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Wie die Sanktionen wirken: Kommt unser Öl gar nicht aus dem Rheinland?

Ungarn darf mit Sondergenehmigung der EU weiterhin russisches Öl importieren. Damit setzt die EU ein Zeichen gegen Putin - doch bald muss auch Ungarn wohl auf Einfuhren aus Indien umsteigen.

Dass die Sanktionen wirken, das war von Anfang an klar. Sie waren schließlich in Brüssel, Berlin, Paris und Washington auf "maximale Wirkung" optimiert worden, scharfe Klingen mit so spitzen Spitzen, dass Flann O'Briens legendäre Atommesser dagegen wie ungeschlachte Panzerkreuzer wirken. Nur einer Gemeinschaft wie der des Westens konnte es zudem gelinge, diese härtesten Wirtschafts-und Handelsbeschränkungen der Welt und der Menschheitsgeschichte noch zehnmal nachzuschärfen: Aus O'Brien Messer, dessen Spitze aus einem einzeln Atom bestand, schnitzte die EU unter Führung von Ursula Von Der Leyen einen ganzen Messerblock, scheidend scharf dank spezieller Spitzen aus reinen Protonen und Neutronen.

Harte Bandagen gegen Putin

Der Westen bezog demonstrativ kein russisches Gas mehr aus den - ohnehin in die Luft gesprengten - Ostseepipelines. Er verweigerte Putins Öltankern das Anlegen. Er machte zwar Ausnahmen bei Düngemitteln, bei Ungarn, Österreich und in einer unendlichen Reihe von anderen Fällen. Doch Ursula Von Der Leyen war sich bereits zwei Monte nach Kriegsausbruch sicher, dass der Zusammenbruch Russlands nur noch "eine Frage der Zeit" sei. Ohne Halbleiterchips und Nutella, gute Ratschläge aus Berlin und VW-Limousinen, wie sollte Putins Reich da auch dauerhaft funktionieren? 

Nein. Wie die Kubaner würden auch die Russen binnen Stunden  die Waffen strecken und um eine Aufhebung des EU-Embargos bitten. Um diese akute Erwartung zu bekräftigen, beschloss die verbündete Welt im Herbst vor einem Jahr schließlich auch noch einen  Preisdeckel für russisches Öl, der gleich doppelt half. Einerseits würde er die "Inflation bremsen" (Spiegel), andererseits "Putins Einnahmen einbrechen lassen" (Kurier), so dass Russlands Pleite weiterhin nur noch eine Frage von Wochen sein würde. 

Erfolgsmodell Preisdeckel

"Die Preisobergrenze wird die Einnahmen, die Russland mit dem Ölgeschäft macht, drastisch reduzieren", erklärte Ursula von der Leyen, binnen weniger Wochen umgeschult von der Gesundheits- und Klimapolitikerin zur führendsten Generalstabsvertreterin der EU-Mitgliedstaaten. Dass die großen asiatischen Ölimportnationen nicht mitmachen werden, nicht China, aber auch nicht Indien, war bekannt. Aber wer sind schon China und Indien? Inzwischen offenbar große Ölexportnationen, denn was Indien an Öl in Russland mehr kauft als vor dem Krieg, wird nicht im Lande selbst verbraucht, sondern gewinnbringend nach Europa exportiert.

Ein Schock für alle Beteiligten, vor allem für die, die nicht wie mehrere osteuropäische EU-Mitgliedsstaaten weiterhin stillschweigend Öl und Gas aus Russland beziehen und bisher davon ausgegangen waren, dass Deutschlands Öl aus dem Rheinland kommt, von der Mosel und aus dem Thüringer Becken. Doch zugleich auch eine gute Nachricht, denn über die sogenannte indische Brücke lässt sich der durch das Russland-Embargo entstandene Mangel an Mineralölerzeugnissen elegant und ohne Gewissensbisse ausgleichen: Deutschland bezieht inzwischen zwölfmal mehr Öl und Ölprodukte aus Indien als im Vorjahr. Indien wiederum exportiert nun erstmals in großem Maßstab Öl, obwohl es selbst kaum Öl fördert. 

Kaufen und verkaufen

Die Inder geben freimütig zu, wie sie das machen. Man ha­be "eine Menge Rohöl gekauft, raffiniert und verkauft" gestand ein Staatssekretär im Handelsministerium bereits im Februar, als Brüssel und Berlin noch jeden Tag auf den Zusammenbruch der russischen Ölexportwirtschaft warteten.

Indiens Einnahmen aus dem Export von Diesel und Heizöl, hergestellt aus russischem Öl, stiegen um 55 Prozent, vor allem dank des Preisdeckels: Indien kauft billig in Russland ein. Und verkauft das verarbeitete Russenöl anschließend zu Weltmarktpreisen nach Deutschland. In den ersten sieben Monaten dieses Jahres wurde indisches Öl im Wert von 451 Millionen Euro nach Deutschland importiert. Zwölfmal mehr als im Jahr zuvor, aber im Unterschied zu Deutschlands Importen von russischem Flüssiggas alles mit reinem Gewissen gekauft.

Ehe das russische Öl hierzulande verbraucht werden kann, wird es auf einer beinahe 10.000 Kilometer lange Seereise moralisch gereinigt, es verliert seinen Blutgeruch nahezu vollständig und kann nach einer letzten Weiterverarbeitungsstufe - der Vermischung mit kasachischem Öl - bedenkenlos auch in Regierungsfahrzeugen klimaschädlich, aber friedenserhaltend verbrannt werden.




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