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Klimaheizen: Geheimwaffe Kanonenofen

Holz könnte Deutschland nachhaltig beheizen, wenn sich die Mieteröfen mit dem Fensterschornstein erst durchgesetzt haben.

Noch einmal Sommer, noch eine letzte Atempause vor dem nächsten Klimawinter. Viele Hausbesitzer*nnen gehen in diesen Wochen und Monaten daran, ihre alten Heizungen zu ersetzen. Die Vorschriften sind hart, die Preise aber steigen und wer früher baut ist schneller fertig. Wärmepumpen sind auch deshalb so beliebt, weil sie als Königsweg zum Energieausstieg gelten. Wer sich gegen sie entscheidet, ist gezwungen, 65 Prozent seiner Heizenergie aus anderen erneuerbaren Quellen zuzuheizen. Dafür eignen sich längst noch nicht für alle Häuser. Doch welche Alternativen gibt es und wie teuer werden sie? Was, wenn sich gar nichts rentiert? Wie weiter, wenn eines Tages das Geld fehlt, das eigene Häuschen weiter zu bewohnen?

Gedankenspiele zum Klimawandel

Die Suhler Ökoberatungsagentur Schuster&Müller hat jetzt Ergebnisse eigener Gedankenspiele zum Klimawandel präsentierte, die ein neues Licht auf den kommende n Energieausstieg werfen. Dabei gehen die Experten von einem Temperaturanstieg von zwei bis drei Grad bis zum Jahr 2050 aus, wenn die EU als erster Kontinent weltweit klimaneutral zurückgebaut sein wird. Dieser Annahme zufolge dürfen die Deutschen mit kräftig fallenden Heizkosten rechnen: Mit jedem Grad weniger sinken laut der Beratungsgesellschaft CO2-Online die Heizkosten im Schnitt um rund satte sechs Prozent. Drei Grad Erderwärmung in Europa bringen als fast 20 Prozent Energieeinsparung.

Um den Rest des Bedarfs zu decken, schlagen die Ökoforscher Betroffenen eine ganze Reihe von Maßnahmen vor, die durchaus im Einklang mit geltenden Gesetzen und den EU-Regeln stehen, die im Zuge des Green Deal eines Tages noch eingeführt werden könnten. Private Immobilien auf sogenannte "Erneuerbare" (Ricarda Lang) umzustellen, sei in erster Linie ein Zeichen nach außen: "Das Ziel ist, dem Zeitgeist gerecht zu werden und der Nachbarschaft wie der Welt da draußen zu signalisieren, dass unsere Welt so nicht weiterleben kann." Dazu brauche es aber nicht unbedingt eine modische Wärmepumpe. Neben Solarzellen für das Dach, den Balkon und die Fassade, die derzeit günstig aus China importiert werden können, lasse sich viel mit kleinen, improvisierten Maßnahmen erreichen.

Geheimwaffe Kanonenofen

Im Blick haben die Forscher dabei vor allem handliche improvisierte Kanonenöfen, wie sie schon in der Kaltzeit nach dem Zweiten Weltkrieg rasch und unkompliziert in vielen Wohnungen eingebaut worden waren. Selbst Mietwohnungen könnten so schnell und sicher fit gemacht werden für die neuen Vorgabe zu einem 65-Prozent-Anteil an Erneuerbaren, haben die Forschenden berechnet. Beeindruckend sind vor allem die Einsparpotenziale, die sich Häuslebauern, aber auch Mietenden nach Überzeugung der Berechnenden ergeben: Statt einer neuen Wärmepumpe, die in den meisten Fällen mit Dämmung und Heizungsneubau ergänzt werden muss, so dass Kosten im mittleren bis in den hohen fünfstelligen Bereich fällig werden, lasse sich ein handelsüblicher gusseiserner Ofen schon für rund 1.000 Euro anschaffen. 

Den Einbau könne jeder durchschnittlich begabte Heimwerker selbst erledigen. "Benötigt werden ein Glasschneider, ein Stück Ofenrohr, ein Ofenknie und eine kleine, aber etwas dickere Metallplatte", heißt es in der Ausarbeitung "How we avoid the energy crisis with wood stoves in every rental apartment", die jetzt im angesehenen dänischen Magazin "House & Yard" erschienen ist. Im Selbstversuch haben die Wissenschaftler eine Schritt-für-Schritt-Anleitung zum Einbau erstellt: Die alte Heizung, egal ob Gas oder Öl, könne bleiben. Sie werde kombiniert einfach mit einer beliebigen Anzahl an Kanonenöfen, aufgebaut möglichst in Fensternähe. das sei notwendig, um das Ofenrohr nicht über Gebühr weit durch den Raum ziehen zu müssen. 

