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Jähe Wendungen: Stolpersturm auf die Staatskanzlei

„Gehen sie nicht weiter auf dem Irrweg, Wahlkampf auf dem Rücken von Menschen zu machen, die vor Krieg und Terror bedroht sind", hieß es bis eben Noch in Faesers Wahlkampagne. Inzwischen aber ist Härte befohlen.

Am Startblock noch war das rennen offen. Dort der unbekannte Ministerpräsident, auf dem Wege der Thronfolge ins Amt expediert. Hier die energische Innenministerin, die mit Todesdrohungen berühmt geworden war und der größten Gefahr für die junge Demokratie bis heute all ihr Augenmerk zu widmen bereit ist. Zwar ließ sich Nancy Faeser, die neu, aber keine heurige Häsin auf der großen Politikbühne ist, ein sperrangelweites Hintertor offen, das es ihr erlauben würde, nach dem Scheitern des sozialdemokratischen Sturms auf die Staatskanzlei in Wiesbaden einfach in Berlin zu bleiben. Aber wie sagt man dort, wo der Kanzler regiert, der seinen letzten Trumpf namens Richtlinienkompetenz in einer halben Legislaturperiode schon doppelt so oft gezogen hat wie alle Kanzler vor ihm in 72 Jahren: Jer Bundesminister hat einen Chef. Jeder Ministerpräsident ist einer.

Die hessische Löwin

Faeser gab alles und noch viel mehr. Wie eine Löwin kämpfte sie für offene Grenzen und gegen Kontrollen, wie sie der EU schon seit acht Jahren ein Dorn im Auge sind.  Dann erklärte sie Grenzschutz für unmöglich und hilfreich ohnehin nicht. Sie flog stattdessen nach Tunesien, um den dortigen Putschpotentaten Kais Saied um die gelegentliche Rücknahme von Landeskindern zu bitten. Sie witterte "Wechselstimmung" und führte sich selbst und ihr bei der Geburt zugewiesenes Geschlecht  als einziges Argument an: "Zeit für eine Ministerpräsidentin" klingt nicht nach Inhalt, gewinnt aber durch die knapp nachgestellte Merkel-Pose zumindest nicht an Überzeugungskraft.

Es gelang ihr nichts. Und auch das ging noch schief. Es lief von Anfang an nicht gut, aber es lief trotzdem immer schlechter. Nancy Faeser stapfte durch einen Sumpf an Skandalen Richtung Wahltag, der so tief war, dass selbst die solidarische Unterstützung der sympathisierenden großen und kleinen Medienhäuser kaum mehr einen Unterschied machte. Waren vor zwei Jahren immerhin noch 26 Prozent der Wähler in Hessen bereit, es nach mehr als zwei Jahrzehnten mit CDU-geführten Landesregierungen nun vielleicht mal mit einer SPD-Regierung zu versuchen und "den Reformstau endlich aufzulösen", hat Nancy Faeser den Saal mittlerweile so gut wie leergespielt. 

Für die Spaltung Des Demokratischen Lagers

Bei 16 Prozent könnte die 53-Jährige landen, wenn ihr die unseligen Umstände nicht selbst das noch verderben: Zuletzt scheiterte der verzweifelte Versuch der SPD-Landesvorsitzenden, mit panischen Schmuddel-Video eine endgültige Spaltung Des Demokratischen Lagers herbeizuführen und alle rechts von der SPD in Nazi-Quarantäne zu stecken. Faeser selbst allerdings hatte keinerlei Aktie an diesem Manöver, das die Wahl der Sozialdemokratin zum Bau einer Brandmauer erklärte. Ihr Bruder habe das diffamierende Wahlvideo erstellt und hochgeladen, sie selbst habe es nur noch ganz entschieden stoppen und löschen  lassen können.

Ob ihr das weitere Sympathiepunkte eingebracht hat, ist so wenig sicher wie die Zahl der Stimmen, die ihre jähe Wendung im Bereich von Abschottung und Abschiebung wird mobilisieren können. Monatelang hatte die Innenminiserin bei der Frage, ob Grenzkontrollen nötig, möglich und vor den Völkern der Welt verantwortbar wären, "keinen Zentimeter" (Welt)  nachgegeben. Es sei auch "ohne stationäre Grenzkontrollen geschafft" worden, "die sehr hohen Migrationszahlen zu senken", bekräftigte sie ihr Festhalten an einer Strategie, die darauf angelegt sei, "die engen Beziehungen zwischen Deutschland und Polen im alltäglichen Leben nicht durch solche Kontrollen massiv zu stören".

Genau diese Störung aber hat Faeser nun angekündigt, nachdem weder das Verbot der "Hammerskins" noch das einer bizarren Bauernsekte und auch nicht erneute Schützenhilfe aus dem Zweiten den Trend zu immer weniger Umfragestimmen zu drehen vermochte. Nun wird die Partei unruhig, selbst die rechtlich fragwürdige Schützenhilfe der Bundestagsfraktion, zuletzt vom Rechnungshof als unzulässige PR verurteilt, erinnert nur noch an eine halbherzige Pflichtübung. Wird Nancy Faeser nun doch nicht - wie einst der große Martin Schulz - die nationale Karte ziehen? Wird sie die Brandmauer auf eigene Faust von Erfurt nach Görlitz verlegen? Oder wartet sie, bis der Kanzler spricht, selbst wenn es ihr Ende ist?



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