Get Even More Visitors To Your Blog, Upgrade To A Business Listing >>

München


„München” läuft nun schon seit einigen Wochen, deshalb ist diese Rezension möglicherweise etwas verspätet, aber der Vollständigkeit halber sei sie an dieser Stelle nachgereicht. Sie ist etwas technisch geraten, vielleicht die beste Herangehensweise an diesen Film.


Schon lange vor dem eigentlichen Erscheinen des Films gibt es eine heftige Diskussion um diesen nicht-gesehenen Film. Munich sorgte schon vor Erscheinen die Lager:

Menschen die ihn tatsächlich schon sahen, sagten gutes über den Film:
Last Wednesday in Manhattan, leaders of the Jewish community gathered for a private screening of a film to which they had been urgently invited by Dennis Ross, formerly assistant to the secretary of state in the Clinton administration and Middle East envoy. Ross is now with the Washington Institute for Near East Policy think tank. According to him, the much-hyped "Munich" directed by Steven Spielberg, which opens today (December 23) across America, is a good movie for the Jews and for Israel - Haaretz 22.12.2005
Obwohl in Haaretz 22.12.2005 auch Kritiker zu Wort kommen
Avi Dichter, the previous chief of the Shin Bet security service, who is currently at the Saban Center for Middle East Policy in Washington, and saw the film, says that the Mossad agents and some aspects of the intelligence work are portrayed inaccurately.
Im Januar ist der Film in Deutschland ebenfalls angelaufen und die Reaktionen hierzulande waren durchmischt, eine wirklich breite Diskussion gab es jedoch nicht - möglicherweise war man froh, dass nicht das Versagen der deutschen Behörden thematisiert worden ist. Ein Wikipedia-Artikel fasst kurz zusammen:
Um 4:10 Uhr am Morgen des 5. September 1972 kletterten fünf Mitglieder der palästinensischen Terrororganisation Schwarzer September über den Zaun bei Tor 25A und betraten das Olympische Dorf. Die mit Sturmgewehren bewaffneten Geiselnehmer hatten keine Mühe, die israelischen Sportler zu überwältigen und nahmen elf Geiseln: David Berger, Ze'ev Friedman, Joseph Gottfreund, Eliezer Halfin, Joseph Romano, Andrei Schpitzer, Amitsur Schapira, Kahat Schor, Mark Slavin, Jaakov Springer und Mosche Weinberg. Weinberg und Romano wurden gleich zu Beginn der Aktion verwundet, beide starben noch im Olympischen Dorf an ihren Verletzungen.
Die bayerische Polizei war den Ereignissen in keiner Hinsicht gewachsen, was durch die Live-Übertragungen der Medien in aller Welt sichtbar wurde. Daraus wurden später Lehren gezogen und die Anti-Terror-Einheit GSG9 gegründet.

Die deutschen Verantwortlichen, insbesondere Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) und Innenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP) wiesen zudem das Angebot der israelischen Regierung zurück, eine Spezialeinheit zu schicken. Offenbar war man der Ansicht, die Angelegenheit selbst regeln zu können. Wie die Ereignisse zeigen sollten, waren die deutschen Sicherheitskräfte dazu jedoch nicht in der Lage, weil sie für einen solchen Ernstfall überhaupt nicht ausgebildet worden waren.

Die Terroristen verlangten bis neun Uhr die Freilassung und das freie Geleit von 232 Palästinensern, die in israelischen Gefängnissen ihre Haft verbüßten, sowie die Freilassung der deutschen Terroristen Andreas Baader und Ulrike Meinhof. Die israelische Antwort folgte sofort und lautete: Es gibt keine Verhandlungen.

Der Bürgermeister des Olympischen Dorfes Walther Tröger, NOK-Präsident Willi Daume, Polizeipräsident Manfred Schreiber, der Sicherheitschef der XX. Olympischen Spiele und der bayerische Innenminister Bruno Merk boten sich den Terroristen als Ersatzgeiseln an; dies wurde jedoch nicht akzeptiert.

Eine Viertelstunde vor Ablauf des ersten Ultimatums wurde mit den Terroristen eine Verlängerung um drei Stunden ausgehandelt. Als dieses Ultimatum ablief, verhandelte der Krisenstab erneut mit dem Anführer der Terroristen, der sich Issa nannte. Mit Hilfe eines Abgesandten der Arabischen Liga und des Missionschefs der ägyptischen Delegation gelang es, das Ultimatum um weitere fünf Stunden bis 17 Uhr zu verlängern. Die Terroristen hatten unterdessen aus Radio und Fernsehen vom Aufmarsch der Polizei erfahren.

