Get Even More Visitors To Your Blog, Upgrade To A Business Listing >>

“Kann machen was ich will”: Regeln brechen, um Karriere zu machen…

Interview mit Markus Czerner zu seinem Buch „Ignore the rules – Warum wir es wieder wagen müssen, Regeln zu brechen“. Wieso, weshalb, warum?

Karriere-Einsichten: Herr Czerner, in Ihrem neuen Buch „Ignore the rules“ beschreiben Sie, warum wir es wieder wagen müssen, Regeln zu brechen. Warum sollten wir es denn wagen?

Markus Czerner: Regeln geben Struktur und Halt. Sie bringen Ordnung in unser Leben. Doch Regeln haben auch eine andere Seite: Sie sind ein Machtinstrument und limitieren unser Denken und Handeln. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Mit Regelbruch rufe ich nicht dazu auf, Gesetze zu brechen. Es gibt ein viel engmaschigeres Netz aus soziokulturellen oder auch historischen Regeln. Viele davon werden einfach von uns – oft sogar unbewusst – befolgt. Es sind Regeln, die für uns in den Bereich der Naturgesetze rücken. Unumstößlich, scheinbar immerwährend. Wir befolgen sie brav, ohne sie zu hinterfragen. Wieso, weshalb, warum? 

Und da sind wir beim entscheidenden Punkt: Es könnte auch alles ganz anders sein. Erst wenn es uns gelingt, uns aus dem eigenen Kokon der Regeltreue zu befreien, ergeben sich neue Chancen, neue Möglichkeiten und ganz neue Wege. So winken mit dem Regelbruch plötzlich die lange vermissten, neuen, positiven Zukunftsperspektiven. 

Buch kaufen

Karriere-Einsichten: Warum leben denn so viele Menschen ein regelbewusstes Leben?

Markus Czerner: Zum einen, weil wir in einer regulierten Gesellschaft leben, zum anderen gibt es den meisten Menschen ein gutes Gefühl, nach einem festgelegten Verhaltensmuster zu handeln, sollte in Zukunft etwas Ungewisses passieren. 

Das Problem dabei ist, dass die Zukunft die Zukunft ist. Sie ist nicht vorhersehbar. 
Regeln für die Zukunft festzulegen macht nur dann Sinn, wenn man in einer perfekten Welt lebt. Das tun wir aber nicht, wir leben nicht unter Laborbedingungen. Es ist nicht möglich, alles komplett zu überschauen. Die heutige Zeit ist geprägt von permanentem Wandel. Das führt dazu, dass Regeln im Weg stehen können oder angepasst werden müssen, weil sie sich als nicht mehr nützlich herausstellen. Diese Flexibilität ist uns größtenteils abhandengekommen.

Es wird versucht, in der Gegenwart die Zukunft zu regeln, ohne alle verfügbaren Informationen zu haben. Niemand kann in die Zukunft schauen. Natürlich sind gewisse Tendenzen absehbar, mehr aber auch nicht. Dennoch wird es gemacht, denn es gibt uns Sicherheit. 
Für diese Art des Handelns bezahlen wir einen hohen Preis, denn es beraubt uns unserer Flexibilität und Anpassungsfähigkeit. Irgendwann stellen wir fest, dass ein regulierter Prozess gar nicht in die tatsächliche Realität passt – und was machen wir? 
Anstatt den regulierten Prozess aufzugeben, ignorieren wir die Realität. 

Karriere-Einsichten: Gilt das auch für Unternehmen? Hier wird ja heutzutage so gut wie alles reguliert.

Markus Czerner: Das gilt ganz besonders für Unternehmen. Seit vielen Jahren ist »Compliance« ein Top-Thema in Unternehmen und Konzernen. Einfach gesagt, bedeutet Compliance zunächst die Einhaltung aller gesetzlichen Bestimmungen durch Unternehmen. Dann kommen aber noch individuelle Unternehmensregeln hinzu, welche die Mitarbeiter einzuhalten haben. 
Stellen Sie sich vor, Sie bekommen von einem Geschäftspartner nach Abschluss eines erfolgreichen Projekts als Dankeschön eine Uhr im Wert von 350 Euro geschenkt. Dürfen Sie sie annehmen? 

Compliance-Regeln gegen Korruption

Das hängt von Ihrem Arbeitgeber und dem dort herrschenden Compliance ab. Handelt es sich um einen großen Konzern, wird es wahrscheinlich eine Regel geben, wie Sie sich in dieser Situation zu verhalten hast. Oftmals sind Geschenke von Geschäftspartnern und Kunden nur in Höhe eines bestimmten Warenwertes anzunehmen. Im Prinzip schreibt der Arbeitgeber Ihnen vor, wie Sie sich zu verhalten hast, sollte eine bestimmte Situation eintreffen.

