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Glückskinder: Verwirrung, bester Zustand

Eines sei goldrichtig: Verwirrung fördert Durchbrüche, sagt Hermann Scherer in seinem Buch “Glückskinder”. Auf der Suche nach Antworten haben wir uns mit dem Managementberater drei Wege angeschaut. Über Mittelmäßige, Ambitionierte und “Durchbrüchige”…

Rosa Louise Parks tat etwas, was man nicht tut: Sie weigerte sich, aufzustehen, als ein Weißer ihren Sitzplatz im Bus für sich beanspruchte. Und das wirkte wie der berühmte Schlag des Schmetterlingsflügels am Amazonas, der das weltweite Wetter ändern kann: Rosa Parks änderte die Geschichte.

Ihre eigene Geschichte, die von Martin Luther King, die von Barack Obama und die Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika.

Der Busfahrer rief damals am 1. Dezember 1955 in Montgomery, Alabama, die Polizei und Rosa Parks wurde verhaftet. Sie wurde wegen Störung der öffentlichen Ruhe verurteilt und musste 14 Dollar Strafe zahlen. Das rief Martin Luther King auf den Plan, zu diesem Zeitpunkt ein relativ unbekannter Baptistenprediger. Er organisierte mit seiner Montgomery Improvement Association den Montgomery Bus Boycott.

“Brüche” in Biographien

Über ein Jahr lang protestierte die schwarze Bevölkerung von Montgomery gegen die Rassentrennung und weigerte sich, Bus zu fahren. Eine Lawine der Zustimmung und Unterstützung brandete über die Stadt hinweg. Am Ende waren die Behörden gezwungen, die Rassentrennung innerhalb von Bussen und Zügen aufzugeben. Diese Aktion war der Durchbruch für Martin Luther King und die Bürgerrechtsbewegung.

Die Bruchlinie, die damals in den Fünfzigern in Alabama begann, verläuft quer durch ein halbes Jahrhundert, bis zum 20. Januar 2009, dem Tag der Amtseinführung des 44. Präsidenten der Vereinigten Staaten in Washington. Rosa Parks starb 2005. Sie hat den Sieg des ersten Afroamerikaners im Präsidentschaftswahlkampf ihres Landes leider nicht mehr erlebt.

Die Geschichte ist immer eine Geschichte der Brüche. Um Mit Der Geschichte zu brechen braucht es mehr – mehr Mut, mehr Chaos und ein wenig mehr Verwirrung.

1. Weg: Die Mittelmäßigen

Der geht so: Eine mittelmäßige Schokolade kommt eines Tages an das Ende Ihres Produktlebenszyklus. Das heißt nichts anderes, als dass die Absatzzahlen nicht mehr so toll sind und der wirtschaftliche Exitus droht.

Darum beginnt der Hersteller gerade noch rechtzeitig, das Produkt zu verbessern. In der Fachsprache nennt man das dann Relaunch. Die Schokolade wird noch zarter. Die Verpackung wird auf modern getrimmt. Die Bruchstellen lassen sich noch leichter brechen.

Die Nusstückchen sind einen Tick gröber, weil die Marktforschung das nahe gelegt hat. Die geliftete, mit Botox unterspritzte und neu eingekleidete Schokolade ist nach ihrem Anti-Aging-Programm dann wieder genau da, wo sie vorher war: Im Mittelmaß. Aber immerhin: Sie hält sich.

Auch Menschen agieren so, im Beruf nennt man das Karriereplanung. In der Karriere strebt man nach Verbesserung, auch wenn man selbst keine bringt, bei Unternehmen verändert man das Portfolio, bei Fußballmannschaften trainiert man fleißig und kauft im Rahmen der Möglichkeiten im Sommer einen neuen Spieler. Man unterzieht alles einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess und bleibt am Ball.