Sparen durch ein Fensterloch

Mieterinnen und Mieter, die sich für einen Kanonenofen entscheiden, schneiden mit dem Glasschneider ein Loch im Durchmesser des Ofenrohres ins Fensterglas, "möglichst im oberen Drittel der Scheibe", empfehlen die Wissenschaftler. Das Rohr wird hindurchgeführt, auf der anderen Seite mit dem Ofen verbunden. Fertig. Da das Verbrennen von Holz in Deutschland als tugendhafte und klimaneutrale Sitte gilt, kann auf eine Wärmepumpe verzichtet werden, lange Wartezeiten, Lieferschwierigkeiten und hohe Kosten werden vermieden, geheizt wird zudem klimasparend wirklich immer nur dort, wo sich gerade Menschen aufhalten. Da Kanonenofen wie auch die etwas moderneren sogenannte Raketenöfen überwiegend aus Gusseisen bestehen, gebe es auch kein Entsorgungsproblem wie bei Windrädern und Solaranlagen.

Die Forschenden beschreiben damit einen Trend, dem immer mehr Eigenheimbesitzer, vor allem aber auch Mietwohnende unter dem Druck eines freiwillig erzwungenen Umstieges auf Erneuerbare Energien folgen. Wie der Gardelegener Reisebusunternehmer Silvio Schmeichel bestätigt, erfreuen sich seit Wochen bereits Studienreisen nach Rumänien, Bulgarien und Albanien großer Nachfrage, bei denen Interessenten vor Ort anschauen können, wie ganze Hochhaussiedlungen mit Einzelöfen und Balkonschornsteinen klimagerecht umgerüstet werden. Laut Schuster&Müller sollen dieses Jahr etwa 750.000 Kanonenöfen installiert werden, 234 Prozent mehr als im Vorjahr. 

Nachfrage wird steigen

Lieferschwierigkeiten gibt es bislang noch nicht, die chinesische Kanonenofenindustrie produziert mit Blick auf den Winter auf Hochtouren. Je mehr sich diese einfache Sparmethode herumspreche, desto höher werde die Nachfrage aber werden, mutmaßen die Experten. Der Investitionsvergleich spreche deutlich für den sogenannten Mieterofen: Eine neue Gastherme kostet etwa 10.000 Euro, zuzüglich etwa 1500 Euro pro Jahr für Gas. Eine neue Wärmepumpe komme auf 30.000 bis 70.000, je nach Ausmaß der erforderlichen Arbeiten an Heizungen und Fassade plus 1.500 bis 2.000 Euro für Strom. Das entspräche bei 20 Jahren Nutzung 200 bis 400 Euro pro Monat.

Im Vergleich dazu koste ein Kanonenofen beinahe nichts, selbst das Brennmaterial lasse sich später kostenlos im Wald, in Abbruchhäusern oder in städtischen Parks sammeln. Nicht nur für ältere und nicht mehr klimafeste Häuser in Deutschland sei der Mieterofen die einzige für den Durchschnittsmieter finanzierbare Möglichkeit, den neuen Anforderungen an nachhaltiges Wohnen zu genügen. "Derzeit liegt Deutschland noch auf einem der letzten Plätze in Europa", heißt es in der Studie aus Suhl, "aber der dezentrale Kanonenofen kann das schnell ändern und damit der wachsenden Akzeptanz für Klimaschutz auch hierzulande einen Schub geben." 

Blinder Fleck bei der Bundesregierung

Die Bundesregierung müsse dazu aber den blinden Fleck beseitigen, als den sie die kleinen, kompakten Holzheizungen für jedermann derzeit noch behandle. "Fördermittelprogramm, damit auch die Ärmsten der Armen sich einen Kanonenofen anschaffen können, würden bei den Menschen gut ankommen, sie bräuchten aber Tempo, weil der Winter bald wieder vor der Tür stehe. "Gibt es Geld, würden die Menschen auch mitgehen", betonen die Experten aus Thüringen.



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