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Englands Great West Way

Unser Roadtrip auf dem Great West Way: In 5 Tagen von London nach Bristol – auf der Straße, auf dem Wasser und auf der Schiene. Ein Südengland-Mosaik.

Der 2018 eröffnete Great West Way verbindet berühmte Orte wie Windsor mit dem nahezu unbekannten England – inspiriert von einer alten Handelsstraße des Landes.

Mit dem Zug käme ich in rund 90 Minuten von London Nach Bristol, doch der Great West Way lädt geradezu ein zum langsam Reisen. Mehr als 125 Stationen liegen an der Route, auf der man das wahre (und wenig touristische) Südengland erleben kann. Alle schaffe ich natürlich nicht in den fünf Tagen, an denen ich unterwegs bin, doch ich habe einen ganz guten Eindruck bekommen.

Windsor

The Langley

Mein erster Stopp: Windsor. Das Schloss der Queen, die Wachablösung … touristisches Pflichtprogramm halt. Aber erst morgen, den Abend verbringe ich inmitten einer ländlichen Idylle. Mein Quartier für die Nacht befindet sich quasi um die Ecke – und ist nicht minder sehenswert.

The Langley Hotel, ein ehemaliges Landgut des Herzogs von Marlborough, liegt in der Grafschaft Buckinghamshire. Zum Haus führt eine lange Eichenallee, umgeben von einem riesigen Park mit See, alten Bäumen und einer majestätischen Zeder am Eingang.

Erst zwei Tage zuvor hat das Hotel nach einer umfassenden Renovierung eröffnet. Der englische Rasen neben der imposanten Eingangstreppe braucht noch ein bisschen Zeit zum Wachsen.

Zum Dinner bleibe ich im Hotel. Das Konzept des italienischen Küchenchefs lautet: Food Sharing. Viele kleine Häppchen kommen als Vorspeisen auf den Tisch und jeder bedient sich nach Belieben. Auch auf der Weinkarte finden sich reichlich italienische Gewächse – und die Desserts sind der Hammer.

Das 2019 eröffnete The Langley
The Langley Restaurant

Windsor Castle

Spontan ins Castle? Keine gute Idee, wie die Schlange vor dem Eingang zeigt. Mit einer geführten Windsor-Tour könnt ihr diese jedoch prima umgehen.

Schloss Windsor ist das größte bewohnte Schloss der Welt, 150 Menschen leben hier. Die Queen selbst residiert in einem der Türme, wenn sie am Wochenende kommt.

Elf Uhr, Wachablösung, etwa 30 Minuten dauert die Show. Die Blaskapelle marschiert spielend durchs Tor, Skyfall, der Song aus dem James-Bond-Film. Stiefel knallen auf dem Pflaster, Kommandos brüllen durch die Luft, die Garde salutiert auf und ab, ohne dass erkennbar was passiert. Das scheint zur Zeremonie zu gehören wie die rote Uniform und die schwarze Bärenfellmütze. Wie sehen die darunter überhaupt was, so weit wie ihnen die Mütze ins Gesicht rutscht?

Die Menge drängelt aufgeregt an der Absperrung, Kameras klicken, ältere Damen rempeln für den besten Platz ihre Ellbogen in den Nachbarn. Wem der Trubel zu viel wird, kann in der St.-Georgs-Kathedrale ein paar ruhige Minuten verbringen. Harry und Meghan haben 2018 hier geheiratet, sie wohnen nicht weit entfernt in Frogmore Cottage.

Wachablösung

Volles Merchandising-Programm nebenan im Ward Shop: die Cocker Spaniel der Queen auf Kissen (natürlich nicht die echten), Socken mit Hundemuster, Tee und Biskuits – 2020 wird auch ein Café eröffnen im Schloss.

Das Städtchen Windsor hat sich auf den Rummel eingestellt. Jede Menge Souvenirgeschäfte verkaufen das übliche Royal-Zeugs, aber auch Wollschals und Decken aus Edinburgh – und Regenschirme.

Straße zum Windsor Castle
Pub in Windsor

Henley-on-Thames

Hobbs on Henley

Henley war früher ein wichtiger Inlandshafen an der unteren Themse. Heute finden auf dem Fluss internationale Ruderregatten statt. Wer nicht nur zuschauen will: Beim Rudder & Lunch Package geht’s erst ins Boot, anschließend Champagner schlürfen. Die Briten sind generell pragmatisch und ziemlich wasserfest, selbst bei 13 Grad wie an diesem Regentag laufen sie barfuß in Sandalen.

