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Hass auf die Grünen: Viel zu frühe Freude

Zwar hat Habeck ein zweites Standbein, aber das Triumphgeheul der eingeschworenen Gegner der Grünen kommt doch noch viel zu früh.

Es ist so typisch deutsch. Kaum tritt eine Bundesregierung in Person ihres Wirtschafts- und Klimaministers entschieden auf, unbeirrbar auf klarem Kurs, auch wenn der Wind von vorn kommt, dauert es nur Stunden, bis die Hasser, Leugner, Jammerer und Meckerer auf den Plan treten. Im Handumdrehen ist eine "Krise der Grünen" (Spiegel) ausgerufen, "Heul leiser, Robert!", bescheidet zynischer Kommentator dem Vize-Kanzler, der sich wie "niemand sonst so schön als Opfer" inszeniere, offenbar in der Hoffnung, Dass Mitleid ihn vor der aufschäumenden Welle an Kritik und Widerspruch an seiner Heizungspolitik retten könne. 

PPQ-Kolumnistin Svenja Prantl rechnet mit den neuen Feinden einer Regierung ab, die endlich durchregiert und keine Kompromisse mehr macht, die dem Klima schaden würden.

Zweifel bei jahrelangen Unterstützern

Svenja Prantl steht fest zu Habeck.
Mit solchen Zweifeln am beliebtesten Ampel-Politiker legt ausgerechnet ein seit Jahren als verlässlicher Verbündeter der jeweiligen Bundesregierung geltendes Magazin die Axt an den Stamm des mühsam geschaffenen Vertrauens zwischen den drei Ampel-Parteien und zumindest einer knappen Hälfte der Wahlberechtigt*innen. Galt es bisher als journalistische Grundtugend, von verantwortlichen Politikerinnen und Politikern ein möglichst schonungsloses Durchregieren im Sinne moralischer Vorgaben zu fordern, die von weitsichtigen Kolumnisten vielfach ausformuliert worden waren, wendet sich die gedruckte Pressesprecherei im Zuge der Heizwende unversehens gegen die Hand, die sie füttert.

Mitleid sei "ein Gefühl, das noch keinen Politiker ins Kanzleramt getragen hat", nörgelt es da, verwiesen wird auf sinkende Umfrageergebnisse und fragwürdige Wendungen einer Politik, die sich angesichts der drohenden Gefahren einer Erderhitzung um weit mehr als zwei Grad längst hätte lösen müssen von den kurzfristigen Wohlstandserwartungen der Bevölkerung. Dass die sich größtenteils stur der Einsicht verweigert, dass es tiefe und schmerzhafte Einschnitte in jedes einzelne Leben und jeden einzelnen Zukunftsentwurf brauchen wird, damit wenigstens Deutschland seine Klimaziele einhält, wenn es schon sonst niemand weltweit tut, ist letztlich nur keine Frage der politischen Bildung und Erziehung. Statt zu versuchen, die Leute abzuholen, wo sie sind, etwa im sturen Sachsen oder im traditionell berlinskeptischen Bayern, ist mehr Führung gefordert: Wer nicht will, soll müssen. Wer nicht mag, dem wird die Entscheidung abgenommen werden.

Mediale Konjunkturritter

Die medialen Konjunkturritter einer vermeintlich kippenden Stimmungslage bei verängstigten Immobilienbesitzern, besorgten Mietern und profitgierigen Industriekapitänen meinen, der  Moment sie gekommen, von dem an man den Selbstsüchtigen, Rücksichtslosen und Unsolidarischen besser nach dem Munde schreibt. Mit seiner klaren Haltung für eine Fortsetzung der erfolgreichen Transformationspolitik und einer Festlegung auf eine Obergrenze mit atmendem Deckel whatever it takes sich der so lange Zeit beliebteste Politiker der Ära nach Angela Merkel zur Zielscheibe einer ganz neuen Art von Hass gemacht.

Aus klammheimlicher Freude über die Schwierigkeiten einer strikten Energieausstiegspolitik und vermutlich biografisch begründetem Neid wird mit spitzer Feder ein Gebräu angerührt, das Anhängern des Rechtsextremismus, des Liberalismus und der freien Marktwirtschaft vermutlich wie Öl heruntergeht. Der Klimagesellschaft und ihrem Nachhaltigkeitsanliegen aber zweifellos immens schadet.

Angst führt die Feder

Dieselben Stimmen, die seit den letzten Tagen der Schröder-Ära das Lied der unabdingbaren Notwendigkeit von staatlicher Planung, Leitung und Führung sangen, mit einem Text, der Fünf-, Zehn- und 30-Jahres-Pläne in den höchsten Tönen lobte, lassen sich vom ersten bisschen Gegenwind aus fragwürdigen Umfragen  in eine neue Richtung blasen. Nun war plötzlich alles zu schnell, zu überhastet, zu wenig erklärt, zu ultimativ vorgetragen. Die Sorge, dass Bürgerinnen und Bürger, die demnächst ihren letzten Cent für neue Fenster, Heizungen, Solarpanele und Wärmepumpen ausgeben, anschließend kein Geld mehr haben werden, spürbar dünnere gewordene Magazine voller Anzeigen für teure Uhren und hochgezüchtete Verbrenner zu kaufen, führt sichtlich die Feder.

Scham kennt diese Branche freilich nicht. Erfindungsreiche Reporter dürfen sich darauf verlassen, dass das Publikum vergesslich ist und jedem neuen move dankbar folgt. Für eine Zukunft Deutschlands als weltweites Vorbild und zeichensetzendes Symbol für mögliche Nachahmer bleibt zu hoffen, dass sich der unter Beschuss geratene Klimaminister und seine Gefährten nicht von der neuen, hasserfüllten Tonart irritieren lassen und standhaft auf Kurs bleiben.






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