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Der Entwicklungsschub der 75. Woche (17 Monate) - Fräulein von Motz und Trotz wird erwachsen

Um die 75. Woche verlangen unsere Kinder wieder nach unserer elterlichen ungeteilten Aufmerksamkeit und Nähe. Fräulein von Motz und Trotz übernimmt dabei den größten Part - mit 17 Monaten liegen unsere süßen Kleinen die meiste Zeit auf dem Boden und kreischen vor Frust, weil etwas nicht gelingt, sie etwas nicht dürfen oder bekommen. Dabei erinnern die Wutanfälle schon stark an die Autonomiephase - Fräulein von Motz und Trotz wird jetzt regelrecht erwachsen. Gebärden sich unsere Kleinkinder also irgendwie "komisch", schlafen und essen schlechter, hängen uns vehement am Rockzipfel und wollen wieder stärker von uns beschäftigt werden, nicken nun die meisten Eltern wissend mit dem Kopf: Der nächste Entwicklungssprung ist da! 
 
 

Wie lange dauert der Sprung?

 

Nach van de Rijt kann der Sprung bis zu 5 Wochen dauern, nämlich zwischen Lebenswoche 70,5 und 75,5. Den Höhepunkt sollte die Motzerei ungefähr zwischen der 72. und 73. Woche haben. Die allermeisten Kinder zeigen dann in Woche 79 absolutes Sonnenschein-Verhalten - also, haltet durch (vgl. van de Rijt, 2005: 24)!
 
Bei uns war der Sprung genau 5 Wochen lang und ich erinnere mich, Dass ich ihn zunächst als einen der anstrengendsten empfunden habe, weil ich mich erst einmal auf das ausgewachsene Fräulein von Motz und Trotz einstellen musste. Als ich die Technik, wie man ein kleines wütendes Kind liebevoll begleiten kann, verstanden hatte, wurde es schlagartig besser und der Sprung verlor an Nervfaktor.
 
 

Welchen Reifeprozess macht das Kind durch?

 

Im letzten Sprung hatte das Kind die Welt der Prinzipien kennengelernt, nun springt es noch einen Schritt weiter und lernt, was "Systeme" sind. Als "System" bezeichnet man ein organisiertes Ganzes, das als solches in unserer Vorstellung existiert und wegen seiner wechselseitig voneinander abhängigen Bestandteile funktioniert (vgl. ebd, 2005: 361).
 
Im Prinzip kann man sich ein System vorstellen wie eine alte Uhr, deren Zahnräder ineinandergreifen und so bewirken, dass sich die beiden Zeiger pünktlich drehen. Eure Familie ist ein System: Jeder darin hat eine bestimmte Aufgabe, die zum harmonischen Zusammenleben beiträgt. Vielleicht geht Mama einkaufen, während Papa die Kinder vom Kindergarten abholt und mit ihnen auf dem Spielplatz spielt. Dann trifft sich die Familie zuhause und die älteren Kinder helfen dabei, den Abendbrottisch zu decken, während die Mama die Nudeln kocht.... Andere Systeme wären z. B. die Gesellschaft, die Kirche, eine Hausgemeinschaft, ein Handballteam, ein Musikstück, ein Puzzle, das Ampelsystem einer großen Stadt, die Mathematik, das demokratische System eines Staates...
 
Richtig fasziniert sind die meisten Kinder diesen Alters nun von dem System "Baustelle" (ebd., 2005: 371). Dort können sie Stunden damit verbringen, einfach nur zu stehen und zuzusehen, wie die Bauarbeiter Hand in Hand arbeiten, um ein Haus zu erbauen. Wie der Kranführer auf die Handzeichen seines Kollegen achtet, um seine Fracht sicher irgendwo abzusetzen. Wie ein Bagger eine Grube gräbt, den überschüssigen Sand auf einen Laster schaufelt und dieser dann losfährt, um ihn an anderer Stelle abzuladen.
 

 
Systeme unterscheiden sich, auch das lernen unsere Kinder nun - nicht in allen Familie ist die Arbeitsaufteilung so, wie ich oben beschrieben habe. Einige Systeme "Familie" leben in einem Haus, die anderen in einer Wohnung. Zu manchen Systemen gehört ein Hund dazu, zu anderen eine Katze, ein Vogel oder gar kein Haustier.

Da ein Kind nun auch versteht, dass Systeme verschieden sein können, kann es recht schnell begreifen, dass z. B bei Oma unterschiedliche Regeln gelten, als bei Mama oder dass man im Kindergarten mit dem Essen nicht matschen darf, zuhause aber schon. Diese neue Fähigkeit können wir Eltern ruhig ausnutzen! Denn auch das Beibringen von moralischen Werten innerhalb einer Familie ist Teil eines "Systems". Oftmals ist uns das Erwachsenen gar nicht so richtig bewusst, aber wir leben unseren Kindern tagtäglich unsere Werte und Normen vor und vermitteln ihnen Verhaltensweisen, ohne groß darüber nachzudenken. Und unsere Kinder nehmen sie auf - wir sind ja ihre Helden, also ahmen sie uns nach. Eine Mama, die selbst ein wenig Schwierigkeiten mit dem Ordnunghalten hat (wie ich!), lebt ihren Kindern dabei etwas völlig anderes vor, als eine Mama, die gern sauber macht oder gar einen Putzfimmel hat. Und so sehr ich mich auch anstrenge, meinen Kindern das Aufräumen nach dem Spielen schmackhaft zu machen - sie räumen einfach trotzdem nur sehr, sehr ungern auf.
 