Kaum weniger typisch: der Afternoon Tea. Mit dem Boot tuckern wir von Henley westwärts auf der Themse. Auf dem Tisch Vintage-Etageren voller Sandwiches, Scones, Brownies, Erdbeeren und Toffees. Wir genießen Tee aus Sammeltassen mit Rosen und Goldrand, während millionenschwere Villen und viel grünes, flaches Land vorbei ziehen.

Bootstour mit High Tea in Henley-on-Thames

Stonor Park

Eines der ältesten, noch bewohnten Landhäuser in England steht im Stonor Park, einem beliebten Jagdrevier des Adels mit uralten Zedern, Buchen und Eichen. Kein Handyempfang, Funkstille im besten Sinne. Nur der Kies knirscht unter den Schuhen und Blätter rauschen im Wind.

Die Familiengeschichte reicht 800 Jahre zurück. Sonntagnachmittags sind Besucher im Haus willkommen. Regelmäßig finden Festivals, Oldtimer-Shows oder Kinoabende statt. Zum Park gehört heute ein kleines Bistro und ein Shop neben dem Besucherzentrum, in dem ihr euch mit Leckereien fürs Picknick eindecken könnt.

Stonor Park


The Angel on the Bridge

Eine Institution in Henley ist der 400 Jahre alte Pub auf der Themse-Brücke. Urgemütlich wie ein zweites Wohnzimmer mit schweren Ledersesseln im Chesterfield-Stil und blanken Holztischen. Blumenkästen rahmen die kleinen Fenster, eine kunterbunte Antwort auf das launische Wetter in England.

Welcher Ort wäre besser geeignet für Fish & Chips als dieser? Schellfischfilet in Bierteig gebacken mit dicken Pommes und Tatarsauce – nirgends hat mir das englische Nationalgericht besser geschmeckt.

Als Vorspeise empfiehlt die Chefin Ham Hock, eine Art Corned Beef mit Erbsen, das Apfel-/Zwiebelchutney serviert wird. Das dunkle, würzige Bier dazu kommt von der regionalen Brakspear-Brauerei. Und ist typisch schal, wie meist in England, weil ohne Druck gezapft wird.

The Angel Pub

Wiltshire

Honeystreet Mill Café, Kenneth-on-Avon-Canal

Marshall‘s Bakery liefert gerade frisches Brot als ich im Mill Café ankomme, direkt am Kenneth-on-Avon-Canal. Alles, was hier auf den Tisch kommt, ist regional, versichert Ann Myles. Ihr selbst gebackener Toasted Tea Cake zum Earl Grey schmeckt jedenfalls köstlich.

Vieles produziert die 13-köpfige Familie selbst. Auch Bio-Kosmetik und anderes, das man im angeschlossenen Shop kaufen kann.

Ann Myles, Honeystreet Mill Café am Kenneth-on-Avon-Canal
Kenneth-on-Avon-Kanal

Vaughan‘s Cookery School

Von Wiltshire haben die meisten wahrscheinlich noch nichts gehört. Die Region ist landwirtschaftlich geprägt, Touristen kamen bisher eher wenige.

Peter Vaughan würde das gern ändern. Der ambitionierte Koch kehrte nach seiner Ausbildung in London zurück in seine Heimat, weil er erkannte, was die Region vor allem auch kulinarisch zu bieten hat.

„Kochen ist die beste Art, unsere Region zu entdecken“, sagt er. „Nimm dir eine Schürze und dann zeige ich dir, wofür Wiltshire bekannt ist“. Zusammen backen wir in seiner Kochschule an diesem Vormittag Käse-Scones und bereiten dazu einen wunderbaren Cole Slaw. Dazu hat Peter langsam im Ofen gegarte Schweineschulter vorbereitet. Einfach kann manchmal so viel mehr sein.

Chef Peter Vaughan
Zu den Scones gibt’s selbst gemachten Cole Slaw und Kartoffelsalat
Käse-Scones backen in Vaughan’s Cookery School

a’Becketts Vineyard

England und Wein? Ja, sogar Champagnerhäuser wie Taittinger oder Duval Leroy haben sich im hügeligen Süden von England schon Weinberge gesichert, um feinen Sparkling Wine zu produzieren. Klima und Böden ähneln denen in der Champagne sehr stark. 90 Weinberge gibt es in der Region bereits, doch nicht alle Winzer keltern selbst.

