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Identifikationsprobleme – es sind diese Grenzen, die mich zum Verzweifeln bringen und das Leben so reizvoll machen

Kennst du das? Du siehst in den Spiegel, kannst aber nicht glauben, dass das, was du da siehst, du bist. Das Ding, was gerade denkt und hinschaut und sich fragt, was es überhaupt ist. Oder kennst du das? Da steht eine Person und es wirkt wie ein Vorwurf? Denn du lässt sie stehen. Ein Vorwurf, weil du Potenzial spürst, weil du weißt, dass da etwas ist, aber du gehst nicht hin, du prüfst nicht nach. Was diese Situationen gemeinsam haben? Es ist nicht greifbar. Ich bin nicht greifbar und was ich denke und fühle noch weniger. Und das ist es, was Mich zum Verzweifeln bringt, aber auch einen gewissen Reiz hat…

Ich weiß nicht mehr genau, wann es angefangen hat. Ich denke immer, irgendwann Dann vielleicht, als ich mit 13 Jahren meinen Freund kennengelernt habe. Da hat es angefangen, dass ich nicht wusste, wer ich bin oder was mich von außen trennt. Oder was andere von außen oder von mir trennt.

Aber dann denke ich, es muss früher gewesen sein, als ich mit 10 Jahren bei meiner Oma gelebt habe, Gedichte geschrieben habe, über Gott und die Welt nachgedacht und vor allem: Viel gelesen. Schon damals fiel es mir schwer, nachdem das Buch aus der Hand war, zu erkennen: Das hier ist das Leben. Und wenn ein Buch noch nicht beendet war, so gab es dieses Leben für mich auch nicht. Ich ließ die Schule links liegen. Es gab für mich nur diese eine Welt: Das Buch.

Kaum war die letzte Seite umgeblättert, tauchte ich zurück in die Realität und musste diese erstmal verkraften, als würde ich langsam wieder zu mir kommen.

Schon damals erinnerte mich mein Leseverhalten an eine Sucht. Später, mit 13 dann, kam das Zocken, das ein knappes Jahr später mit meinem Freund beendet wurde. Dann kamen die 10 Stunden langen Telefonate. Die Themen gingen uns nie aus und zwar lebten wir, aber wir existierten den größten Teil des Tages nur in unseren Gedanken.

Aber dann muss ich erkennen: Selbst mit 10 Jahren kann es nicht gewesen sein, es war schon vorher.

Mit 4 Jahren, als wir umgezogen sind und ich aus dem Autofenster gesehen habe. Der beste Freund, bei dem ich davor gewesen war und mit dem ich Plätzchen gebacken hatte. Ich hatte sie nun in einer Tüte auf meinem Schoß und sah in die Nacht hinaus.

Mein Gefühl sagte mir, das sei das letzte Mal, das war nun das Ende der Freundschaft, nun werde ein neuer Abschnitt kommen.

Es war ein bisschen feierlich, ein bisschen traurig, ein bisschen dramatisch, aber vor allem: Es war mir bewusst. Und ich fragte mich in diesem Moment, ob Ich Mich Jahre später noch jemals daran erinnern würde, an diese Freundschaft, daran, dass ich gewusst habe, dass es zu Ende war, und vor allem an dieses Gefühl.

Und ich kann mich ganz genau daran erinnern. Und an nichts davor, was diesem bewussten Moment nahkommt.

Es wird immer radikaler

Meine bewussten Gefühle für das Unterschwellige werden immer radikaler und immer häufiger. Wenn ich einen Film sehe, muss ich häufig zittern, während andere lustlos dasitzen.

Es gibt Momente, in denen spüre ich unglaublich stark und dann wieder Momente, in denen spüre ich absolut nichts. Letztere sind es, die mir meine Identifikationsprobleme bereiten, aber gleichermaßen mein Leben bereichern.

Wer bin ich?

Manchmal lese ich Biografien oder stoße zufällig auf Texte längst verstorbener Personen. Und da bekomme ich manchmal dieses Zittern, es ist eher ein inneres Vibrieren. Eigentlich vibriere ich vermutlich auch gar nicht, aber es fühlt sich so an.

Ich bekomme das, wenn ich krasse Logik hinter den Worten sehe, wenn mich die Wortwahl berührt oder der Inhalt. Wenn ich das Gefühl habe, dass ich diesen Text geschrieben haben könnte.

Und dann spüre ich diese Person irgendwo in meinem Herzen, es ist wie ein Ziehen, es tut weh, ist aber ganz sachte. Es ist ein Ziehen als wäre ich eingekehrt in meine Heimat oder meine Heimat bei mir.

Ich kann mich mit der Person, deren Worte ich lese, identifizieren, aber nur unterschwellig.

