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Koloniale Stereotype: Das wilde Klischee vom Spiegel-Hochhaus

Er hält sich kaum jemals an Vorgaben aus den zivilisierten Ländern, er protzt, pöbelt, versteht keinen Spaß und sonnt sich dazu noch in der Gewissheit, Dass die wirklich moralisch und demokratisch geführten Staaten der Union ihm aus der Hand fressen müssen, um eine weitere Zuspitzung der Flüchtlingskrise durch einen anhaltenden "Zustrom" (Merkel) zu vermeiden. Recep Tayyip Erdoğan, ein gemäßigter Islamist, der in einem selbstgebauten Palast wohnt, herrscht vom Bosporus aus über Resteuropa.

Eine Strategie, der die Hamburger Illustrierte "Der Spiegel" jetzt energisch in die Parade fährt. In einer Enthüllungsstory wird Erdoğan erstmals seit dem Ende des Kaiserreiches wieder konsequent mit rassistischen Vorurteile und überkommenen Klischees überzogen. Erdoğan tritt hier als "Wilde" auf wie zuletzt Hadschi Halef Omar, er trägt einePutin-Diktatorenbrille und wird als "fürchterlicher Freund" porträtiert: Undurchschaubar, eine Bedrohung mit steinzeitlichem Stammesdenken, ein Mann, so gar nicht wie wir.

Geschickt spielen die Profis vom "Spiegel" hier mit rassistischen Stereotypen, die der Erwartungshaltung großer Teile der linksintellektuellen Leserschaft entsprechen. Hatte sich das Türkenbild im 18. Jahrhundert vom Türken als barbarischem, aber bewunderungswürdigen Krieger zum dem eines kunstsinnigen und kultivierten Exoten gewandelt, brachten die Gastarbeiter das Bild des Malochers mit, der aus einer Militärdiktatur floh, die Menschenrechtsverletzungen, Kurdenmord und fehlendem Demokratieverständnis geprägt war.

Ein Bild, an dem der "Spiegel" ebenso festhält wie am politischen Konflikt zwischen den Europa der gut durchdemokratisierten weißen Westeuropäer und den wenn auch nur leicht farbigen Zivilisationsneulingen vom Rande Europas. Wie im kolonialen Gesellschaftsmodell werden Unterschiede mentalisiert und als eine Art "Rassenkampf" erklärt: Der Türke ist "wild" und gefährlich, eine Vermischung mit ihm kann nach den Grundsätzen europäischer Traditionen nur um den Preis stattfinden, dass er sich anpasst und assimiliert. Alles andere wäre eine "Aufgabe europäischer Werte" - diese Formulierung hat das früher gebrauchte "Verrat an der weißen Rasse" abgelöst.

Koloniales Denken, auflagensteigerndes Handeln. "Spuren dieser Anschauungen finden wir noch heute", warnt die Bundeszentrale für politische Bildung, die über die zutagetretende Tendenz besorgt ist, dass "sich mehr oder minder wohlwollende Geringschätzung (über die Rückständigkeit, die auf Faulheit und Dummheit oder ein "kindliches Gemüt" zurückgeführt wurde) mit der Furcht vorm "schwarzen Mann" (der als wild, triebhaft und brutal gilt) mischt".

Was bei Putin funktioniert hat, wird auch auf Erdogan angewandt: Die deutsche Wahrnehmung funktioniert durch ein grundlegendes Muster von Zivilisation und Reife, die als Selbstbild fungieren und es erlauben, dem Fremden, Ausländer, Türken mit großer, väterlicher Nachsicht Unzivilisiertheit, Unreife und gefährliche Vitalität zu attestieren.

Wir sprechen zwar verschiedene Sprachen. Meinen aber etwas völlig anderes.


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