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Disziplinlügen – Warum wir immer wieder an diesem Punkt scheitern

So viele Blogs, die Selbstbeherrschung versprechen. Wahlweise auch grenzenloses Durchhaltevermögen: Verlockungen zu widerstehen, um „auf dem Weg“ zu bleiben. All das soll einen dazu bringen, Disziplin zu entwickeln. Disziplin, weil sie (angeblich) der wichtigste Grundbaustein auf dem Weg zum erfolgreichen Leben ist. Oder der, an dem wir am häufigsten scheitern. Seltsam nur, dass mir die Tipps nie helfen konnten…

Was ist Disziplin?

Disziplin aus wissenschaftlicher Sicht

Die Wissenschaft unterscheidet, abgesehen von dem Erfüllenwollen der Grundbedürfnisse zwischen 2 Arten: Intrinsische Disziplin und extrinsische Disziplin, die sich wiederum auf intrinsische Motivation und extrinsische Motivation zurückführen lassen.

Intrinsische Disziplin

Wie das Präfix „In“ schon andeutet, liegt die Quelle der intrinsischen Disziplin in uns selbst. Diese lässt sich noch einmal unterteilen:

Motivation, die wir aufbringen, weil wir uns für etwas begeistern können. Etwas, das uns Spaß macht. Eine Tätigkeit, die uns als solche schon Befriedigung gibt. Eine Herausforderung der Herausforderung wegen.

Eine Tätigkeit aus eigenem Antrieb.

Auf der anderen Seite kann intrinsische Motivation auch dadurch entstehen, dass man das, was man tut, in Einklang mit seinen Wertvorstellungen tun möchte. Das eigene Selbstverständnis. Das müssen also nicht Dinge sein, die wir gerne tun. Wir tun es, um unser Wertesystem weiterhin vertreten zu können.

Anmerkung: Dass die 2. Art der intrinsischen Motivation wirklich intrinsisch ist, vertrete ich persönlich nicht ganz. Es sind zwar unsere eigenen Werte, die wir aus eigenem Antrieb vertreten wollen. Aber auch Werte, die wir verinnerlicht haben und dann aus eigenem Antrieb befolgen, bekommen wir von außen vermittelt. Die Unterscheidung, ob man also wirklich aus eigenem Antrieb handelt oder nicht doch aus extrinsischer Motivation, ist oft nicht so einfach: Es kann gut sein, dass man beispielsweise eigene Werte zu vertreten glaubt, obwohl man die eines Freundes aufgenommen hat und in Wirklichkeit bloß diesem gefallen möchte. Vorsicht ist an dieser Stelle geboten!

Extrinsische Disziplin

Motivation kann auch aus Bedürfnissen entstehen, die von der Außenwelt befriedigt werden können. Wenn wir wegen dieser handeln, nennt man das extrinsische Disziplin.

Ein Merkmal, dass man hier durchgehend findet, ist, dass der Beteiligte ein klares Ziel vor Augen hat: Wer intrinsisch handelt, handelt schließlich nur, weil er Gefallen an seiner Handlung hat. Hinter extrinsischem steckt immer mehr. Etwas, was wir uns von unserem Handeln versprechen. Das Ziel, das dahinter steckt.

Motivieren können hier 3 Punkte:

  • Leistung
  • Macht
  • Zugehörigkeit

Leistungsmotiv:

Wer von Leistung angetrieben wird, der hat gewisse Leistungsziele verinnerlicht. Meistens stecken hinter diesen das Bedürfnis nach mehr sozialer Anerkennung, die man sich von zunehmender Leistung verspricht, oder das Bedürfnis nach Geld, hinter dem diverse andere Bedürfnisse stecken können.

Machtmotiv:

Beim Machtmotiv geht es in erster Linie um persönlichen Erfolg: Dadurch, dass man Macht hat, fühlt man sich in seiner Person gestärkt.

Zugehörigkeitsmotiv:

Dem Menschen wohnt das Bedürfnis inne, sozial dazuzugehören. Zuwendung oder Freundschaft, soziale Anerkennung steht im Fokus.

Anmerkung: Meiner Meinung nach gehen viele Motive ineinander über oder hinter dem einen steckt in Wirklichkeit das andere. Grob lässt sich aus meiner Sicht sagen: Wir Menschen streben alle nach gewissen Gefühlen. Wir haben das Bedürfnis nach einem Gefühl oder der Aufrechterhaltung eines Gefühls; im schlimmsten Fall streben wir einfach nur danach, ein gewisses Gefühl zu vermeiden. Noch näher darauf einzugehen, würde jedoch den Rahmen dieses einen Blogbeitrags sprengen.

