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Wenn Sparen kostet: Ein teurer Spaß

Wegweisende Worte.

Die Ursprungsidee kam aus dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk, einem Gemeinsinn-Unternehmen mehr als zehn Milliarden Euro Jahresumsatz. Im Sommer 2019 flehte der als Journalist auftretende Lorenz Beckhardt die Bundesregierung an "Macht Fleisch, Auto fahren und fliegen so verdammt teuer, dass wir davon runter kommen". Und das "Bitte! Schnell!". Grammatik und Rechtschreibung waren zweifelhaft, die Botschaft Aber glaubhaft. Mit dem Satz "es schmerzt, aber es fühlt sich gut an" hatte der WDR-Mann einst ein Buch begonnen, in dem er seine Familiengeschichte aufarbeitete und sich selbst als Zeitzeugen für die Verfolgung der Juden im Dritten Reich anbot.  

Schmerz kann auch schön sein

Schmerz kann auch schön sein, Leiden kann Erleichterung verschaffen. Der von seinen Gelüsten und Gewohnheiten Abhängige ist oft dankbar dafür, wenn eine harte Hand ihn auf den richtigen Pfad führt, ihm die Versuchungen versagt und ihm hilft, ein besserer Mensch zu werden. Lorenz Beckhardt sprach diese Wahrheit ungeschminkt aus, doch statt Applaus erntete er einen Proteststurm. Was wird denn dann aus den Armen? Würde damit nicht auch der Rest des Mittelstandes abstürzen? Wie kommen die Pendler noch ins Büro, die fleißigen Monteure auf ihre Baustelle? 

Diesmal hörten die Bundesregierungen nicht auf den Vorschlag aus dem größten Sender, den der US-Internetkonzern als "Teil des deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunks" markiert und damit faktisch gleichstellt mit Staatssendern wie dem russischen RT. Statt deutlich und mit Nachdruck zu belasten, setzte sowohl das letzte Merkel-Kabinett als auch die nachfolgende Ampel  auf viele kleine, gut versteckte Zusatzabgaben. Hier mal ein bisschen CO2-Ablass, dort eine höhere Tabaksteuer, ein bisschen mehr Pflegebeitrag, eine um mehr als 80 Prozent erhöhte LKW-Maut und statt eines Abbaus der kalten Progression standhaft das Versprechen, bald werde die kalte Progression abgebaut. Nur eben gerade jetzt sei das nicht möglich, weil die Inflation die Geldquellen doch gerade im Übermaß sprudeln lasse.

Zügel für den Gürtel

Die Zügel anzuziehen, so dass Bürgerinnen und Bürger es gleich spüren, hat vier Jahre gebraucht. Nun endlich aber bewegt sich etwas. Während beim Discounter "Penny" ein Versuch läuft, bei dem getestet wird, inwieweit Menschen bereit sind, ausgedachte Umweltvernichtungszuschläge auf Lebensmittel klaglos zu bezahlen, wie es ARD-Mitarbeiterinnen tun, denkt ein Berliner Professor bereits an Benzinpreise von 100 Euro pro Liter, um Beckhardts Forderung der Umerziehung über Preissignale massentauglich zu machen. Bahn frei für die, die es sich noch leisten können, wie gewohnt dahinzuleben, gekuschelt in einen Kokon aus traditionellem Wohlstand, womöglich mit Erspartem.

Immer mehr Menschen müssen am Essen sparen, elf Prozent der Deutschen können sich gleichlautenden aktuellen Nachrichten zufolge "nicht alle zwei Tage eine vollwertige Mahlzeit mit Fleisch, Geflügel oder Fisch leisten", aber auch keine "gleichwertige vegetarische Mahlzeit" bezahlen. Wovon die Bedauernswerten leben, geht aus den Informationen des RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) nicht hervor, doch auf dem richtigen Weg sind sie. Preise hoch, das zieht die Gürtel automatisch enger, es strafft die Haut und dient der Umwelt.

Hunger erzieht

Alles wird teurer, aber so schlimm das ist, es ist noch lange nicht teuer genug. Lorenz Beckhardt, privat bekennender Vielflieger, im Dienst aber ein sittenstrenger Asket im Auftrag des Klimaschutzes, hat sich seit seinem Outing als Aktivist nicht wieder zu Fragen der Preissteuerung zu Wort gemeldet. Doch seine Ideen, sie ziehen mittlerweile Kreise bis nach Brüssel. Dort ist die EU-Kommission gerade dabei, die Vermögensbildung teurer zu machen: Mit einem Maßnahmepaket zur Verhinderung kostengünstiger Vermögensaufbaus zielen Parlament und Rat darauf, gerade bei jüngeren Anlegern beliebte Geschäftsmodell der sogenannten Neobroker "im Rahmen der anstehenden Novelle der Verordnung (MiFIR) und der Richtlinie (MiFID II) über Märkte für Finanzinstrumente" zu verbieten. 

Niemand soll mehr unnötig Gebühren sparen beim Aktienkauf, keiner soll Geld für eine ungewisse Zukunft anlegen, das er in Kürze ohnehin brauchen wird, um "wahre Preise" an der Supermarktkasse und die Endverbraucherumlage für die Lkw-Maut zu bezahlen. Selbst Sparen wird so endlich wieder so teuer, dass die, die es sich noch leisten können, es umso mehr wertschätzen werden. Der Entzug, er wird für viele nicht einfach werden, für andere werden es Hunger und Durst sein, mit denen sie hadern. Doch die Sache ist es wert: Denn am Ende des Regenbogens wartet statt des Topfes voll schnödem Gold das Bruttosozialglück, das alle gleichermaßen miteinander teilen.



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