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Heizkörperwende: Die gedämmte Demokratie

Zusätzliche Fenstergitter bringen kaum eine Isolationswirkung.

Der Winter, er ist Noch fern. Doch der Winter, er kommt. Trotz rascher Forstschritte beim Ausbau der Erneuerbaren, umfangreichen Planungen für die Umsetzung der Pariser Klimaziele und prall gefüllter Erdgasspeicher herrscht Furcht im Land des Angstweltmeisters. Noch muss sich niemand Sorgen machen. Noch stehen die Zweifler am konsequenten Energieausstieg und die populistischen Beschwörer des Festhaltens an Pelletheizung und Brennwertkessel schweigsam auf verlorenem Posten, wenn sie vor einem vielleicht ja auch mal kalten Winter mit Blackout, Brownout und Solidarabschaltungen warnen.

Bittere Lektion für Boomer

Doch das kluge Volk baut vor, erst recht nach der bitteren Lektion des ersten Kriegswinters, als sich herausstellte, dass Teelichtöfen wahrscheinlich direkt nach dem Ersten Weltkrieg eingemottet und vergessen wurden, weil sie zwar mollig warmes Licht verbreiten. Eine Vier-Zimmer-Wohnung, wie sie viele Alte und viele Boomer immer noch bewohnen, Aber kaum auf die Bundeseinheiztemperatur zu heizen vermögen.

In Ermangelung anderer technologieoffener Heiztechnik, die auch einen erneuten Koalitionswechsel in Berlin unbeschadet überstehen könnte, ist für viele Bürgerinnen und Bürger das Dämmen der neue Teelichtofenbau. Als sogenanntes Passivheizen erlaubt es diese Methode, schon mit einigen einfachen Eingriffen viel Energie einzusparen. So hebt eine Auspolsterung von Innenräumen mit ganz simplen Zeitungspapierbünden eine Wohnung unter Umständen oft bereits schon auf eine bessere Effizienzstufe, wie sie die europäische Gebäuderichtlinie (EPBD) ab 2030 vorschreibt. Dann soll für Häuser und Wohnungen ein energetischer Mindeststandard gelten, jeweils national festgelegt, aber EU-weit mit denselben Zahlen bezeichnet.

Einfallsreichtum beim Kleben und Nageln

Damit eine gemietete Altbauwohnung aus den 20er oder 30er Jahren die verordnete Energieeffizienzstufe einhält, braucht es entweder viel Geld, das der Hausbesitzer zumindest so lange in die Hand nehmen muss, bis seine Mieter es ihm über erhöhte Mieten zurückgezahlt haben. Oder aber das gerüttelt Maß an Einfallsreichtum, für das die Schonlängerhierlebenden allerdings seit Jahrhunderten berüchtigt sind. Noch ist die neue Richtlinie zwar nicht final abgesegnet, außerdem müsste sie anschließend noch zügig in nationales Recht übertragen werden. Doch überall im Land wird bereits gezimmert und genagelt, geklebt und ausgestopft, um die kommenden Vorgaben zu erfüllen, die in Deutschland wie immer besonders ehrgeizig ausfallen werden, ehe sie spätestens im kommenden Jahr entschlossen nachgeschärft werden.

Millionen Haushalte gehen derzeit davon aus, schweren Schaden zu nehmen, wenn die Einzelstaaten im Detail festlegen, wie hart die jeweiligen nationalen Vorgaben sein müssen, um die Klimakatastrophe noch zu verhindern. Eine gefährliche Haltung, denn sie unterminiert das Vertrauen, das Wählerinnen und Wähler in die Handvoll Personen haben sollte, die sie auserkoren haben, über die künftig notwendigen strengere Vorgaben für den Energieverbrauch aller Menschen zu entscheiden. Andererseits treibt diese irrationale Furcht viele beim Nachrüsten ihrer vier Wände an: Manche kleben Steinwolle unter die Raufasertapete, andere legen den Parkettboden  wieder mit Auslegware, dicken Orientteppichen und Tierfellen aus. 

Innendämmung schlechtgeredet

Nicht alles wirkt, aber kaum etwas schadet wirklich. Durch die Innendämmung, bisher ein in Deutschland strategisch schlechtgeredetes Verfahren, schrumpft die Wohnfläche und damit auch der zu beheizende Raum. Durch die Beschäftigung mit den verschiedenen Isolationsmöglichkeiten sind die Wohnenden überdies beschäftigt. Die Vorteile von Dichtungsstreifen und Verstemmung als kostengünstige Möglichkeit, Luftlecks an Fenstern und Türen abzudichten, liegen auf der Hand, bedürfen aber sorgfältiger Planung: Verglichen mit Wänden, denen nachträglich eine Vlies- oder besser noch eine Einblasdämmung samt Mattenisolierung aus Glasfaser oder Zellulose gegönnt wird, bringen sie nahezu kaum einen messbaren Vorteil. Dafür erspart sich der Mietende aber den Ärger mit den kleinen, losen Schüttpartikeln, die beim Einblasverfahren über einen Schlauch in die Wände geblasen werden.

Auch gegenüber der Spritzschaumdämmung, die sich mit Unterstützung von Familie, Nachbarn und Freunden über einige Wochenenden verteilt recht schnell einbauen lässt, fallen sowohl die Zeitungspaketvariante als auch das bloße Verstopfen von Kältebrücken in Fenstern und Türen deutlich ab. Um die Wirkung zu verstärken, empfehlen Experten, bei einfach verglasten Fenstern aus Rohglas passende Zusatzscheiben zuzuschneiden, die dann mit Hilfe einer dünnen Kleberschicht auf die vorhandene Scheibe aufgeklebt werden. Gitter vor dem Fenster dagegen bringen nachweislich keinerlei zusätzliche Isolationsleistung.



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