Ich spüre, da ist eine Verbindung, aber der Tod trennt uns: Und dann wird mir wieder bewusst, dass er mich auch eines Tages einholen wird und meine Worte vielleicht gelesen werden und möglicherweise auch nur eine Person das gleiche fühlen wird wie ich. Eine Kämpfernatur, die dann irgendwann jedoch auch wieder stirbt und so weiter.

Es ist ein Kreislauf, den ich nicht will, nicht wahrhaben will.

Ich sehne mir dann diese Person, deren Worte ich lese, her, denn ich fühle mich mit meiner Art nicht mehr so alleine. Aber letztendlich fühle ich mich dann erst recht alleine, weil der Tod uns trennt.

Die leeren Phasen

Und dann gibt es die Phasen, in denen ich nichts spüren kann. Dann kann ich noch so Tolles lesen, bei dem ich vielleicht vor wenigen Tagen noch dieses Ziehen im Herzen gespürt hätte: Es tut sich nichts.

Dann beginnt das Drama: Ich schaue in den Spiegel, es fällt mir nicht schwer, mir in die Augen zu schauen, auch wenn sie ausdruckslos sind. Ich wundere mich ein kleines bisschen über ihre Ausdruckslosigkeit. Dann schaue ich mich in meinem Zimmer um, realisiere seit Langem mal wieder, dass dies mein Zimmer ist und wie dieses aussieht.

Ich kann nicht glauben, dass ich hier lebe. Mein Zimmer verschwimmt mit mir und auch alles andere, dem ich begegne. Ich kann da keine Grenze mehr erkennen: Dann bin ich alles und nichts zugleich.

Meine Werte sind plötzlich wertlos und ich selbst bin ganz ruhig, aber diese Ruhe ist trügerisch.

Eine trügerische Labilität

Irgendwann platzt irgendetwas. Und dann fängt das Heulen an. Das hilft mir dann auf meinem Erkenntnisweg. Ich komme zu neuen Gedanken, schreibe diese auf, vielleicht auch nicht, drehe mich vielleicht auch ein paar Mal im Kreis.

Nachdem ich also dann Worte gefunden habe, mit denen ich mich definieren kann, fühle ich mich besser.

Denn vorher waren es Bilder gewesen. Viele Bilder in meinem Kopf, Gesehenes, das ich nicht mit mir in Verbindung bringen kann. Deshalb gehe ich dann auch gerne raus und fasse die Wiese an: Es erscheint mir realer als die Bilder, die auf mich einwirken.

Bilder machen mich unsicher. Erst wenn ich fassen kann, und letztendlich erst, wenn ich Worte habe, fühle ich mich wieder gut.

Worte, wie kleine Schachteln, in die ich mich packen kann. Die Verpackung, wie ein Schutz, damit ich nicht raus kann, nicht noch mehr fragen kann.

Fragen, die mich zu dem näherbringen, an dem man sich so richtig die Zähne ausbeißen kann.

Grenzen – das Bewusstsein, das Leben, der Tod

Im Prinzip dreht sich alles um eins: Den Tod. Denn im Bewusstsein des Todes entsteht das Bewusstsein für das Leben. Und Bewusstsein ist die Bedingung für Leben. Tod ist das Erlischen von diesem Bewusstsein.

Das sind genau diese Grenzen, die mich verrückt machen.

Wir wissen nicht, was Bewusstsein ist. Wir können es nicht greifen, so wenig, wie ich mich greifen kann, wie ich diese vielen unterschwelligen Gefühle greifen kann.

Da wir nicht wissen, was Bewusstsein ist, ist unser Leben noch immer endlich und führt zum Tod.

Und der Tod ist das, was alles irgendwie so wertvoll macht. Das, was die Grenze zieht.

Im Angesicht des Todes will ich mal kämpfen, mal aufgeben. Denn der Tod ist Hoffnung und Ernüchterung zugleich. Hoffnung darauf, ihn zu besiegen, also zu lernen, in die Forschung zu gehen, zu kämpfen!

Ernüchterung, denn wenn ich kämpfe, ist dieser Kampf vermutlich umsonst, denn der Tod hat schon immer die Grenze gezogen. Wie groß ist dann die Wahrscheinlichkeit, dass er es dieses eine Mal nicht tun wird?

Auf Ernüchterung folgt dann der Versuch der Akzeptanz. Der Versuch, das Unterschwellige nicht mehr begreifen zu wollen, sondern es einfach in vollen Zügen zu genießen.

Ein Versuch, der bei mir schon seit Jahren scheitert.

Aber vielleicht ist genau dieses zweifache Scheitern der Reiz am Leben.



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