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Goethes Fäuste

Goethes Fäuste – der Titel dieser Textsammlung entstand in einer Runde von Freunden, die sich zu einem langen Abend zusammengefunden und dabei (zum wiederholten Mal) den 1960 von Peter Gorski gedrehten Faust-Film mit Will Quadflieg und Gustaf Gründgens als Faust und Mephisto angesehen hatten. In der anschließenden Debatte über die schauspielerischen Leistungen der beiden Protagonisten (nicht zu vergessen natürlich auch die legendäre Elisabeth Flickenschildt als Marthe Schwerdtlein) sagte plötzlich jemand aus heiterem Himmel »Goethes Fäuste«, und der anwesende Westend-Verleger Markus J. Karsten reagierte sofort verlegertypisch: »Goethes Fäuste – fabelhaft, lasst uns bitte ein Buch mit diesem Titel machen.« Im nächsten Augenblick trug er mir die Herausgeberschaft an, die ich, dummerweise ohne einmal eine Nacht darüber zu schlafen, annahm. Der Titel hatte seinen Reiz, dem ich erlag.

Natürlich wusste ich, dass Goethe in seinem Werk das Zeigen von Fäusten vermieden und sich selbst bei emotional aufgeladenen Konflikten eher als eleganter Fechter (der deutlich mehr mit dem Florett denn mit Säbel oder Degen unterwegs war) gezeigt hatte. Aber es reizte mich doch, noch einmal in die Schriften Goethes einzutauchen und den Autor da aufzuspüren, wo er kämpferisch, aufbrausend, laut und heftig, frech und mahnend, ernst bis fassungslos aufgetreten war. Was er dabei seinen Zeitgenossen zurief und gewiss auch zumutete, liest sich heute so, als sei er unter uns. Keine seiner Zeilen ist verstaubt oder dünn, über die Jahrhunderte kraftlos geworden, nein: Goethe zu lesen, und sei es auch nur in kleinen Dosen, erfrischt, ermuntert und – macht Spaß.

Tatsächlich möchte ich nach diesem Sommer 2023, den ich Tag für Tag mit Goethe verbracht habe, jeder Leserin und jedem Leser wünschen, Zeit zu haben für ein wunderbares (und lohnendes) Abenteuer, das mit der Lektüre von Goethes Fäusten beginnen darf, dann aber zu den großen Büchern dieses Autors führen sollte – zu seinen Gedichten und Dramen, zum Wilhelm Meister, zu den Wahlverwandtschaften und, vor allem: zu Dichtung und Wahrheit.

Die hier versammelten Texte zeigen in Immer Wieder neuen Anläufen, wie Goethe dem Leben zugetan ist und wie sich seine Betrachtungen darauf richten, dass jedes Individuum sich »in die Welt zu wagen« und entschlossen an der Gestaltung des eigenen Weges zu arbeiten habe. Wenn hin und wieder die Erkenntnis aufscheint, dass »selbst die festen Felsen beben«, darf sie dennoch den Mutigen nicht davon abhalten, sich den ihn oft überraschenden Unsicherheiten seiner Umgebung zu stellen, ja: »Wer Perlen will, der muss ins Meer sich stürzen«.

Bei der Suche nach geeigneten Texten für Goethes Fäuste habe ich mich fast ausschließlich auf die beispielhaften Editionen des Deutschen Klassiker Verlags gestützt und schließlich auch die dort gewählte Orthografie und Zeichensetzung übernommen. Sie wirkt hin und wieder befremdlich, führt aber, wenn man über erste Irritationen hinweg ist, zu einem Staunen über die Möglichkeiten, die eine nicht streng regulierte, ihrer Fesseln entledigte Sprache bietet.

»Wer sich mit Goethe beschäftigt«, so der legendäre Verleger Siegfried Unseld, der sich zeitlebens immer wieder mit Goethes Werk befasst hat, »macht immer wieder die Erfahrung, daß für fast jedes Problem stets ein neuer Aspekt, eine neue Perspektive sich zeigt.« Die Fäuste laden zu dieser Erfahrung ein.

Nichts bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen,

Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,

Wenn hinten, weit, in der Türkei,

Die Völker auf einander schlagen.

Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus

Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;

Dann kehrt man Abends froh nach Haus,

Und segnet Fried’ und Friedenszeiten.

-Faust-

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