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Anschlag auf Nord Stream: Donnernde Dementi


Lange vor Seymor Hersh hatte auch der frühere polnische Verteidigungs- und Außenminister Radoslaw Sikorski den USA die Verantwortung für die Nord-Stream-Sprengung zugeschoben.


Es dauerte diesmal nur einen Moment, dann hatte es Seymor Hersh doch wieder geschafft. Tass war ermächtigt zu erklären, dass alles nicht stimmt, was der früher hochgerühmte und von den privaten bis in die öffentlich-rechtlichen Redaktionen hochverehrte Enthüllungsreporter zusammengeschrieben hatte. Stimmt nicht, Kein Wort Wahr, bloße Behauptungen, bloß in seinem Blog publiziert. Völlig falsch UND komplett erfunden, sagte eine Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates. Selbst die CIA, eine weltweit geachtete US-Behörde, die noch niemals ein Wässerchen trüben konnte, schickte einen Sprecher aus, der mit aller Entschiedenheit klarstellte. Ein alter Mann. Ein böser Mann. Ein Büttel Putins, wenn auch vielleicht nur wider Willen.  

Die Wahrheit geraderücken

Ein bisschen wie in der DDR, wo die abendlichen Nachrichten häufig Meldungen dementierten, die sie selbst zuvor gar nicht im Programm gehabt hatten, übertrafen sich Gebührensender und teilstaatliche Newsportale darin, die Wahrheit geradezurücken, die die Reporterlegende zuvor verantwortungslos verschoben hatte. Dass es auch fast ein halbes Jahr keinerlei Ergebnisse bei den Ermittlungen zur Tätersuche für den größten Sprengstoffanschlag auf die kritische deutsche Infrastruktur seit dem letzten Bombenangriff der Alliierten vor 78 Jahren gibt, sei vollkommen normal. Schließlich solle nicht herauskommen, über welche Überwachungsmöglichkeiten die "westlichen Staaten in der Ostsee" (ZDF) verfügen. Womöglich gibt es gestochen scharfe Porträtaufnahmen der Täter. Man kann sie nur nicht zeigen und deshalb auch niemanden verhaften.

Das klingt ganz logisch. Logisch wie das Auseinanderfallen des anfangs angekündigten  gemeinsamen Ermittlungsteams von Deutschland, Dänemark und Schweden, das sich sofort nach der Taufe in "Joint Investigation Team (JIT)" durch Austritt aller Teilnehmer aufgelöst hatte. Logisch wie der Umstand, dass augenblicklich nie mehr irgendein großes Medium nach den Gründen, nach Erkenntnisgewinnen oder ersten Spuren fragte. Wenn Joe Biden vor Monaten schon versichert, Nord Stream werde niemals in Betrieb gehen, ein polnischer EU-Parlamentarier sich ausdrücklich bei den USA für die Sprengung bedankt, und die erfahrene Unter-Außenministerin Victoria Nuland das Ergebnis des Anschlages feiert, dann kann nur der Russen dahitlerstecken.

Viel zu groß wäre sonst die Gefahr, es könnte der falsche Täter gewesen sein. Und ein GAU geradezu, wenn frühere polnische Verteidigungs- und Außenminister Radoslaw Sikorski Recht behalten würde, der den USA schon die Verantwortung für die Nord-Stream-Sprengung zugeschoben hatte, als die Ostsee noch brodelte.

Erstmal die Dementis abwarten

Seymor Hersh, dem mit 85 Jahren vielleicht nicht mehr genug Zeit bleibt, auf die Ermittlungsergebnisse des Generalbundesanwalts zu warten, hat den Frieden gestört, der glücklich eingekehrt war. Nach einer Schrecksekunde, in der die Redaktionen noch berieten, was nun zu tun sei, entschied Mediendeutschland, vorsichtshalber erstmal die Dementis der zuständigen Behörden abzuwarten. Der Aufbau der Berichte zu Hershs Enthüllung folgt seitdem dem bewährten Strickmuster der deutschen Israel-Berichterstattung: Es wird von hinten erzählt, im Mittelpunkt steht nicht das Ausgangsgeschehen, sondern dessen Fortsetzung, die allgemein abgelehnt wird.  

Vom Berner Oberland bis nach Hamburg, wo sie sich wahrlich auch mit Null-Quellen-Beiträgen auskennen, hagelt es Kritik: Schlecht belegt die Story. "Steilvorlage für Russland." Die Deutsche Presse-Agentur schreibt zu dem Bericht: "Der Bericht zu Nord Stream scheint in weiten Teilen nur auf einer anonymen Quelle zu basieren". Scheint. "In weiten Teilen". Man weiß es nicht. Aber ganz genau.

Doch die Menschen im Land, in diesen unsicheren Zeiten sind sie dankbar für alles, was ihnen an irritierenden Nachrichten erspart bleibt. Vehement verwahren sich manche allein gegen den Hinweis auf die Möglichkeit,  dass es jemand gewesen sein könnte, den wir nicht wollen. Ehe man überhaupt berichte, dass ein vielfach preisgekrönter Mann wie Hersh eine Geschichte geschrieben hat, die die Welt verändern würde, wäre sie wahr, müsse doch abgewartet werden, was die Behörden dazu sagen, der Kanzler, der Generalbundesanwalt, die Außenministerin vielleicht. Lehnen die alle ab, kann man eben nichts machen. Dümmer als das Parlament ist man dann auch nicht.

So reichen denn schon stimmt nicht, kein Wort wahr, bloße Behauptungen und  völlig falsch samt komplett erfunden, abgewürzt mit ein paar abfälligen Bemerkungen zu Hershs Alter, um wieder Ruhe im Schiff zu schaffen.  Journalisten, die ausziehen würden, um die Behauptungen des Grandseigneurs der Investigativbranche zu prüfen, von den Details um das vom ihm genannte Nato-Manöver Baltops 22 über die Teilnahme der "hochqualifizierten Marine-Tiefwassertaucher aus Panama City" bis hin zum angeblich verwendeten C4-Sprengstoff, der Technik des Sonar-Zünders und der Geheim- bzw. Offenlegungshaltungsregeln für die "Gang of Eight", sind nicht in Sicht. 

In den ersten 30 Stunden nach Hershs Veröffentlichung ist die "Tagesschau", die wegen des regionalen Charakters des Vorgangs in ihren Sendungen nicht berichtet, nur so weit gekommen, ihren "Faktenfinder" sicher feststellen lassen zu können, dass "viele Fragen offen sind".

Auf Antworten braucht danach niemand mehr warten.





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