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Trümmer einer Traumfrau: Der zweite Kanzlersturz

Nach nur Zwei Jahren auf dem hohen Ross stürzte Angela Merkel nun auch noch vom Pferd.

Es war ein Kunstwerk mit Symbolkraft, in vielerlei Hinsicht. Als der Bildhauer Wilhelm Koch vor zwei Jahren sein Angela Merkel gewidmetes erstes neues monumentales Reiterstandbild vorstellte, schien nicht nur der kleine Ort Etsdorf gut gewählt, sondern auch das gesamte Drumherum. Das Denkmal neues Typs kam aus dem 3D-Drucker, es bestand aus besonders klimaverträglichem Leichtbeton und es erhob im Gegensatz zu früheren Plastiken von Generalen, Prinzen, Königen und Eroberern von Anfang an keinen Anspruch auf längere Haltbarkeit.   

Die Abbruchunternehmerin

Hohl bis tief in die Mitte. Foto: Wilhelm Koch
Knapp drei Meter hoch, zeigte es die Dialektik um Merkel: Einerseits eine Karikatur traditioneller Reiterstandbilder, wie sie in der männlichkeitsdominierten Gesellschaft eines früheren Deutschland üblich waren. Andererseits ein deutlich weibliches Abbild der sprichwörtlichen  "Reiter der Apokalypse", die nach dem 6. Kapitel der Offenbarung des Johannes als Boten des nahenden Jüngsten Gerichts gelten.  Selbst die goldene Glasur, die auf Merkels führende Rolle im besten Deutschland aller Zeiten anspielte, schien zweifach erklärbar. Blass wirkte sie, verblichen und schon am ersten Tag etwas schäbig.

Lange hat das Monument der endlosen Merkel-Ära dann auch nicht gehalten. Schon nach nicht einmal zwei Jahren brach das einzige Reiterstandbild eines führenden Aufbaupolitikers, das sich die Bundesrepublik bis heute geleistet hat, in aller Stille zusammen. Es sei "zerborsten", meldet die "Süddeutsche Zeitung", und deutet auch in diese letzte Nachricht vom Koch-Kunstwerk "Symbolkraft": Die Skulptur liege in Trümmern und das wirke "als wäre es ein Kommentar Zur gefühlten Lage der Nation" - das Münchner Blatt spielt damit offenbar auf frühe Zweifel des ehemaligen Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" an, das Merkel bereits 2010 als "Trümmerfrau" delegitimiert hatte.

Im Inneren hohl und leer

Merkel ist in der Tat in Hüfthöhe zerbrochen, die Rautenhände sind weggesplittert, die Kanzlerin liegt mit dem Gesicht im Gras. Hinter ihr zeigt sich, wie hohl das alles war, hohl und leer. All der Jubel, der ihr durch ihre unzähligen Amtszeiten folge, all der Applaus, die Liebedienereien, die Bücklinge der "Kulturschaffenden". Schon vor ihrem Sturz hielt Merkel die Zügel nicht in der Hand, sie lenkte ihr Pferd allein mit ihrer Vorstellungskraft irgendwohin, bewegungslos wie das historische Vorbild, das Schauspielerin und Namensgeberin der Pariser Klimaverträge Paris Hilton in Goldborte zeigt. Kam Nachfolger Olaf Scholz bei seinem Sturz noch mit einem blauen Auge davon, ist hier nichts mehr zu retten. Das Monument habe "dem inneren Druck und der Last aber nicht mehr standgehalten", glaubt der Bildhauer.

Gekleidet in ihrem typischen Pokemonanzug trotzte Merkel zu Amtszeiten allen Bedrohungen ihrer Macht wie ein erfahrener Boxer. Nie schlug sie zurück, immer nahm sie Schlägen durch Mitgehen die Wirkung, sie duckte sich weg und wich aus, bis ihre Feinde eines Tages überrascht bemerkten, dass Merkel jetzt ihre Hose trug und mit ihren Handschuhen schlug. Vor diesem Hintergrund betrachtet war das kleine, genießerische Lächeln, das der Künstler Merkel ins Gesicht gedrückt hat, mehr Kommentar zur Zeitgeschichte als der Verzicht auf einen Sockel, wie ihn Reiterstandbilder von alters her eigentlich haben müssen. Den ließ der Schöpfer wegen des laufenden deutschen Denkmal-Ausstieges weg. Schmunzelnd behauptete er, Merkel mache geerdete Politik, einer künstliche Erhöhung bedürfe ein Standbild der Rekordkanzlerin nicht.

Wer reitet nicht mehr

So ritt sie dann fast zwei Jahre lang bewegungslos durch Nacht und Wind, unbeachteter noch als das umkämpfte Grab Helmut Kohls, aber "mit Blick nach Osten" wie eine Nachrichtenagentur mittels moderner Kompasstechnik ermittelt hatte. Merkel verzichtete auf Sattel und Zaumzeug, ihr American Quarter Horse symbolisierte die enge Westbindung bei weitgehender Vermeidung eigener Rüstungsanstrengungen, ihre Blickrichtung zeigt, dass sie genau weiß, woher das Unheil kommt, das Deutschland und die EU, Europa und die Welt bedrohte: Aus den "Steppen des Ostens".

Am richtigen Platz aufgestellt, hätte das Werk Touristen aus aller Welt anlocken können, eine Pilgerstätte ganz neuen Typus, bescheiden einerseits, verdruckst auf der anderen, aber doch unübersehbar. Doch Deutschland fehlte einmal mehr der Mut, sich auch zu den dunklen Kapiteln seiner Geschichte zu bekennen und wertfreiem Erinnern durch eine goldene Reiterin die Türen zu öffnen.



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