Sie verlangten nach Kairo ausgeflogen zu werden. Die deutschen Verhandlungspartner gaben vor zuzustimmen, und zwei Hubschrauber transportierten die Terroristen und ihre Geiseln zum nahegelegenen Flughafen von Fürstenfeldbruck, wo eine Boeing 727 auf sie wartete.

Die deutschen Behörden planten am Flughafen einen Angriff auf die Terroristen. Dort befanden sich jedoch nur fünf Scharfschützen, wohl weil von nur fünf Geiselnehmern ausgegangen wurde, tatsächlich waren es jedoch neun. Außerdem befanden sich dort keine Panzer, die wurden erst während der folgenden zweistündigen Schießerei als Verstärkung gerufen, wegen des starken Verkehrs dauerte es jedoch eine halbe Stunde bis diese eintrafen.

Zwei Terroristen kontrollierten die Eignung des Flugzeugs. Als sie sich auf dem Rückweg zum Hubschrauber befanden, eröffneten die Scharfschützen um 23 Uhr das Feuer. Die fünf Scharfschützen hatten keinen Funkkontakt zueinander und schossen ohne Koordination. Zwei Terroristen wurden sofort erschossen und ein dritter als er fliehen wollte. Drei weitere begannen verdeckt hinter den Hubschraubern, außerhalb des Sichtfelds der Scharfschützen, das Feuer zu erwidern, ein Polizist starb durch eine verirrte Kugel. Der Kampf zog sich sodann über 45 Minuten hin, bis eine Einheit gepanzerter Fahrzeuge vorfuhr.

Dadurch in Panik versetzt, eröffnete einer der Terroristen das Feuer auf die Geiseln des ersten Hubschraubers und gab damit zwei anderen die Gelegenheit, aus der Deckung aufzutauchen. Er sprang aus dem Flugzeug und hinterließ eine Handgranate auf seinem Platz. Alle drei Terroristen fielen durch die Schüsse der Scharfschützen. Die unmittelbar darauf folgende Explosion tötete die Geiseln im Hubschrauber. Die anderen fünf Geiseln im zweiten Hubschrauber wurden während des Kampfes getötet.

Die Untersuchung der bayerischen Polizei schloss nicht aus, dass einige der Geiseln versehentlich von der Polizei erschossen worden sein könnten. Genauso ist es möglich, dass einer der Terroristen alle Geiseln erschoss. Eine definitive Aufklärung des Falles konnte wegen der stark verbrannten Körper nicht durchgeführt werden.
Zum Film und seinem Inhalt

„Junge Olympioniken helfen einander” ist möglicherweise der erste Eindruck den man haben könnte, die Vorahnung, dass es sich bei den Gestalten denen da über den Zaun geholfen wird, möglicherweise um Terroristen handeln könnte, hat der Zuschauer natürlich. Amerikanische Sportler helfen den Terroristen ins olympische Dorf- das ist die erste Einstellung des Films. Die später folgende Entführung und Ermordung der israelischer Sportler durch Schwarzer September während der Olympischen Spiele wird mit tatsächlichen Nachrichtenbildern überblendet. Später werden Rückblenden das Geschehene detaillierter beschreiben. Vor allem im letzten Teil des Films mischen sich Sentenzen von der mißlungenen Geiselbefreiung mit Bettszenen des Protagonisten mit seiner Frau.

Der junge „Sky-Marshall” des Mossad, Avner Kaufman (Eric Bana), wird von Ministerpräsidentin Golda Meir (Lynn Cohen) dazu aufgefordert, Chef eines Teams zur Tötung der Palästinenser zu werden. Offenbar war er zuvor Leibwächter von Golda Meir. Er erhält eine Liste mit Namen der Gruppe „Schwarzer September” die er mit einem Team auffinden und töten sollte. Avner lässt seine schwangere Frau Daphna (Ayelet Zorer) in Israel zurück und geht zunächst nach Frankfurt. Allein auf sich und auf sein Team gestellt, ohne direkte Verbindung nach Israel und lediglich durch Schweizer Bankkonten finanziell abgesichert, soll er die Tötungen durchführen. Dazu stehen ihm vier Männer zur Verfügung, Steve (Daniel Craig), ein junger Jude aus dem Galut (Exil) der „seit 10 Minuten für den Mossad arbeitet”, der Spielzeug- und Bombenbauer Robert (Mathieu Kassovitz), der zurückhaltende Carl (Ciarán Hinds) und der deutsche Jude Hans (Hanns Zischler), ein als Antiquitätenhändler getarnter Mossad-Agent.