Paul Langham schon. Im A’Becketts Vineyard wachsen klassische Rebsorten wie Chardonnay und Pinot Noir neben neuen Sorten, die resistenter sind gegen Wetterkapriolen und deren Folgen. Stilistisch erinnern Pauls Weine, die er nach Familienmitgliedern nennt, mit ihrer cremigen Art an französische Burgunder.

Paul Langham, A’Becketts Vineyard

Bowood House

England ohne Gärten? Undenkbar! Einige der schönsten liegen natürlich auch am Great West Way. Bowood House zum Beispiel.

Ein Anwesen wie ein Märchenschloss, direkt aus einem Rosamunde-Pilcher-Roman entsprungen. Steinmauern mit Patina, üppig mit Rosen bewachsen, in Creme, Lachs, Gelb und herrlich nach Orangenblüten duftend. 2014 wurde Bowood House von der Historic Houses Association ausgezeichnet als Garten des Jahres.

Am Himmel hängen dicke, schwarze Wolken, ein kräftiger Schauer lässt nicht lang auf sich warten. Das Wetter wechselt schnell hier, manchmal mehrmals am Tag. Die Engländer sehen’s positiv: no rain, no flowers.

In der Zwischenzeit kann man ja in der Orangerie die Ausstellung besuchen und mehr über die Lansdowne Family erfahren.

Die beste Zeit, um all die Rosenpracht zu bewundern, ist der Juni, sagt der Gärtner, was ich absolut bestätigen kann. Ansonsten ist aber auch der Herbst eine wunderbare Reisesaison.

Bowood House Garden
Englische Rosenpracht in Bowood

Mit der Great Western Railway nach Bath

Nach einem Mini-Abstecher nach Swindon steige ich am nächsten Tag in den Zug nach Bath.

Wer will, kann den gesamten Great West Way mit der Bahn fahren – und mit dem Hop-on/Hop-off-GWR-Pass nach Belieben unterbrechen. Mit etwas Glück trefft ihr eine so super sympathische Zugbegleiterin wie Amie, die in der ersten Klasse nicht nur Cookies und Tee serviert, sondern auch noch ihre Lieblingsorte entlang der Strecke verrät.

Mit der Great Western Railway weiter nach Bath und Bristol

Für Bath hatte ich definitiv zu wenig Zeit. Plant gern einen ganzen Tag ein, um die Römischen Bäder, das Fashion Museum und die hübsche Innenstadt zu entdecken.

Vielleicht noch einen High Tea im Pump House – immer wieder ein Erlebnis. Die Mischung aus Touristen, Einheimischen (ja, die kommen tatsächlich immer noch gern hier her) und ein Hauch Vergangenheit wirken äußerst charmant. Und der Pianist spielt My Heart Will Go On. Hach …

Pump Room Bath
Das „Halbmond“-Gebäude in Bath

Bristol

Bis Bristol sind es von Bath nur noch 15 Minuten mit dem Zug. Schade, ich wäre gern noch ein bisschen länger gefahren mit der Great Western Railway.

Mehr Kathedrale als Bahnhof: die Temple Mads Station beeindruckt. Wie eigentlich die ganze Stadt überrascht. Da wäre der Millenium Square mit der Spiegelkugel, in der ein 3D-Planetarium Platz findet. Die Promenade mit Architektur der Zukunft, die neu gestaltete Waterfront am Avon mit vielen Restaurants und Bars. Der Harbourside Walk wurde ursprünglich bereits 1804 angelegt, um von den Gezeiten unabhängiger zu sein.

Bristol
Bunte Häuser von Clifton

Bristol wirkt jung, dynamisch und sehr grün. Eine der klassischen Sehenswürdigkeiten ist die SS Britannia, das einst größte Segelschiff aller Zeiten mit zusätzlichem Dampfantrieb. Ganze 32 Mal umsegelte die SS Great Britain die Erde, ehe sie am Kap Hoorn kenterte. Hundert Jahre später wurde das Wrack geborgen und restauriert.

