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Privatisierung – Revolutionäre Innovationsschübe

Bedeutet Privatisierung Optimierung oder Entmenschlichung? Zwei diametrale Positionen zu einer der wichtigsten Fragen der Gegenwart: Wolfgang Kubicki, stellvertretender Bundesvorsitzender der FDP, ist davon überzeugt, dass Privatisierung ökonomische Höchstleistung hervorbringt und der Markt am besten weiß, wie er sich – und damit unser aller Wohlstand – erhält und außerdem durch ein Zurückdrangen des Staates für mehr Bürgernähe sorgt. Der Sozialwissenschaftler Tim Engartner warnt hingegen vor den Gefahren der Privatisierung, das die ausschließliche Konzentration auf Profit unweigerlich dazu führt, dass soziale Fragen ausgeklammert und der staatlichen Kontrolle entzogen werden, weshalb sich der Neoliberalismus bis in die letzten Winkel unseres Lebens ausbreiten kann. Ein Beitrag von Wolfgang Kubicki als Antwort auf Tim Engartners Kommentar von vergangenem Sonntag .

Ich möchte gleich mit einem festsitzenden Irrglauben aufräumen: Der Liberale hat nichts gegen einen starken Staat. Im Gegenteil. Der freiheitliche Staat darf auf keinen Fall ein Schwächling sein Oder als ein solcher wahrgenommen Werden. Er darf sich nur nicht zu viele Regelungsgebiete anmaßen. Er muss dort durchgreifen, wo es unbedingt nötig ist – wo zum Beispiel ein Markt schief zu werden droht, wo es zu Regelbrüchen kommt, wo wegen markthemmender Machtkonzentrationen Entflechtungen nötig sind – und er sollte zu einer kraftvollen Reaktion auf Fehlentwicklungen imstande sein.

Und wenn wir die Geschichte der Privatisierungen in Deutschland anschauen, so fällt etwa am genannten Beispiel der Berliner Wohnungspolitik auf, dass das Übermaß an politischen Regelungswünschen zu ihrem Scheitern geführt hat. Wenn die Parlamente und die Verwaltung lieber ins ideologische Mikromanagement gehen, statt einen großen, dafür klaren marktwirtschaftlichen Rahmen zu setzen, wenn sie sich um die Ausweisung von »Milieuschutzgebieten« oder um die Einrichtung von Mietendeckeln, aber nicht um neue Baugebiete kümmern, dann droht schnell eine Spirale der Reglementierung ausgelöst zu werden, die kein Ende mehr kennt – aber dafür eigentlich nur Verlierer. Die daraus resultierende administrative Überforderung, der Scherbenhaufen, vor dem man steht, wird zu guter Letzt nicht dem eigenen Versagen zugerechnet, sondern einem »Raubtierkapitalismus«, »Finanzhaien« oder den »Heuschrecken« der Hochfinanz zugeschoben. Trotz aller professionell betriebenen Schuldzuweisungen entsteht am Ende leider das Bild eines dysfunktionalen Gemeinwesens, dem nicht mehr zugetraut wird, über symbolpolitische Akte hinaus noch etwas für die Menschen bewirken zu können.

Dabei können die positiven Beispiele der Privatisierungen eigentlich überzeugen. Denn es ist unstreitig, dass große technische Veränderungen auch administrative Anpassungsprozesse nötig machen. Eine überdimensionierte Bundespostverwaltung wäre wohl niemals in der Lage gewesen, die revolutionären Innovationsschübe im Telekommunikationsmarkt strukturell angemessen zu vollziehen. Ebenso haben wir den immensen logistischen Fortschritten im Bereich der Paketdienstleistungen – die schnellere Liefergeschwindigkeit, gerade auch durch den zukünftigen Einsatz von Drohnen etc. – keinem Staatsunternehmen zu verdanken, sondern dem Markt, der den Verbraucher zur wichtigsten Instanz machte.

Und selbstverständlich kommt der Erfolg der privatisierten Unternehmen auch der Staatskasse zugute. Das ist aber nicht verwerflich, und dient nicht etwa der rücksichtslosen Selbstbereicherung einer angeblich elfenbeinmäßigen und realitätsvergessenen Politiker-Kaste. Es ist vielmehr ganz profan: Mit jedem steuerlich zusätzlich eingenommenen Euro können in gleicher Weise soziale oder bildungspolitische Ausgaben getätigt, kann dem freiheitlichen Anspruch Genüge getan werden, die Chancengerechtigkeit im ganzen Land zu erhöhen. Nur aus wirtschaftlicher Stärke kann auch eine größere Hilfeleistung für Schwächere generiert werden. Daher erhöhen Privatisierungen nicht nur die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, sondern auch die freiheitlichen und sozialpolitischen Möglichkeiten innerhalb der pluralen Gesellschaft.

Wer glaubt, mehr staatlicher Einfluss auf ökonomische Fragen sei der Schlüssel für eine goldene Zukunft, dem sei Alfred Müller-Armack ans Herz gelegt: Die soziale Marktwirtschaft verfolgt seines Erachtens das Ziel, »auf der Basis der Wettbewerbswirtschaft die freie Initiative mit einem gerade durch die wirtschaftliche Leistung Gesicherten Sozialen Fortschritt zu verbinden«.30 Will heißen: Ohne Wettbewerb gibt es weder individuelle Freiheit noch einen gesicherten sozialen Fortschritt.

Bei aller (zum Teil berechtigten) Kritik an bestimmten Privatisierungsvorhaben: Gelingen Privatisierungen, dann erhöhen sie die Chancen und Möglichkeiten aller. Auch deshalb sollte verantwortliche Politik ihre Anstrengungen aufs Gelingen richten, anstatt sich schon im Vorhinein in Ablehnung zu ergehen. Gut durchdachte, durch den Staat eingehegte und geregelte Privatisierungen führen letztlich zu einer Verbesserung der Lage der gesamten Wirtschaft sowie der jedes einzelnen Konsumenten und Marktteilnehmers.

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