Disziplin – Eine Ausrede, mit der du aufräumen solltest

„Ich bin einfach nicht diszipliniert.“

Wenn ich diesen Satz so oder so ähnlich höre, muss ich mittlerweile lächeln. Ich gebe zu, möglicherweise mag einem dieses Lächeln überheblich erscheinen. Überheblich, weil ich weiß, was für eine jämmerliche Ausrede das ist. Kläglich. Und man merkt mir an, wie ich darüber denke.

Aber, hey: Fühlt euch nicht angegriffen, wenn ihr euch in diesem Satz wiedererkennt und mein Lächeln vorstellt. Ich Habe diesen Satz auch schon einige Male über die Lippen gebracht. Zwar nicht mit „diszipliniert“, aber…ja, ihr wisst schon:

Das soll kein Angriff sein, viel mehr: Denkt darüber nach, so, wie ich es getan habe. Lasst es nicht einfach so an euch vorbeirauschen, was jetzt kommt:

Für Veränderung bereit

Erstens ist dieser Satz lächerlich, allein, weil er widerspiegelt, wie wenig der, der das gesagt hat, zur Veränderung bereit ist. Ein massiver Fehler ist das, den er begeht. Einer, über den wir mittlerweile lächeln müssen, möglicherweise auch überheblich, weil das heutzutage einer der gebräuchlichsten Tipps ist, die es überhaupt gibt: Offen für Veränderung sein.

Aber ja, auf der anderen Seite wissen wir wiederum auf, wie schwer das in die Praxis umzusetzen ist…

Disziplin – erblich bedingt?

Zweitens, Disziplin ist nicht erblich bedingt. Da gibt es kein Gen, meine Güte, welches dafür sorgt, dass du diszipliniert bist oder nicht. Disziplin ist etwas, was du dir antrainieren kannst. Hör also auf, dich hinter dieser simplen Ausrede zu verstecken. Das ist dann vermutlich schon der erste Schritt zur Veränderung hin.

Und jetzt kommt etwas, was zumindest mich vom Hocker gehauen hat, einfach, weil es so simpel ist und man dennoch meistens einfach nicht daran denkt. Die Wahrheit ist nämlich: Du und ich und jeder andere auch, wir sind alle schon diszipliniert. Ja, richtig gehört.

Du bist bereits diszipliniert

Wer ist das denn, hm, der sich fast tagtäglich zur Schule aufrafft, obwohl er möglicherweise gar keine Lust dazu hat? Wer früh aufsteht, obwohl er viel lieber länger schlafen würde?

Hah, jetzt habe ich dich, oder? Und selbst wenn diese Beispiele hier nicht auf dich zutreffen, wirst du irgendetwas in deinem Leben finden, wo du diszipiniert warst. Wärst du es nämlich nicht gewesen, hättest du gar keinen Antrieb. Das widerspricht jedoch der Natur der Lebewesen.

Also, ein für alle mal: Streiche diesen Satz aus deinem Wortschatz. Und seinen Sinn aus deinem Mindset.

Tipps für mehr Disziplin, die nicht klappen wollen

Kommen wir zurück zum Anfang: Ich habe schon so viele Websiten über Disziplin durchforstet, die mir dann aber doch nicht geholfen haben. Nun habe ich mir die Tipps mal aus einer neuen Perspektive angesehen und verstanden: Da ist viel Raum für Kritik.

1.Fokussiere dich auf das Ziel

Wieso das helfen soll, wird schnell klar: Wenn wir unser Ziel fokussiert haben, wissen wir, worauf wir hinarbeiten. Das sollte unsere extrinsische Motivation ankurbeln.“Sollte“ ist hierbei das richtige Wort. Das funktioniert nämlich nicht immer.

Da haben wir unser Ziel dann vor Augen und es möchte sich dennoch nicht Motivation breitmachen. Woran das liegt? Nun ja. Die Motivation ist nicht stark genug, um damit aufzuhören, was wir gerade tun – selbst wenn dieses Gerade-Tun Nichts-Tun ist. Das Ziel, auf das wir uns fokussieren, ist also nicht stark genug.

