontrollen könnte hier wirklich einen Schub entwickeln - allein schon, weil die Bundespolizei heute bereits mehr als 50.000 Mitarbeitende bindet, die in anderen gesellschaftlichen Bereichen - etwa beim Windradaufbau - nutzbringender einsetzbar wären. Da die deutschen Grenzen  ohnehin rein symbolischer Natur sind, bewacht, kontrolliert oder gar verteidigt werden sie nicht, spricht viel für eine offizielle Aufhebung.

3. Aber wenn wir alle Grenzen öffnen, kommen dann nicht noch mehr Flüchtlinge?

Von "Flüchtlingen"  wird aus einer ganzen Reihe von triftigen Gründen bereits seit mehreren Jahren nicht mehr gesprochen. Die Endung -ling gilt einerseits als abwertend, andererseits gilt Migration auch ohne offiziell anerkannte Fluchtgründe als legitimer Wanderungsanlass. Da die deutschen Grenzen prinzipiell offen sind, würde eine Öffnung an der Situation nicht ändern. Weder kämen mehr, Noch kämen weniger Ankommende.

4. Wie sieht es mit einer Grenzschließung aus? Locken offene Grenzen nicht Flüchtlinge an?

Keineswegs. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Obwohl die Grenzen zwischen Polen und Tschechien offen sind, ebenso die zwischen Frankreich und Spanien, gibt es zwischen all diesen Staaten kaum größere Flüchtlingsströme. Nur die deutschen Grenzen zu schließen, gilt als praktisch nicht machbar, da sie sich über nahezu 3.900 Kilometer Länge erstrecken, aber weder mit Zäunen noch mit bewaffneten Streifen und Posten abzuriegeln sind. Deshalb wird immer wieder der Plan einer europäischen Lösung ins Spiel gebracht. Da die EU-Außengrenze allein im als besonders sensibel geltenden Osten knapp 9.000 Kilometer lang ist, dazu kommen noch einmal etwa 7.000 Seegrenze im Mittelmeer und 35.000 Kilometer Außengrenze in den übrigen Seegebieten, gilt eine Sicherung hier als noch unmöglicher. Verwiesen wird dabei oft auf das Beispiel der Riesennationen Russland, China, USA und Kanada, die zum Teil noch längere Grenzen haben.

5. Wenn man ohnehin nichts tun kann, warum wird dann so viel darüber geredet?

Deutschen fällt es wegen ihrer Geschichte schwerer als anderen Nationen, Dinge einfach mal hinzunehmen. Wie beim Klimawandel, dem notwendigen Rückbau der Wirtschaft und dem Niedergang als Fußballmacht wird viel gehadert und gestritten, es gibt Vorschläge, Flüchtlinge abzuschrecken oder bereits in Deutschland ansässige Ankommende abzuschieben oder sie durch die Kürzung von Hilfsleistungen in Arbeit zu zwingen. In einem freiheitlichen Rechtsstaat ist allerdings weder das eine noch das andere oder überhaupt etwas einfach so zulässig.

6. Wir brauchen aber Arbeitskräfte und keine Flüchtlinge!

Von "Flüchtlingen" wird wie gesagt aus einer ganzen Reihe von triftigen Gründen bereits seit mehreren Jahren nicht mehr gesprochen. Auch Arbeitskräfte werden in Deutschland in dieser pauschalen Beschreibung nicht benötigt. Zwar gilt die große Erwerbslosenkrise von Anfang des Jahrtausends als bewältigt, doch auch im Monat September 2023 waren deutschlandweit noch rund 2,63 Millionen Arbeitslose registriert, die für eine Vielzahl von Arbeiten einsetzbar wären. Da derzeit bundesweit nur 1,75 Millionen offene Stellen gemeldet sind, bliebe auch nach einer Besetzung aller freien Arbeitsplätze noch ein Personalüberhang, den ein weiterer Zustrom nicht beheben helfen würde.