Es wird viele geben, die ihrem Arbeitgeber dankbar sind, ein vorgefertigtes Verhaltensmuster für diese Situation vorgelegt zu bekommen – und genau da ist das Problem. Compliance ist vom Grundsatz her ein starkes und wertvolles Werkzeug. Es verhindert unter anderem die Bildung von Kartellen oder Preisabsprachen zwischen Konkurrenten. Dem gegenüber stehen allerdings die unternehmensinternen Regeln: Sie stehen im Weg und nehmen Mitarbeitern die Fähigkeit des Denkens.

Nach Abschluss eines erfolgreichen Projektes sollte jeder erwachsene Mensch selbst entscheiden können, ob er eine Uhr als Dankeschön einer guten Zusammenarbeit annimmt oder nicht. Das Projekt ist abgeschlossen und ein Geschenk verfolgt nicht den Hintergedanken der Bestechung. Nur welche Optionen bleiben einem Unternehmen, wenn die Mitarbeiter vor lauter Regeln nicht mehr selbst denken können?  Es ist ein Teufelskreis mit weit reichenden Folgen.

“Teufelskreis mit weit reichenden Folgen”

Karriere-Einsichten: Sollten Mitarbeiter also gezielt Regeln ihres Arbeitgebers brechen? Das könnte ja im schlimmsten Fall die Kündigung bedeuten … 

Die Frage kann man nicht mit einem eindeutigen »Ja« beantworten. Fakt ist aber, dass immer mehr Unternehmen Regelbrecher als Mitarbeiter suchen. Regelbrecher handeln nicht nach üblichen Denkmustern, sondern agieren »out of the box«. In der Wirtschaft werden seit Jahren immer häufiger Quereinsteiger gesucht, in der Hoffnung, dass sie anders denken als jemand, der die Regeln der Branche oder des Marktes seit Jahren befolgt.

Regelbefolgung führt zu einer eingeschränkten Art des Denkens. Unternehmen erhoffen sich durch Quereinsteiger, den Blick über den Tellerrand und das Vorantreiben von Innovationen. Wer diese Fähigkeit besitzt, bricht mit Paradigmen und ändert mentale Schemata. Letztlich wünscht sich jedes Unternehmen Innovationen und Fortschritt, was ohne Regelbrecher nicht möglich ist. 

Karriere-Einsichten: Sie schreiben, dass „Work-Life-Balance“ eine Regel ist, die, Ihrer Meinung nach, keine Daseinsberechtigung hat. Wieso nicht, wo sich doch die meisten Menschen genau das wünschen?

Markus Czerner: Die breite Masse folgt der Regel, dass Arbeit keinen Spaß machen darf. Man jammert über den Job und zählt die Tage bis zur Rente. Erst dann erlaubt man sich, überspitzt gesagt, das Leben zu genießen. 

Mitarbeiter im »Gleichgewicht«

Leider tun wir als Gesellschaft auch alles dafür, die Regel »Arbeit macht Spaß« nicht gelten zu lassen. Arbeitgeber wollen Arbeitnehmern eine gute Work-Life-Balance bieten. Es wird sich darauf fokussiert, dass die Mitarbeiter im »Gleichgewicht« stehen. Dahinter verbirgt sich die Idee, dass glückliche und ausgewogene Mitarbeiter motivierte und produktive Mitarbeiter sind. Gleichzeitig erwarten Arbeitnehmer von einem Arbeitgeber eine gesunde Work-Life-Balance, denn auch Ihnen ist ein gesundes Verhältnis zwischen Arbeits- und Privatleben wichtig. Hier treffen Angebot und Nachfrage aufeinander. 

Wagt man einen Blick hinter die wirklichen Motive der Work-Life-Balance, lässt sich folgende These aufstellen: »Die Work-Life-Balance ist für Menschen da, die ihren Job nicht mögen.« 
Wer seinen Job liebt, wen die tägliche Arbeit erfüllt, der braucht keine Work-Life-Balance. Daraus lässt sich eine gewinnbringende Regel ableiten: »Wem eine Work-Life-Balance wichtig ist, hat den falschen Job.«

Karriere-Einsichten: Besonders junge Menschen haben ihre Karriere schon durchgeplant, bevor sie überhaupt gestartet ist. Sind solche Pläne auch Regeln und wenn ja: wie nützlich sind sie? 

“Wir wollen nichts dem Zufall überlassen”

Markus Czerner: Ja, Pläne sind Regeln, nach denen wir leben. Bis zu einem gewissen Punkt sind solche Regeln auch gut. Ab einem gewissen Punkt, nämlich dann, wenn wir zu ehr darauf beharren, schaden sie uns. Mit Plänen wird versucht, krampfhaft die Kontrolle über sein Leben zu haben. Leider geben wir uns dadurch keinen Raum mehr für Zufälle. Genau deswegen werden ja Pläne geschmiedet: Wir wollen nichts dem Zufall überlassen.