Motivation ist nicht stark genug

Entweder du lässt das Ziel fallen. Ich meine, es ist nicht stark genug, dich zu überzeugen, darauf hinzuarbeiten. Wieso also solltest du es tun? Es ist nicht wichtig genug. Das würde ich allerdings höchstens empfehlen, wenn man gerade im Prozess ist, ein Ziel zu entwickeln. Ist man aber schon mittendrin und möchte nun aufgeben, dann: Halt, Stopp! Aufgeben ist hier das Schlimmste, das du machen kannst. Warum? Damit „enttrainierst“ du deine Disziplin. Du lässt dir das durchgehen. Das wird sich dein Körper oder deine Psyche merken und es wird dir immer schwerer fallen, diszipliniert weiterzumachen.

Bewusstsein: Was hält dich von der Disziplin ab?

In solch einem Fall würde ich eher empfehlen, sich bewusst zu machen, was gerade alles dem im Wege steht, dass man das Ziel gerade nicht (mehr weiter) ausführen möchte.

Sind da neue Ziele? Dringendere Bedürfnisse?

Aber auch hier würde ich Vorsicht wahren und auch das erst bewusst machen, wenn man dieses eine Mal noch durchgeführt hat.

Beispiel: Du bist auf Zuckerdiät. Seit 2 Wochen. Und plötzlich willst du das nicht mehr. Dir geht’s schlecht und du denkst dir: Wieso eigentlich nicht eine Tafel Schokolade, ich habe genung lange durchgehalten! Nun solltest du nicht deinem aktuellen Bedürfnis nachgeben, da du so deine Disziplin schwächst. Halte es dieses eine Mal durch, bis das Bedürfnis nach der Schokolade abgeschwellt ist. Versuche dich vielleicht derweil abzulenken. Erst dann befasse ich damit, welches Bedürfnis dich von deinem eigentlichen Ziel abhalten wollte. Warum und, ob du dir sicher bist, dass du das Ziel nicht mehr länger als sinnvoll erachtest. Entscheide das aber bitte unbedingt erst in einem neutralen Zustand!

2. Ein Disziplintagebuch kann helfen

Wieder soll hier der Fokus auf das Ziel gelegt werden. Oder darauf, sich mit der Disziplin eingehend zu befassen und so zu lernen. Selbstreflexion.

Ich habe jedoch für mich gemerkt, und das muss jeder für sich individuell realisieren, dass das nichts für mich ist.

Das kann aus mehreren Gründen so sein.

Ich würde diese Methode eher jemandem empfehlen, der Verlockungen gut standhalten kann.

Ansonsten wird es einem schwerfallen, bei der regelmäßigen Reflexion der eigenen Disziplin standzuhalten:

Man wird immer wieder an das erinnert, was einen (ver)lockt. Man gerät all zu leicht in Versuchung.

Und ist man noch nicht stark genug, dann, ja dann…ihr wisst schon. Dann ist die Tafel Schokolade halt leer, obwohl man gerade stolz in sein Buch schreiben wollte, dass man es geschafft hat, durchzuhalten und heute keinen Gramm Zucker zu sich genommen hat.

Zweitens kann solch eine Beschäftigung leicht zu einer Art Plage werden. Nicht jeder reflektiert gerne sein Leben von vorne bis hinten (was ich allerdings äußerst bedauerlich finde!). Und was passiert dann? Das Gehirn denkt sich: Boah, hab keinen Bock mehr.

Aus ist die Geschichte der Disziplin. Mit dem Abschließen des Tagebuchs schließt man dann nämlich meistens auch den Versuch der Disziplin ab, da das Gehirn beides miteinander verknüpft. Schafft man diesen Tipp nicht, dann wird das mit der Disziplin wohl nichts mehr…

Tja. Und dann hat dieser Tipp einem wirklich geholfen…nicht.

3. Wirf alles weg, was dich in Versuchung bringt

Auch die Intention dahinter vesteht man schnell: Gibt es nichts in deiner Umgebung, was dich in Versuchung bringt, wirst du auch nicht undiszipliniert handeln. Du vergisst es einfach.

Aber abgesehen davon, dass das nicht bei jeder Disziplin hilft (Einen Marathon laufen. Was willst du da bitte schön wegwerfen? Höchstens das, was dich in Versuchung bringt, NICHT für den Marathon zu üben.)

Andererseits entwickelt man so nicht Disziplin.

Man vergisst lediglich das Nicht-diszipliniert-sein.

Das hat aber nichts mit Disziplin zu tun. Diszipin ist, zu widerstehen, wenn man die Tafel Schokolade sieht. Nicht, wenn es sie gar nicht gibt.