7. Die umfangreichen Sozialleistungen in Deutschland locken Zuwanderer an.

Eine Schutzbehauptung von Populisten. Die USA beweisen das Gegenteil: Auch unter dem sozial gesinnten Präsidenten Joe Biden bietet die Führungsnation der westlichen Wertegemeinschaft Ankommenden keinerlei sozialen Schutz, keine Hilfszahlungen, keine Integrationshelfer oder regelmäßige Sachleistungen.  Dennoch kamen allein im vergangenen Monat 260.000 Menschen über die mexikanische Grenze nach Norden - doppelt so viele wie im gleichen Zeitraum über das Mittelmeer in die EU strömten und weit mehr als Deutschland bisher im gesamten Jahr aufnahm.

8. Aber unsere Schulen sind durch die vielen Flüchtlingskinder überlastet, auf dem Wohnungsmarkt wächst der Mangel und die Mieten steigen.

Eine durchsichtige Ausrede. Die Schulen wurden wie die Deutsche Bahn, Brücken, Straßen, Bundeswehr, die Digitalisierung, die öffentliche Verwaltung, der Bausektor, die Wirtschaftsförderung, der Klima- und Naturschutz, die kritische Infrastruktur und die Nachwuchsgewinnung im Sport in den vergangenen Jahrzehnten durch sämtliche Bundes- und Landesregierungen vernachlässigt. Deutschland  rutschte sowohl in den Ranglisten der besten Wirtschaftsstandorte als auch bei den Bildungserfolgen ab, zudem überholten selbst krisengeplagte EU-Partnerstaaten die langjährige Wirtschaftswundernation bei privaten Vermögen, Wohneigentum und Wohlstandniveau. High-Tech-Firmen wanderten schon vor Jahren ab, selbst die größten deutschen Firmen sind heute nur noch Zwerge, verglichen mit den Konzernen anderer Staaten. Gern nutzen Politiker, die an diesen Verhängnis mitgearbeitet haben, das Leid der Flüchtende, um von den von ihnen selbst vorgenommenen Weichenstellungen abzulenken.

9. Die organisierte Schlepperei hilft Putin, Flüchtlingsströme zu organisieren, die dazu dienen, die EU zu destabilisieren.

Putins geheime Flüchtlingsfabrik  ist westlichen Diensten in der Tat schon lange bekannt. Wegen der von Osten hereingedrückten Ankommenden, die in Berlin, Brüssel und Straßburg als Teil der hybriden Kriegsführung des Kreml betrachtet werden, hatte die EU sich vorgenommen, ihre Außengrenze erheblich besser zu sichern. Da die EU-Außengrenze im Osten immer noch knapp 9.000 Kilometer lang ist,gilt das jedoch als unmöglich. Selbst Länder wie China und Russland können ihre Grenzen nicht effektiv kontrollieren,  sie müssen das allerdings auch nicht tun, weil niemand - abgesehen von Edward Snowden - in diese Länder fliehen will. Kein Vorbild für den freien Westen, in keinerlei Hinsicht: Der Verräter Snowden wurde hier als Asylbewerber abgewiesen, für alle anderen, die es auf europäische Scholle schaffen, sind die Arme aufgrund des Fachkräftemangels und der Wohnungsnot aber offen.

10. Wie wäre es, würde Europa nach außen strenger kommunizieren und der Welt mit abschreckenden Bildern aus Zentrallagern an den Außengrenzen zeigen, dass niemand mehr willkommen ist?

Mit dem Satz, "wenn wir jetzt anfangen, uns noch entschuldigen zu müssen dafür, dass wir in Notsituationen ein freundliches Gesicht zeigen, dann ist das nicht mein Land", hat die frühere Bundeskanzlerin letztendlich festgelegt, wie sich Deutschland und wie sich ganz Europa in den kommenden Jahrzehnten mit einer absehbar immer weiter zunehmenden Zahl von Notsituationen zu verhalten hat. Es ist einerseits nicht möglich, die überlangen EU-Grenzen abzuriegeln. Andererseits  existiert keine Alternative zu einem freundlichen Gesicht, das weltweit deutlich macht, wie weit entwickelt die Willkommenskultur in der EU und letztlich vor allem in Deutschland ist, bestehen weder Grund noch Anlass, mit verbalen Tricks oder angedrohten Erschwernissen für Ankommende den Eindruck zu erwecken, Flüchtende würde nicht mehr aufgenommen. Die Erwartung, dass sich der Flüchtlingszustrom eines Tages durch irgendeine Maßnahme oder ein ganzes Bündel davon reduzieren lasse, ist eine Illusion.



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