Wenn Sie sich einen Menschen, eine Marke, ein Unternehmen von oben betrachtet vorstellen, sehen Sie einen Zeitstrahl, die Jahre des Lebens, die vergangenen und vielleicht auch die hoffentlich noch vor uns liegenden. Und Sie sehen: den Fortschritt, die jährliche Verbesserung, die Veränderung, den „Zuwachs“.

Nun, wenn wir in den letzten Jahren immer schön kontinuierlich jedes Jahr fünf Prozent Wachstum hatten, dann liegt es nahe, auch für das kommende Jahr die fünf Prozent zu planen, oder? Nein, noch besser: Sie lesen gerade eine gutes Buch, sind motiviert eine Steigerung von sechs, sieben oder gar acht Prozent einzuplanen.

Gratuliere! Ganz egal ob es dabei um Ihre Umsätze, Marktanteile oder persönlichen Fähigkeiten oder Ihr Lebensgefühl geht. Das ist eine ganz typische Entwicklung. Jedes Jahr geht es wieder einen Schritt voran. Mensch, Marke oder Unternehmen wächst und gedeiht. Es ist ein gutes Businessmodell, positiv und seriös.

“Business as usual”

Business as usual. Daran ist nichts Schlechtes – im Gegenteil – viele wären froh wenn die persönliche oder unternehmerische Entwicklung so wäre. Es ist nur – langweilig!

2. Weg: Die Ambitionierten

Dabei geht es darum, mit der Verbesserung des Produkts, der Performance, des Lebens schon zu beginnen, bevor es bereits wieder bergab geht. Am liebsten möchte man schon am Höhepunkt der Entwicklung eingreifen und alles so verbessern, dass ein Kurvenabfall ausgeschlossen ist.

Statt die Schokolade zarter zu machen wird sie mit einer Zartcreme gefüllt, statt Botox gibt’s Sport oder das Skalpell und für die Karriere besucht man frühzeitig eine dieser zahlreichen Managerlounges und Netzwerktreffen in denen man sich (un)gezwungen, (un)beschwert, (un)gestört unterhalten und anbiedern kann. Unternehmer machen das, was in der Fachsprache Benchmarking heißt.

Angenommen, Sie würden sich in einem Wettrennen so perfekt am Führenden orientieren, dass Sie es ihm gleich tun könnten und alle anderen im Feld überholten. Auf welchem Platz wären Sie dann, wenn Sie schließlich den Zweitplazierten überholt hätten? Eben: Zweiter. Und dann? Können Sie auf diese Weise Erster werden?

Man kupfert also heute ab, was die erfolgreichsten vorgestern als „Best Practice“ initiiert haben, um gestern an der Spitze zu stehen. Damit schafft man es dann morgen vielleicht an die zweite, dritte oder vierte Position, denn der Marktführer ist ja mittlerweile schon wieder Lichtjahre weiter.

Aber immerhin! Zweiter, Dritter oder Vierter ist solange nicht Letzter, solange es Fünfte, Sechste und Siebte gibt, die es nicht einmal schaffen, die gestrigen Erfolgsstrategien zu kopieren.

Das Problem ist: Gekauft wird trotzdem beim Ersten. Das ist nicht nur das Prinzip im Business, sondern auch beim Wettkampf der Spermien um die Eizelle, bei der Eheschließung oder beim Präsidentschaftswahlkampf.

Wem der ambitionierte Weg zu aufregend ist, der wählt gar statt „Best Practice“ die allgemein anerkannte „Good Practice“ – nur um ja keine Verwirrung zu stiften!

Mit anderen Worten: Der macht, was man halt macht. Und bekommt, was man halt bekommt: durchschnittliche Erlöse, durchschnittliche Anerkennung, durchschnittliche Aufmerksamkeit. Ein Glückskind wird man so allerdings nicht.