Aber dieser Schritt kann einem zeitweise helfen, sich daran zu gewöhnen, nicht Schokolade zu essen. Um dann, wenn man sie wieder sieht und in Versuchung gerät, leichter „nein“ zu sich selbst sagen zu können. Schließlich hat man sich das Schokoladeessen schon ein Stück weit abgewöhnt.

Und Gewöhnung ist bei Selbstbeherrschung immer ein großes Thema.

Auf Dauer würde ich diese Variante jedoch nicht empfehlen.

4. Gemeinsam Disziplin lernen

Dieser Tipp mag manchmal vielleicht helfen, wenn es zum Beispiel darum geht, gemeinsam joggen zu gehen, um die Gesundheit zu wahren.

Wie aber jeder von uns nur zu gut kennst, kann alles, was man gemeinsam macht, recht schnell in die Hose gehen. Man denke nur an das Konzept der Gruppenarbeit an der Schule…

Es besteht einfach die Gefahr der gegenseitigen Ablenkung.

Ablenkung davon, kontinuierlich sein Ziel zu verfolgen. Besonders beim Lernen…

5. Belohne dich regelmäßig

Das mit der Belohnung empfinde ich als ebenso kritisch wie das mit dem Wegwerfen von allem, was einen auch nur im Entferntesten in Versuchung bringen könnte.

Wenn man sich regelmäßig belohnt, schwächt man dann nicht seine Disziplin?

Ist die Disziplin nicht stärker, wenn man es auch ohne Belohnug schafft, das durchzuziehen, was man durchziehen möchte?

Ist dieses Eine-Belohnung-Benötigen, um weiterzumachen, kein Indiz für eine zu schwache Disziplin oder ein falsches Ziel?

Disziplin ist eine Kopfsache

Vor einer Woche habe ich am Messelauf teilgenommen. 5km laufen. Da ich leider schon lange nicht mehr sonderlich viel Sport treibe, war meine Angst davor berechtigt. Dennoch habe ich mich überwunden und teilgenommen.

Und ich muss sagen: Unübertrieben, nach den ersten 250 Metern konnte ich nicht mehr. Ich habe gespürt: Ich kann nicht mehr.

Aber ich bin nicht stehen geblieben. Ich habe weitergemacht. Ich wollte mir die Blöße nicht geben.

Nach 2 Kilometern war mir übel. Ich hatte das Gefühl, jeden Moment…nun ja.

Eigentlich hatte ich die Idee gehabt, mich mit Vokabeln abzulenken, die ich in meinem Gehirn immer wieder durchrattere. Lateinische Endungen deklinieren, wahlweise konjugieren oder so.

Daraus ist nichts geworden. Ich musste mich jede einzelne Sekunde daran erinnern, weiterzumachen. Eben nicht stehenzubleiben.

Ich habe sorgfältig darauf geachtet, nicht an Stehenbleiben zu denken. Ablenkung hat leider nicht funktioniert, also habe ich mir die ganze Zeit sagen müssen:

Du läufst weiter. Du schaffst das. Du kriegst das hin.

Hauptsache nicht die Worte „Stehenbleiben“ und „Aufgeben“ verwenden.

Nach 4 Kilometern war ich echt am Ende. Ich musste wortwörtlich die Zähne zusammenbeißen.

Und dann war ich durchs Ziel. 25:14min – keine Spitzenzeit. Aber was für mich in diesem Moment zählte, war sowieso nur, dass ich es geschafft hatte. Ich hatte es geschafft, obwohl ich schon nach 250 Metern das Gefühl hatte, nicht mehr zu können.

Denn ich habe mir gesagt: Hey, ich weiß, dass du nicht trainiert hast und unsportlich bist. Aber, erinnere dich: Ausdauer ist Kopfsache. Wenn du jetzt stehen bleibst, musst du akzeptieren, dass du mental schwach bist. Willst du das?

Das hat mich getrieben.

Keine Ausrede mehr

Was ich mitgenommen habe, weshalb dieser Blogbeitrag nun hier steht:

Ich habe in diesem Moment nicht ewig  geplant, diszipliniert zu sein. Ich habe nicht lange darüber nachgedacht, ob ich es jetzt vesuchen soll oder nicht. Und wenn ja, wie. Welche Tipps ich anwenden soll. Alles haargenau geplant, damit auch ja nichts schiefläuft.

Ich habe es einfach getan. Spontan.

Und ich glaube, dies ist ein Thema, bei dem man ausnahmsweise nur so weiterkommt:

Sich nicht ewig mit den Gedanken aufhalten. Einfach machen. Alles andere ist dem Untergang geweiht – man verliert sich in einer Ausrede.



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