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Dit ist Berlin: Die Unregierbare

Tags: berlin nach aber
Bedröppelt wie Nach der Rücknahme einer Doktorarbeit: Berlins bisher Regierende Franzisdka Giffey.


Die Hauptstadt, wie stolz das klingt. Die Straßen breit und leer, neuerdings voller Stadtmöbel, die zum Verweilen einladen. Fahrradspuren in alle Himmelsrichtungen, Mietbremsen und vielsprachige gute Laune. Hauptstadt, Weltstadt, Stadt der Zukunft: Berlin ist Deutschlands Addis Abeba, Deutschlands Thimpu, Deutschlands Ouagadougou, ein Stadt der Städte und viel mehr als das. Hier wird regiert, von hier aus wird verwaltet, von hier aus starten die Flieger nach Bonn, wo der Rest der Bundesministerien sitzt und sich sehnt, endlich auch an die Spree ziehen zu dürfen.

Alle wollen nach Berlin

Seit mehr als zwei Jahrzehnten wird das einzigartige Berlin von der SPD regiert, die die Boomjahre nach dem Ende der großen Finanzkrise nutzte, die Millionenmetropole zukunftsfest zu machen. Alle wollten nach Berlin, außer ein paar verstockten Sachsen. Berlin wuchs und zumindest öffentlichen Bekundungen zufolge gedieh es prächtig. Auf einer Fläche von 891,82 Quadratkilometern, das ist ein Drittel Saarland, drängen sich heute 3,7 Millionen Menschen,  das sind 350.000 mehr als noch 1950 und 300.000 mehr als noch 2001. Ein Boom, der Unzufriedenheit geweckt hat. Berliner gelten historisch, noch mehr Aber aktuell als notorisch schlecht gelaunt, sie sind sauer auf ihre Politiker, mäkeln an den Leistungen ihrer Verwaltung herum, beklagen sich über lange Wartezeiten, leere Versprechen und hohe Mieten. 

Franziska Giffey, nach dem Trubel um ihren Doktortitel, den sie nach eigener Aussage "nie gebraucht" hatte, vor der SPD-Spitze ausgewählt, ihre vielversprechende Karriere dann eben nicht als Ministerin, sondern als Regierende Bürgermeisterin der größten Stadt im Lande fortzuführen, stammt aus Frankfurt an der Oder, einer Art Vorort der Weltstadt. Ihr gelang es im Herbst vergangenen Jahres tatsächlich, sich von Wählerinnen und Wählern als Erbin von Klaus Wowereit und Michael Müller ins Rote Rathaus entsenden zu lassen. Ein Aufbruchsignal mit Schönheitsfehlern, die nach kleinlichen Klagen der politischen Konkurrenz trotz hinhaltendem Widerstand letztlich eine Wiederholung des Urnengangs alternativlos machten.

Trotz Humor und Herz

Im zweiten Anlauf aber hatten die Berlinerinnen und Berlin nun schon keine Lust mehr auf "Humor und Herz" (Giffey), darauf, dass neue Wohnungen vielleicht weiterhin nicht gebaut werden, das aber dann "Chefinnensache" ist, und dass die Neue im Amt sich auch um die zahllosen Hunde in der Stadt kümmern werde. Unter Giffeys Führung rauscht die SPD in nie gekannte Tiefen, unter 20 Prozent der Stimmen. ein Ergebnis, das nach Bayern, Sachsen-Anhalt oder Sachsen klingt, nicht aber nach dem sprichwörtlichen Roten Wedding, Kuhle Wampe und der "Zukunftshauptstadt", die die deutsche Sozialdemokratie mit Hilfe der Grünen und der als Linke auftretenden SED ausgerufen hatte.
 
Sozial, ökologisch, vielfältig und wirtschaftsstark" sollte das neue Berlin sein und dank der Behördenansiedlungsoffensive mit zahllosen neuen und sicheren Verwaltungsjobs gelang es sogar, viele andere Bundesländer beim Wachstum zu überflügeln.Doch unter Giffey regierten eigentlich drei drei Parteien nebeneinander her, die es nur darauf anlegten, sich gegenseitig zu übertrumpfen: Noch schneller sozial, noch eifriger ökologisch, noch viel vielfältiger und wirtschaftsstark erst ganz am Schluss, wenn niemand sonst mehr zahlen will. Dass ausgerechnet Bonn, das Provinznest am Rhein, das Berlin bis heute sechs Bundesministerien vorenthält, den ersten vielfältig bunten Zebrastreifen vor die Nase setzte, war wie ein Menetekel: Was wäre das für ein Zeichen gewesen, diesen fantastischen Fußgehendenregenbogen in die verkehrsentleerte Friedrichstraße zu tuschen!

Fossile Leuchttürme

Es klappte aber eben nicht viel in Giffeys Berlin. Der ökologische Leuchtturm ist beim Windkraftausbau ein weißer Fleck, bei der Nutzung der Solarenergie ist sogar das Saarland weiter. Das energiehungrige Berlin, das Deutschlands größtes Netz an U- und S-Bahnen betreibt, lässt sich fossil versorgen, kombiniert werden Erdgas, Steinkohle und Müll, gewürzt mit Holzpellets. Wie davon wegzukommen wäre, war kein Thema im Wahlkampf. 

Berlin hat bereits ein "Energiewendegesetz" und einen "Mobilitätsplan", beide "zeigen den Weg" und "die Umsetzung ist in vollem Gange". Sie erwarte für die notwendige Wärmewende, dass "die Wohnungen in der Hauptstadt verstärkt mit Abwärme, Geothermie und Solarenergie geheizt werden", hat Giffeys grüne Senatskollegin und Erzkonkurrentin Bettina Jarasch mitgeteilt. Nötig dazu seien "steigende Investitionen der Privatwirtschaft", die erreicht durch "Druck auf die Immobilieneigner" am einfachsten erreicht würden.

Zu wenig Zeit für die Ewigkeit

Auch dafür war wann aber das eine Jahr nicht genug, das ihr und Giffey und dem Linkspartei-Senatoren  Klaus Lederer und Katja Kipping blieb. Noch am Wahlabend beklagte die erneut Gescheiterte, dass die SPD erst so kurz in Regierungsverantwortung gewesen sei, dass sie gar nicht habe zeigen könne, wohin das alles führen könnte. Genau die Angst davor aber mag viele Berliner, stoisch wie DDR-Bürger im Hinnehmen von Widrigkeiten aller Art, bewogen haben, die drei regierenden Parteien abzustrafen. Fünf Prozent der Stimmen verloren sie zusammen, zu viel für das geplante Weiterso, zu wenig aber, um bei der siegestrunkenen CDU unterzuschlüpfen.

Berlins Noch Regierende Franziska Giffey zeigte sich konsterniert. Die Berliner würden sich wohl wünschen, "dass Dinge anders werden, spekulierte sie nur wenige Augenblick nach den ersten Hochrechnungen. Noch aber ist die Hauptstadt nicht verloren, noch reicht es rechnerisch für Rot, Rot und Grün, für die Union aber trotz hoher Zugewinne nicht ohne Hilfe von SPD oder Grünen. Trotz allem Eifer, mit dem alle Beteiligten im ersten Anlauf die Unausweichlichkeit der kommenden Ereignisse beschworen: Machterhalt geht vor Anstand, nicht zu verlieren, ist ein größerer Sieg als zu gewinnen.  

Es könne nicht alles so weitergehen, hat Franziska Giffey als Erkenntnis aus dem Wahltag mitgenommen. Deshalb wolle sie weitermachen.



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