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Rechtstaatlichkeit in Brüssel: Griechische Komödie

Eva Kaili, hier gezeichnet von Kümram, hortete mutmaßlich Geldsäcke und Bargeld in Koffern. Abbildung: Kreide auf Seide, kaltgeschabt

Korruption und Vetternwirtschaft sind schon lange ein Problem in der EU. Polen, Ungarn, Italien, Griechenland und Rumänien, Kroatien, Deutschland und Spanien, Bulgarien und Tschechien - die Liste der Mitgliedsstaaten, in denen sich Beamte und Politiker und deren Günstlinge die Taschen füllen, sie reicht bis traditionell bis nach Belgien, wo die Antikorruptionsbehörde der EU über die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit wacht. Dennoch gelang es Eva Kaili, der griechischen Vizepräsidentin im EU-Parlament offenbar, unter dem Radar der höchsten Anti-Korruptionsinstanz der Völkergemeinschaft, sich unerkannt vom Fußball-Emirat Katar entlohnen zu lassen.

Auf die Schliche gekommen

Es brauchte erst Ermittlungen der belgischen Staatsanwaltschaft, um der Abgeordneten der Pasok-Partei auf die Schliche zu kommen. Am Freitag wurde die studierte Architektin, die bis zu ihrem Wechsel in die Politik als Fernsehansagerin gearbeitet hatte, festgenommen. Vorläufig in Haft kamen weitere Mitarbeiter des EU-Parlaments, Die Verdächtigen sollen einer kriminellen Organisation angehört haben, die im Auftrag "eines Golfstaates", wie es offiziell heißt, Einfluss auf Entscheidungen des weltweit größten teilweise demokratisch gewählten Parlaments genommen zu haben. Bei 16 Durchsuchungen waren 600.000 Euro Bargeld gefunden und "Handys" beschlagnahmt worden. Der Vater von Eva Kailis wurde "im Besitz eines Koffers voller Bargeld" gestellt, "nachdem er von seinen Komplizen alarmiert worden war, wie die Ermittler glauben".

Geld. Macht. Der Schock sitzt tief in Brüssel. Neben Kaili wurden mit Francesco Giorgi, dessen früheren Chef, dem ehemaligen sozialistischen Europaabgeordneten Pier Antonio Pancheri, dem  Generalsekretär des Internationalen Gewerkschaftsbundes (IGB) Luca Vincentini und Nicolo Figa Talamanca, dem Chef der NGO "Kein Frieden ohne Gerechtigkeit" weitere Mitglieder sozialdemokratischen EU-Familie bis zur ausstehenden Entscheidung über den Erlass eines Haftbefehls festgenommen.

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Umgehende Säuberung

Ob der Verdacht, jemand sei korrupt, zutrifft, war angesichts der Schwere der Verfehlung nicht mehr  ausschlaggebend. Auch nicht für Kailis Pasok-Partei, deren Erfahrungen mit Korruption und Bestechlichkeit so reich sind wie die griechische Staatskasse nach Jahren permanenten Schuldenabbaus arm ist. Kaum waren die ersten Nachrichten über die Festnahme der Genossin nach Athen gedrungen, zog die Familienpartei des Papandreou-Clans die Reißleine: In einem urdemokratischen Verfahren wurde Kaili aus den Reihen der Genossen ausgeschlossen. 

Was im Falle des deutschen SPD.Politikers Thilo Sarrazin Jahre dauerte, war in wenigen Stunden erledigt. Ein deutliches Zeichen, dass Säuberungen auch in der sozialdemokratischen Parteienfamilie ohne quälende Formalitäten möglich sind, wenn "Eine echte Bombe im Herzen der europäischen Demokratie" zu explodieren droht, wie die belgische Zeitung L'Echo die bedrohliche Situation beschrieben hat, die auch Bemühungen des Präsidenten des EU-Rates, Charles Michel, torpediert, die "Freundschaft" (Michel) der EU zu Katar bei einem Besuch vor Ort als wichtigen Hebel der aktuellen "extrem schwierigen Herausforderungen" (Michel) zu nutzen.

Wenn Freunde Freunde hintergehen und ein doppeltes Spiel spielen, geht es um die Reinigung der eigenen Reihen und um die Beherrschung der Außenwirkung eines Skandals, dessen Ausmaße noch nicht abzusehen sind. Auch die 145 Mitgliederinnen und Mitglieder der sozialdemokratische Fraktion im Europaparlament, am Freitag bereits unterwegs zur vorweihnachtlichen Arbeit in den Wahlkreisen,  reagierten beherzt: Noch ehe die ersten Schlagzeilen die Öffentlichkeit erreichten, setzten sie Kailis Mitgliedschaft in der Fraktion "mit sofortiger Wirkung" aus.



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