Unsere Kinder begreifen sich nun erstmals selbst als System - sie erkennen, dass sie ein "ich" sind, während ein anderer Mensch ein "du" darstellt. Ihre Familie ist das "wir" und damit auch ein System.  Ist ein Kind zu diesem Zeitpunkt schon im Kindergarten, wird es auch dort "Systeme" erkennen. Nicht nur der Ablauf des Tages als System wird interessant, auch die körperlichen Unterschiede zwischen den Systemen "Jungen" und "Mädchen" werden ausgiebig bestaunt (vgl. ebd., 2005: 367). Einige wenige Kinder sind nach dem Sprung in der Lage, das System "ich" so weit zu beherrschen, dass sie bewusst auf ihre Ausscheidungen achten und diese vielleicht sogar so weit unter Kontrolle bekommen, dass sie aufs Töpfchen gehen können. Wie gesagt, für die meisten Kinder ist dieser Zeitpunkt noch zu früh, aber es ist nicht verwerflich, dem Kind in diesem Alter einfach spielerisch ein Töpfchen hinzustellen und abzuwarten, ob es daran Interesse zeigt. Druck wäre in diesem Fall komplett unangebracht! Aber zeigen kann man so ein Töpfchen durchaus schon...
 
Zum allerersten Mal und auch nur ganz ansatzweise kann das Kind nun begreifen, dass ein anderer Mensch vielleicht andere Gefühle und Gedanken hat. Diese Fähigkeit ist noch lange nicht ausgereift - richtig funktionieren wird das erst in ein paar Jahren, wenn es den Perspektivenwechsel gemeistert hat - und doch kann ein Kind nun z. B. ein anderes Kind trösten, wenn dieses weint (vgl. ebd., 2005: 368).
 
Auf jeden Fall bedeutet der Sprung in die Welt des "ich" und "du" großes Potential für Frust - Fräulein von Motz und Trotz hat ihren Spaß daran. Denn wenn das Kind entdeckt, dass Mama nicht so begeistert von der Idee ist, bei minus 10 Grad und Schneegestöber dem Kind ein Eis in der Eisdiele zu kaufen, wird es nicht freudestrahlend nicken und sagen: "Du hast Recht, Mama!". Nein, es wird sich vor Wut auf den Boden werfen und so laut schreien, wie es kann, um seiner Frustration über die konträren Meinungen Ausdruck zu geben. Und auch wenn das für die betreffende Mama sehr, sehr peinlich ist (gern schmeißt sich Fräulein von Motz und Trotz auch im Supermarkt vor der Quengelware auf den Boden) - denkt daran: Euer Kind will euch in dem Moment nicht das Leben schwer machen, es hat es gerade selber schwer, mit der Ungerechtigkeit des Lebens klar zu kommen! Statt also genervt und wütend auf den kindlichen Wutausbruch zu reagieren, versucht es mit Verständnis. Es ist doch auch einfach gemein, dass es nicht jederzeit ein Eis geben darf! 
 
Den meisten Eltern fällt nun auf, dass sich ihre Kinder besser in der Umgebung zurechtfinden - denn auch Straßenanordnungen und innere Landkarten sind Systeme. Meine Töchter wussten immer schon beim Abbiegen an einer bestimmten Ecke, dass wir uns auf dem Weg zu ihrem geliebten Sportkurs im Tipi Tapa befanden. Auch den Weg zum Lieblingsspielplatz, zum Eisladen, Bäcker oder wie das eigene Haus aussieht merken sich unsere Kinder nun mühelos. Sind sie schon im Kindergarten, können sie sich dort im Haus plötzlich besser orientieren und wissen, wohin sie laufen müssen, um zum Gruppenraum, zur Toilette oder in den Garten zu kommen. Die Eltern, die Jacken, das Spielzeug und die Taschen der anderen Kinder werden erkannt und den richtigen Spielkameraden zugeordnet - etwas, womit ich immer noch große Probleme habe ("Von wem war das nochmal die Mama?" "War das deine Hose oder die von deiner Schwester?") ;-) . Eine meiner Töchter war mit ca. 18 Monaten einmal mit mir beim Kinderarzt. Der Zufall hatte es bis dato immer so bestimmt, dass sie in der Gemeinschaftspraxis immer von der einen Ärztin untersucht worden war, ihre Schwester jedoch von der anderen. An diesem Tag aber hatte nur die eine Ärztin Dienst - die, die bisher immer ihre Schwester behandelt hatte. Meine kleine, ach so wortgewandte Tochter war völlig außer sich. Statt wie gewohnt fröhlich vor sich hinzuplappern, sagte sie die ganze Untersuchung immer nur konsterniert den Namen ihrer Schwester. Sie konnte gar nicht fassen, dass sie von der "falschen" Ärztin untersucht wurde! Die gehörte nicht zu ihrem System!
 