Über seine Frankfurter Jugendfreunde (Meret Becker, Moritz Bleibtreu), die der RAF nahe stehen, gelangen sie an ihre erste Zielperson. Dieser hat gerade in Italien ein Märchenbuch übersetzt. Diese erste Erschießung durch Avner und Steve gerät zur ersten harten Probe. Beide können zunächst ihre Waffen nicht ziehen und zögern eine ganze Weile. Nach der Erschießung wird gezeigt, wie sich am Boden Milch aus der Einkaufstasche des Opfers mit dessen Blut vermischt. Beide sind im Judentum ein Symbol für Leben. In einem späteren Gespräch wird ein bekannter jüdischer Midrasch zur Vernichtung der Ägypter im Schilfmeer anzitiert. In diesem geht es darum, dass die Engel über den Sieg über die Ägypter jubeln. Doch G-tt fragt sie, warum sie jubeln obwohl viele seiner Geschöpfe ihr Leben verloren haben.

Avner lernt Louis kennen, einen undurchsichtigen französischen Informanten (Mathieu Amalric), der den Handel mit Informationen und Waffen mit seinem Vater als Familiengeschäft betreibt. Treffpunkt ist meistens das Schaufenster eines Küchengeschäfts.
Es folgen einige weitere, sehr drastisch geschilderte Aktionen der Gruppe und allmählich kommen immer heftigere Zweifel auf, ob die Getöteten bzw. die zu Tötenden tatsächlich in das Attentat verwickelt waren. Auch die Rolle verschiedener Geheimdienste wird unklarer. Louis Vater, Papa, (Michael Lonsdale) lädt Avner zum Familienessen ein, scheint aber ein mysteriöses Spiel im Dschungel der Nachrichtendienste bar jeglicher Moral zu treiben und kennt keine Loyalitäten. Das Versagen mehrerer Sprengsätze wirft die Frage auf, ob dabei Sabotage im Spiel war und wer dafür verantwortlich ist. Robert, der Bombenbauer des Teams (Mathieu Kassovitz), muss angesichts der Vorwürfe seiner Kameraden zugeben, eigentlich Bombenentschärfer zu sein und noch nie zuvor Sprengsätze konstruiert zu haben. Beim Zünden eines Sprengsatzes im Bett einer Zielperson ereignet sich dann das glatte Gegenteil: diesmal zerstört Roberts Bombe tatsächlich fast das gesamte Stockwerk. Avner, der sich im Nachbarzimmer eingemietet hat, um die Anwesenheit der Zielperson zu überprüfen, kommt beinahe selbst ums Leben, ebenso ergeht es einem jungen, frisch verheirateten jüdisch-christlichem Paar.

Avners Frau samt Kind begeben sich auf seinen Wunsch nach Brooklyn, wo er sie sicherer wähnt. Die Tötungen gehen weiter,doch mittlerweile wird die Gruppe selber gejagt. Eines ihrer Attentate wird von Betrunkenen vereitelt, bei denen es sich um CIA-Agente handeln könnte.
Nachdem jedoch drei Mitglieder seines Teams getötet wurden - der Bombenbauer Robert stirbt bei einer unerklärlichen Explosion - zweifelt Avner, der mitterweile seine Nächte angsterfüllt im Schrank verbringt, immer mehr. Nachdem bei seinem letzten Einsatz - außer ihm ist nur noch der fanatische Steve am Leben - ein noch kindlicher Wachposten getötet wird, bricht er seine Tätigkeit ab und zieht nach New York. Er versucht, mit seiner Frau in ein normales Familienleben zu finden, jedoch beschleicht ihn immer mehr das Gefühl, selbst zum Ziel eines Mordauftrags geworden zu sein, und bei einem Spaziergang mit seinem Kind glaubt er, von einer dunklen Limousine verfolgt zu werden. Avner stürmt in die israelische Botschaft und droht mit Enthüllungen, falls seine Familie weiterhin bedroht werde. In einem Telefongespräch behauptet „Papa”, dass von er Avner nichts Böses antun würde.

Am Ufer des Hudson River trifft er mit Ephraim zusammen, der jegliche Zweifel an der Legitimität der Tötungen und die Terrorverbindungen der Zielpersonen zurückweist sowie blinden Gehorsam fordert. Allerdings gibt er zu, dass auch andere Teams mit Mordaufträgen ausgeschickt worden sind. Avners Bitte, einer jüdischen Sitte gemäß mit ihm und seiner Familie zu Abend zu essen, lehnt der Vorgesetzte brüsk ab und lässt Avner stehen. Es bleibt offen, ob Avner sich vom Mossad nicht beirren lässt oder aber auf ihre Forderung, den Dienst wieder aufzunehmen, eingeht.

Die Kamera macht eine Kranfahrt in die Höhe und das Panorama von New York mit den noch existierenden Türmen des World Trade Centers füllt die Breitwand. Man erfährt durch eingeblendeten Text, dass neun von elf Gesuchten getötet worden sind.