3. Weg: Die “Durchbrüchigen”

Glücklich? Das ist eine tägliche Einstellungssache. Buch kaufen…

Das erfordert unwahrscheinlichen Mut. Und totale Verwirrung. Denn diesen Weg zu beschreiten, bedeutet, völlig irrational eine radikale Veränderung zu versuchen, während der Gipfel des Erfolgs aus den Entscheidungen der Vergangenheit noch gar nicht erreicht wurde.

Mitten auf dem Erfolgspfad schlägt sich ein solcher Durchbrecher in die Büsche und versucht das Unmögliche. Dazu braucht es mehr als rationale Entscheidungskraft. Dazu braucht es den Mut, mit der eigenen Geschichte zu brechen.

In meiner Arbeit mit der Management Design Group trafen wir Helena. Sie war eine junge, engagierte Trainerin aus Schweden, die den Kurs „Kommunikation- und Menschenführung“ und den „HIP High Impact Presentation Workshop“ anbot.

Wie bei vielen Trainern scheiterte es bei Helena weniger an der Dienstleistungsqualität als beim Verkauf der Dienstleistung. Der auf 16 Teilnehmer limitierte, dreitägige Wochenendkurs wurde von ihr – wie von den meisten Trainern – zweimal jährlich angeboten. Zwei durchgeführte Veranstaltungen mit je 16 Teilnehmern brachten bei gut 2.000 Euro Kursgebühr über 64.000 Euro in Helenas Kasse. Damit befand sich Helena, zusammen mit ihren anderen Aktivitäten schon im engagierten Segment der jährlich zelebrierten Umsatz-Ranking-Liste der über 4000 Trainer.

Und Helena war ambitioniert. Sie hatte den Wunsch, ihre Umsätze mit dem HIP-Programm zu steigern. Also fragten wir sie, welche Ziele sie denn mit der Beratung erreichen möchte. Helena wünschte sich statt bisher zwei gleich vier, am liebsten fünf der HIP-Kurse anzubieten! Immerhin eine Umsatzsteigerung von 100 bis 150 Prozent. Ein ehrgeiziges Ziel!

Ehrgeizige Ziele

Mit fünf angeboten Kursen pro Jahr wäre sie im Feld der Anbieter in der Spitzengruppe gelandet. Zumindest in diesem Segment hätte sie sich damit einen guten Platz in der jährlichen Umsatzstatistik gesichert. Ein guter Plan. Völlig klar und rational, realistisch – und doch ehrgeizig.

Ehrgeizig? Wir schürten die Verwirrung. Wir provozierten Helena: „Das ist doch kein Ziel!“ Eine Umsatzsteigerung von 150 Prozent ist kein Ziel – was dann? Helena war verwirrt. Nach einer Reihe von Provokationen kam unsere entscheidende Frage an Helena: „Wie viele Kurse hätten Sie denn am liebsten pro Jahr laufen?“

Helena erwiderte trotzig: „Nun, es ist ein Wochenendkurs, jeweils von Donnerstag bis Samstag, es gibt 52 Wochenenden im Jahr. Wenn wir Weihnachten und Ostern abziehen, dann bleiben 50 Wochenenden frei, das wären 50 Kurse an 50 Wochenenden. Ist das ein Ziel?“

„Ja, das hat noch keiner geschafft. Das ist ein Ziel.“Ein Jahr später führte Helena tatsächlich 50 ausverkaufte HIP-Kurse pro Jahr in Schweden durch und katapultierte sich mit großem Vorsprung auf Platz 1 der weltweiten Umsatzstatistik mit einem neuen Rekord.

Über den Autor: Hermann Scherer hielt schon 2.000 Vorträge vor rund 400.000 Menschen, schrieb 30 Bücher in 12 Sprachen. Er lebt in Zürich und fühlt sich in der Welt zu Hause. Als Business-Experte zählt er “zu den Besten seines Faches”, meint die Süddeutsche Zeitung. Glückskind! Glückskind?

Artikelbild: andreusK/ Fotolia.com

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