Beliebte Spiele


 
Mit der Welt der Systeme erweitern sich auch die Spielvorlieben hin zu "Systemen". Bei meinen Kindern waren Puzzle plötzlich irre beliebt, so dass wir in dieser Zeit eine wirklich entspannte Leise-spiel-Phase hatten, in der sie gebannt am Kindertisch saßen und Bilder zusammensetzen. Denn Puzzle sind ganz eindeutig "Systeme": jedes Puzzleteil hat seinen designierten Platz, alle greifen ineinander und bilden zusammen ein großes Ganzes. Zunächst waren ganz einfache Steckpuzzle bei uns beliebt, doch mit 22-24 Monaten waren sie schon bei 15-teiligen Rahmenpuzzles angelangt! Das verblüffte mich dann doch ein bisschen. Aber: so schnell diese Puzzle-Leidenschaft gekommen war, so schnell ging sie auch wieder. Nach der Meisterung der 15-teilgen Puzzle erlosch die Liebe bald und ist seitdem eigentlich nicht wieder aufgeflammt. Guckt einfach, was euren Kindern gefällt, es gibt ja hunderte schöner Puzzle, die geeignet sind.

Bei meinen Mädchen nicht beliebt, aber ganz klassisch bei den gleichaltrigen Jungs im Freundeskreis waren Eisenbahnen. Die kleinen Entdecker lernen nach diesem Sprung, die Schienen der Bahnen selbst zusammenzusetzen und somit ein System aufzubauen (selbst, wenn das mechanische Zusammenstecken vorher schon geklappt hat, ist jetzt der neue Schritt, eine echte Strecke damit zusammenzusetzen). Am einfachsten klappt das zusammensetzen der Schienen bei den Holzeisenbahnen, aber auch die elektrische Eisenbahn von Duplo fällt in diese Kategorie.

Habt ihr einen Baustellenfan zuhause, wäre vielleicht die Vtech Baustelle mit den  passende Autos Vtech Tut Tut Babyflitzer etwas für ihn oder sie, um die Vorgänge auf dem Bau zuhause nachstellen zu können. Auch klassisches Buddelzeug kombiniert mit Baustellenfahrzeugen sind sinnvoll für kleine Systemiker. Meine Mädchen wollten das irgendwie selten (obwohl wir echt schöne Buddelfahrzeuge haben!), stattdessen haben sie im Sandkasten "Einkaufsladen" gespielt. Auch ein Laden ist ja eine Art System, denn auch dort laufen die Vorgänge geregelt ab. Kein Wunder also, dass dies für die nächsten Monate bei uns zum absoluten Lieblingsspiel wurde! Wir haben daher unsere Buddelsachen aufgestockt mit den Haba Sand Bistro Förmchen. Nötig wäre es vielleicht nicht gewesen, denn meinen Töchtern war es im Prinzip egal, ob sie eine Sternform als Kuchen verkauft haben, oder eben eine "echte" Sandtorte. Aber mir als Mama hat das Mitspielen so viiiiieeeeel mehr Spaß gemacht! ;-)

Wimmelbücher sind in diesem Alter besonders spannend, da sie ebenfalls Systeme darstellen. Oft wird ja z.B. eine Baustelle dargestellt, oder eine Szene im Park. Für Kinder ist es sehr faszinierend, die Zusammenhänge zwischen den Figuren auf dem Bild herzustellen: Warum weint der Mann? Wo läuft der Hund hin? Findest du den entflogenen Papageien? Gleichzeitig schulen sie damit auch ihr Sprachverständnis und lernen neue Wörter - auch Sprache ist ein System. Deshalb ist es nicht verwunderlich, wenn unsere Kinder nach diesem Sprung (das kann Monate dauern!) anfangen, erste Wörter miteinander zu kombinieren zu Zwei- und Dreiwortsätzen!

© Snowqueen
 

 

Das Buch



Wer mehr über diesen und weitere Entwicklungssprünge wissen möchte, dem sei das Buch "Oje ich wachse" von Hetty von de Rijt, Frans X. Plooij und Regine Brams aus dem Goldmann-Verlag ans Herz gelegt:



 

Weitere Entwicklungssprünge


 
Die anderen Entwicklungssprünge findest Du hier:

Der Entwicklungsschub in der 5. Woche
Der Entwicklungsschub in der 8. Woche
Der Entwicklungsschub in der 12. Woche
Der Entwicklungsschub in der 19. Woche
Der Entwicklungsschub in der 26. Woche
Der Entwicklungsschub in der 37. Woche
Der Entwicklungsschub in der 46. Woche
Der Entwicklungsschub in der 55. Woche
Der Entwicklungsschub in der 64. Woche

 


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