Kritik
Der Film nimmt keine eindeutige Position ein, das macht ihn für Schwarz-Weiß-Seher möglicherweise unzugänglich oder enttäuscht sie. Einige Kritiker verstörte wohl, dass der palästinensische Terrorist die Möglichkeit bekommt, seine Sache darzulegen. Seine Überzeugung wird jedoch von der Avners konterkariert und so erhalten beide Gruppen eine Stimme. Einige Kritiker sahen den Film gar als Antizionistisch, was er nun dann ist, wenn man ihn so sehen will. Die Darstellung der israelischen involvierten macht klar, dass es für die Juden aus aller Welt nur ein Land geben kann, in das sie gehen können um sich frei zu fühlen. Louis gibt ihnen eine Stimme wenn er sagt, dass es teuer sei, sich ein Heim zu errichten.
Spielberg zeigt Tötungen nicht einem Actionfilm üblichen herumgeballere, sondern tatsächlich als erschütternde Akte der Gewalt.

Telepolis fasst einige wichtige Punkte zusammen:
Die angeblich gnadenlose Reaktion Israels ist reine Fiktion. Als Filmszene gehört dies zu den starken Momenten: Mit Geheimdienst-Offizieren sitzt Golda Meir am Tisch und diskutiert Israels Reaktion auf das Münchener Attentat. "München" ist noch in einem weiteren Sinn eine Metapher: Es ist die Stadt Adolf Hitlers und die "Hauptstadt der Bewegung", und es ist der Ort der "Münchner Konferenz", der tiefsten Selbstdemütigung aller Demokratien auf dem Höhepunkt des Appeasement. Das ausgerechnet hier israelische Sportler ermordet wurden, nur weil sie Juden waren, hat eine bittere Logik. Nie wieder, das ist die Logik in Golda Meirs Argumentation, sollen Juden sich vom Terror demütigen lassen. Auf den Mord-Exzess von Fürstenfeldbruck soll Gegenwehr, nicht Appeasement die Folge sein.

Doch im Folgenden stellt Spielberg genau diese Erkenntnis infrage bis zur Denunziation. Er legt Meir einen Satz in den Mund, den sie mit ziemlicher Sicherheit nie aussprach, und vermutlich nicht akzeptiert hätte: "Every civilization finds it necessary to negotiate compromises with its own values." Dieser Satz ist vielleicht treffend auf George W. Bush gemünzt. Doch die Logik der israelischen Politik ist gerade die, die eigenen Werte zu verteidigen. Israel übt nicht Rache, sondern Vergeltung. Israelis nehmen keine Geiseln, sie töten nicht gezielt Unschuldige. Ohne "Kollateralschäden" zu verteidigen oder zu akzeptieren, auch ohne der israelischen Politik hier in jedem Fall Recht zu geben, ist das die fundamentale Differenz zwischen dem Terror der Palästinenser und der Vergeltung der Israelis: Israel zündet keine Splitterbomben in Schulbussen, sondern es tötet gezielt Auftraggeber und Hintermänner...

Gezeigt Wird hingegen nicht, was in der Connollystraße wirklich geschah. Spielberg zeigt nicht, wie gnadenlos das PLO-Kommando agierte, dass es die Geiseln zum Teil folterte, dass die beiden Toten im Hotelzimmer vor den Augen ihrer lebenden Kameraden kastriert wurden. Er zeigt nicht, dass eine Geisel, der von Kugeln getroffene Gewichtheber Josef Romano auf dem Teppich verblutete, während die anderen zusehen mussten.

Tatsächlich gibt Spielberg den palästinensischen Opfern ein Gesicht. Alles dies sind auch Mörder oder Schreibtischtäter, daraus macht der Film kein Hehl, aber es sind auch Menschen. Spielberg allerdings zeigt sie nur als das. Er unterschlägt, was aus ihnen Unmenschen macht.
Die informierten Zuschauer können mit der Ambivalenz möglicherweise umgehen, die ideologischen natürlich nicht. Technisch ist der Film tadellos gemacht, einer der guten Spielberg-Filme - bis auf die letzte Überblendungsszene. Er macht jedoch den Fehler, die Menschen danach sich selber und ihrer Meinung zu überlassen. Das möchte heute niemand mehr. Die Botschaften müssen wohl eindeutig sein. Und nur damit man mich nicht falsch versteht oder einen falschen Eindruck des Films gewinnt: Der palästinensische Terror wird in seiner sinnlosen Gewalt dargestellt und keinesfalls verharmlost. Die Mittel zur Bekämpfung dessen werden diskutiert, aber nicht negiert.

Jüdischen Zuschauern ergeben sich übrigens einige zusätzliche Zugangsebenen durch Wort- und Bild-Meatphern.

Homepage und Trailer zum Film: Universal Pictures :: Munich


This post first appeared on Filmblog, please read the originial post: here

Subscribe to Filmblog

Get updates delivered right to your inbox!

Thank you for your subscription

×