St. Nicholas Market

Ich lasse mich ein wenig durch die Stadt treiben. Nahe der Altstadt, in der alten Getreidebörse, lockt der St. Nicholas Market zu einer kulinarischen Weltreise. Am Eingang verströmen gegrilltes Lamm und Huhn den würzigen Duft des Orients. Drinnen geht’s munter weiter in die karibische Küche (in Bristol gibt es übrigens eine aktive Reggae-Szene), ans Mittelmeer mit köstlichen Tapas direkt bis in den Kuchenhimmel. Am Stand von Ahh Toots verkaufen sie allerdings keine Torten und Cakes, sondern nicht weniger als: Kunstwerke. Zum Anbeißen lecker!

Tellerklappern, Gelächter überall, die Stimmung ist fröhlich, man trifft sich hier zum Feierabend auf ein Bier oder zum Aperitif. Die Abendsonne schickt ein paar wärmende Strahlen, doch dank dem Glasdach macht’s hier auch bei Regen Spaß.

St. Nicholas Market Bristol
Kuchenhimmel auf dem St. Nicholas Market

Street Art 

Eine andere Art, Bristol zu entdecken, ist eine Street-Art-Tour. Schließlich stammt einer der bekanntesten Graffiti-Künstler von hier: Banksy.

Graffiti ist mehr als Kunst, die meisten Bilder enthalten eine Botschaft, kritisieren Gesellschaft oder Politik. Als Banksy angefangen hat, war das Sprayen illegal, deshalb hat er sein Fenster-Graffiti auch nicht signiert. Er fürchtete, dass es entfernt wird.

Bristol Street Art

Weitere Informationen und persönliche Tipps

Great West Way:

Die Route führt auf den knapp 200 Kilometern von London nach Bristol durch sechs Countys und kann sowohl mit dem Auto als auch mit der Great Western Railway erkundet werden. Oder auf dem schiffbaren Teil von Themse und dem Kenneth-on-Avon-Canal. Das Great Western Railway Ticket ist online buchbar und kostet 120 Euro (Stand 2019).

Alle Infos zur Route unter www.greatwestway.co.uk

Hinkommen:

Günstige Flüge gibt’s von verschiedenen deutschen Städten nach London, ab Bristol könnt ihr entweder ebenfalls nach Hause fliegen oder wie ich mit der Bahn via Reading zurück nach London-Gatwick fahren.

Übernachten:

  • The Langley, Avenue Drive, Uxbridge Road, Iver  SL3 6DU
  • Henley Greenlands Hotel, Henley Business School, Henley-on-Thames, RG9 3AU
  • Cricklade House Hotel, Common Hill, Cricklade, The Cotswolds, SN6 6HA
  • The Bristol Hotel, Prince St, Bristol BS1 4QF

Essen & Trinken:

  • The Langley, Avenue Drive, Uxbridge Road, Iver  SL3 6DU
  • Vintage Afternoon Tea in Hobbs of Henley, Station Rd, Henley-on-Thames RG9 1AZ
  • The Angel on the Bridge, Thameside, Henley-on-Thames RG9 1BH
  • Honeystreet Mill, Honey Street Village, Pewsey Vale, Wiltshire, SN9 5PS
  • Vaughan‘s Kitchen, Unit 8, White Horse Business Centre, Hopton Industrial Estate, Devizes SN10 2HJ, www.vaughanskitchen.co.uk
  • A’Becketts Vineyard, High St, Littleton Panell, Devizes SN10 4EN, www.abecketts.co.uk
  • Bowood House and Gardens, Old Rd, Derry Hill, Calne SN11 0LZ
  • Swindon Designer Outlet, Kemble Drive, Swindon, Wiltshire, SN2 2DY
  • Roman Baths/The Pump Room, Abbey Church Yard, Bath BA1 1LZ
  • Bei den Locals beliebt ist Pieminister, eine Restaurantkettte, die in Bristol gegründet wurde. 4x in Bristol, z.B. 7 Broad Quai oder auf dem St. Nicholas Market
  • Bristol Old Vic, King Street: Im Foyer des alten Theaters wurde ein hübsches Restaurant eingebaut, das auch architektonisch sehenswert ist und wie das Theater selbst auf 3 Rängen spielt. In der Pause öffnen sich Türen und Fenster wie in einem Haus und plötzlich wandelt sich das Ganze und der Gast sitzt auf der Bühne. Der Zuschauerraum von 1756 ist noch im Original erhalten, in den Vorstellungspausen könnt ihr einen Blick reinwerfen. Die Speisekarte bietet gute, bodenständige Küche (z.B. glasierter Schweinebauch, Bier und Cider).
  • St. Nicholas Market, The Corn Exchange, Corn St, täglich bis 17 Uhr


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