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Wie simpel Rechtspopulisten denken

Der Kommunikationsexperte Walter Ötsch und die Journalistin Nina Horaczek zeigen in ihrer „Anleitung zur Volksverführung“ die Tricks und Täuschungsmanöver der Demagogen – und welche Strategien gegen rechte Volksverführer wirken.

Rechtspopulismus ist alles andere als ein Geheimnis. Im Gegenteil: Rechtspopulismus ist leicht zu verstehen. Ganz einfach: Die Politik von Rechtspopulisten beruht auf einem einzigen Grundgedanken, einem selbst gestrickten Bild der Gesellschaft. Dieses Bild ist die Basis des Rechtspopulismus.

So sieht das Bild aus: Hier sind WIR und dort sind die Anderen. Diese beiden Gruppen braucht der Rechtspopulismus. Sonst nichts. Rechtspopulisten haben stets dieselbe Erzählung: jene von einer zutiefst gespaltenen Welt, in der zwei Gruppen gegeneinander kämpfen. Wer so eine Welt predigt, den bezeichnen wir als Demagogen.

Der Begriff Demagogie kommt aus dem Altgriechischen und leitet sich ab aus den Wörtern démos = das Volk und agógein = führen. Demagogie ist die Führung des Volkes in einem zweifachen Sinn: Erstens als Ver-Führung, eine unzufriedene Bevölkerung wird mit Verheißungen einer besseren Politik verführt. Dies geschieht zweitens, indem Demagogen von »dem Volk« reden: Sie schaffen damit das Kunstprodukt einer gleichartigen Bevölkerung, die durch einen gemeinsamen »Volkswillen« verbunden ist. Demagogie ist politische Verführung mit dem erfundenen Begriff »des Volkes«. Dieses »Volk« sind die WIR, sie stehen den ANDEREN gegenüber, zum Beispiel »der Elite«. Immer, wenn so ein Bild entworfen wird, sprechen wir von Demagogie.

Demagogen aller Schattierungen unterteilen die Menschen in zwei Gruppen: Die »In-Gruppe«, das sind die WIR. Die »Out-Gruppe«, das sind die ANDEREN. Angebote für eine derart simple Botschaft gibt es viele: Deutsche gegen Flüchtlinge, US-Amerikaner gegen Mexikaner, Franzosen gegen Afrikaner, Kroaten gegen Serben, Russen gegen Tschetschenen, und überhaupt: Weiße gegen Schwarze, Arier gegen Juden, Inländer gegen Ausländer – es gibt unzählige Beispiele für ein Denken, das weltweit Anerkennung genießt und in den letzten Jahren, auch als Reaktion auf ein Versagen traditioneller Politiken, massiv an Bedeutung gewonnen hat.

Das Bild einer zweigeteilten Gesellschaft ist das Wichtigste im Rechtspopulismus. Am besten ist das zu verstehen, wenn Sie sich in ein solches Bild hineinversetzen. Stellen Sie sich möglichst lebhaft vor, Sie stehen gerade auf einer großen leeren Ebene. Hier gibt es nichts außer zwei Gruppen von Menschen. Die eine Gruppe steht nahe bei Ihnen. Diese Gruppe ist hell erleuchtet und gibt Ihnen ein warmes Gefühl. Sie ist wie von einer unsichtbaren Mauer umgeben. Danach kommt ein leeres Feld und hinter diesem steht eine zweite Gruppe. Sie sehen diese Gruppe nur dunkel. Sie spüren ein Gefühl der Verunsicherung und Angst, das sich allmählich in Hass steigert, oder noch besser, Sie empfinden sogar Ekel für die ANDEREN.

Das ist es, mehr ist es nicht. So sieht das innere Bild von Demagogen aus. Unsere wichtigste Botschaft: dieses Bild nachvollziehen zu können, zu verstehen, wie einfach und wie gefährlich es ist – und anderen davon zu erzählen. Denn Rechtspopulismus funktioniert nicht ohne ein demagogisches Gesellschaftsbild. Alle Muster, die in diesem Buch erklärt werden, lassen sich auf das demagogische Bild zurückführen.

Der Vorteil: Ein so einfaches Bild lässt sich leicht erfassen. Mit etwas Theorie, die Sie in diesem Buch finden, und ein bisschen Übung können Sie jeden Demagogen, jede Demagogin entzaubern. Wer dieses Bild verstanden hat, wer erkennt, welche Eskalationsspiralen darin eingebaut sind und wie gefährlich diese wirken können, ist in Zukunft gefeit, sich von Rechtspopulisten verführen zu lassen.

Sich zwei Gruppen vorzustellen und sich einer der beiden Gruppen gedanklich zuzuordnen, ist per se noch nichts Schlechtes. In vielen Fällen ist das durchaus berechtigt. »Wir« und »Andere« sind Alltagsbegriffe, jeder und jede verwendet sie. Um zu wissen, wer wir sind und zu wem wir gehören, benötigen wir Einteilungen: Männer und Frauen, Jung und Alt, eigene Firma oder Konkurrenz.

Das Demagogische ist nicht die Einteilung in zwei Gruppen. Es ist die Intensität und die Ausschließlichkeit. Im vorgestellten Bild zeigt sich dies daran, wie groß die Distanz zwischen den beiden Gruppen ist und wie stark die Unterschiede gemacht werden.

Daran lassen sich Demagogen erkennen:

  1. Die Radikalität: Sie trennen die WIR und die ANDEREN radikal. Es gibt (fast) keine verbindenden Merkmale. Die ANDEREN müssen völlig anders sein und dürfen gar keine Züge der WIR aufweisen.
  1. Die Aggressivität: Sie belegen die ANDEREN mit einer aggressiven und ausgrenzenden Sprache.
  1. Die Ausschließlichkeit: Sie zeichnen die WIR nur als GUT und WAHR, die ANDEREN ausschließlich als BÖSE und FALSCH.
  1. Die Kriegsrhetorik: Sie dramatisieren eine tiefe Feindschaft zwischen den WIR und den ANDEREN. Zwischen den WIR und den ANDEREN tobt ein Kampf auf Leben oder Tod.
  1. Die Negativität: In ihrer politischen Werbung setzen Demagogen überwiegen auf Negativthemen. Rechtspopulistische Politik ist vor allem ein Kampf gegen die ANDEREN.
  1. Das Geschäft mit der Angst: Demagogen sprechen gezielt Ängste an, verstärken sie und lenken sie auf die ANDEREN um. Denn die ANDEREN sind schuld, wenn WIR Angst haben. Demagogische Politik ist Angst-Politik und Demagogen sind Angst-Experten.
  1. Das autoritäre Element: Demagogische Bewegungen sind notwendig autoritär. Sie stehen unter der direkten Leitung einer Gruppe, eines Führers oder einer Führerin. Wir nennen diese Führungsspitze das SUPER-WIR.
  1. Die Demokratiefeindlichkeit: Demagogische Politiker wollen nicht nur an die Macht kommen oder eine Regierung bilden. Sie drängen nach radikaler Umgestaltung des politischen Systems. Demagogen wollen die Demokratie und ihre Institutionen autoritär umbauen.

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