Zufall bedeutet Risiko und das wollen wir nicht eingehen. Vielmehr wird Sicherheit angestrebt – und was gibt einem mehr Sicherheit, als ein gut durchdachter Plan? Natürlich ist es wichtig, eine Vision und Ziele im Leben für die eigene Karriere zu haben, aber wir sollten nicht um jeden Preis daran festhalten.

Vision und Ziele im Leben für die eigene Karriere haben

Ich doziere seit vielen Jahren an Hochschulen. Kurz vor Studienschluss frage ich meine Studierenden gerne, wie es für sie im Leben weitergeht. Viele haben nicht nur die nächsten Monate, sondern ihr ganzes Leben komplett durchgeplant. Ob der zukünftige Arbeitgeber, das monatliche Gehalt oder das Alter für die Familienplanung – es gibt scheinbar einen detaillierten Plan. Solche Pläne sind aber nicht mehr als Regeln, nach denen man sein Leben ausrichtet. 

Ich frage mich dann immer, woher ein 20-jähriger Mensch wissen möchte, in welchen Branchen sie ihr Geld verdienen wollen oder welcher Arbeitgeber am besten zu ihnen passt, besonders bei den unzähligen Möglichkeiten der heutigen Zeit. 

Ich sage nicht, dass Pläne schlecht sind – das sind sie nicht. Pläne sind selten das Problem. Das Problem sind die Menschen, die nichts mehr ohne Pläne machen können. Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass die Standard-Antwort auf das Ungewisse »Wir brauchen einen Plan« ist? 

Damit wollen wir uns Gewissheit verschaffen, nicht urplötzlich mit unvorhergesehenen Dingen konfrontiert zu werden, sodass wir nicht wissen, was zu tun ist. Dabei vergessen wir nur einen entscheidenden Punkt: Es gibt keine Gewissheit, außer dass das Leben nicht nach Plan funktioniert. Wir können alles durchplanen, aber es kommt immer anders als wir denken. 

Flexibilität, Chancen wahrzunehmen

Damit berauben wir uns jeglicher Flexibilität, Chancen überhaupt wahrzunehmen. Es wird etwas definiert, von dem man glaubt, dass es gut für einen ist, ohne es tatsächlich zu wissen. Es werden in der Gegenwart Verhaltensregeln für die Zukunft aufgestellt. Nur was, wenn es sich nicht so entwickelt, wie erwünscht?

Karriere-Einsichten: Jetzt mal knallhart auf den Punkt gebracht: Wer Karriere machen und groß hinaus möchte, sollte welche Regeln brechen?

  1. Bullshit-Rule #1: Vermeide Fehler. Diese Regel verhindert Entwicklung. Mache Fehler und lerne daraus!
  2. Bullshit-Rule #2: Wenn es beim ersten Mal nicht klappt, lass es sein. Diese Regel ist der größte Erfolgskiller überhaupt. Es hat beim ersten Mal nicht geklappt? Versuche es so lange, bis es klappt!
  3. Bullshit-Rule #3: Sag immer die Wahrheit. Richard Branson hat aus einer Telefonzelle die berühmtesten Menschen der damaligen Zeit angerufen, um sie als Kooperationspartner zu gewinnen. Er erzählte ihnen, dass er grad aus seinem Büro anruft und eine Sekretärin hat. Er hatte weder ein Büro noch eine Sekretärin. Deswegen rief er ja aus einer Telefonzelle an. Aber glaubst du, er hätte auch nur einen Cent an Spendengelder bekommen, wenn er die Wahrheit gesagt hätte?
  4. Bullshit-Rule #4: Ich bin zu alte dafür. Eine schöne Regel unserer Gesellschaft, die für nahezu alles als Ausrede durchgeht. Man ist nie zu alt für etwas. Du willst was machen? Dann los!
  5. Bullshit-Rule #5: Du brauchst einen Plan. Brauchst du nicht. Ergreife die Chancen, die sich dir bieten, auch wenn sie nicht Teil des Plans sind. Pläne berauben uns nur unserer Flexibilität und Anpassungsfähigkeit.

Artikelbild: Katrina Wright/ Unsplash

The post “Kann machen was ich will”: Regeln brechen, um Karriere zu machen… first appeared on Karriere-Einsichten.



This post first appeared on Start, please read the originial post: here

Share the post

“Kann machen was ich will”: Regeln brechen, um Karriere zu machen…

×

Subscribe to Start

Get updates delivered right to your inbox!

Thank you for your subscription

×