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Gastbeitrag von Ferdinand Stipberger: Teamwork in der Schule kann funktionieren

Teamwork, gemeinsam an Projekten arbeiten – das verlangen wir Lehrkräfte von unseren Schülerinnen und Schülern immer wieder während ihrer Schullaufbahn. Sie erwerben dabei Kompetenzen, die nicht nur später im Beruf enorm wichtig sind, sondern heutzutage bereits in vielen Firmen bei der täglichen Arbeit benötigt werden. Gemeinsam an Projekten arbeiten spart nicht nur Zeit, sondern erhöht auch die Qualität des Endproduktes. Teams werden immer dann gebildet, wenn es gilt, sich mit neuen Themen auseinanderzusetzen, unterschiedliche Meinungen und Herangehensweisen auf ihre Machbarkeit zu prüfen und schlussendlich im Schulbereich einen kreativen und durchdachten Unterrichtsinhalt zu gestalten.

Gefordert von unseren Schülerinnen und Schülern, ist Teamwork jedoch in vielen Lehrerzimmern ein Fremdwort. Noch immer sind viele Lehrerinnen und Lehrer Einzelkämpfer und bereiten ihren Unterricht für sich allein, ohne Zuhilfenahme anderer vor – mit dem Nachteil, dass gleiche Unterrichtsinhalte mehrmals von unterschiedlichen Personen ausgearbeitet Werden. Das ist nicht nur uneffektiv und ressourcenfressend, sondern kann im schlimmsten Fall auch dazu führen, dass die Unterrichtsstunden für unsere Schülerinnen und Schüler langweilig werden, da sie wenig schülerzentriert oder abwechslungsreich gestaltet sind. Im regulären Schulalltag ist eben manchmal nicht die Zeit, um innovative Ideen allein umsetzen zu können. Zudem fehlen oftmals noch die „handwerklichen Voraussetzungen“ im Bereich der Umsetzung – gerade im Umgang mit digitalen Medien. Warum also nicht die Kräfte bündeln und Teams bilden, in denen Fähigkeiten und Wissen in allen Bereichen vorhanden sind und das volle Spektrum der Möglichkeiten ausnutzen?

Genau das hat die Gregor-von-Scherr-Realschule aus Neunburg vorm Wald (Bayern) mit der Einführung des neuen LehrplanPlus in der 5. Jahrgangsstufe versucht. Sie stellte die Weichen für mehr Zusammenarbeit. Die Fachschaften Mathematik und Englisch wollten gemeinsam die Inhalte des neuen Lehrplanes an die Herausforderungen des Lernens im 21. Jahrhundert anpassen. Im Fachbereich Englisch arbeitete ein Jahrgangsstufenteam aus Neunburg schulintern, während die Mathematiker zusätzliche eine Kooperation mit der Realschule Pfuhl (Bayern) eingingen, die etwa 280 km entfernt liegt. Beide Schulen machten sich auf, um gemeinsam die mathematischen Inhalte der 5. Klasse zu gestalten und gemäß diesen zu unterrichten.

Für gemeinsames Arbeiten müssen jedoch in der Schule Strukturen geschaffen werden, die ein gemeinsames Arbeiten tatsächlich ermöglichen. Der Grundstein wurde in Neunburg mit dem Stundenplan gelegt, in dem eine gemeinsame Besprechungsstunde für die jeweiligen Jahrgangsstufenteams eingearbeitet wurde. Diese Zeit sollte zum Er- bzw. Umarbeiten der Lehrplaninhalte sowie zum Austausch und zur Organisation genutzt werden.

Die Jahrgangsstufenteams mussten sich dann auf einer gemeinsamen Plattform organisieren. Während das Englisch-Team ein geteiltes OneNote-Notizbuch für den Austausch und als Materialbörse nutzte, entschieden sich die Mathematiker für Microsoft Teams. Mit dem OneNote StaffNotebook bot sich hier die beste Möglichkeit, konsequent gemeinsam im Collaboration Space die Unterrichtsinhalte zu erstellen. Dabei wurden einzelne Abschnitte mit den zu erarbeitenden Themenbereichen erstellt, die jeder Kollege mit Inhalt bestücken konnte. Aus dieser losen Ideensammlung wurden anschließend die Unterrichtsinhalte erstellt. Zudem konnte jeder einzelne Kollege in seinem privaten Bereich eigene Ideen zusammentragen und ordnen. Durch die Verwendung des Kalenders konnten ohne großen Aufwand Meilensteine gesetzt, im Chat diskutiert, Links geteilt und auch online Meetings einberufen werden. Im Vergleich zu einem geteilten OneNote Notizbuch konnte man bei Microsoft Teams flexibler auf Dateien zurückgreifen und entsprechend kollaborativ an geplanten Materialien arbeiten.

Ziel der Kooperation war es, abwechselnd eine Unterrichtssequenz (die einem Kapitel des Lehrplanes entspricht) zu erstellen und die 5. Jahrgangsstufe in Mathematik im Flipped-Classroom-Konzept zu unterrichten. Wichtig waren das Lernen voneinander, die Weiterentwicklung des Unterrichts sowie die Vorzüge und Erfahrungen der beteiligten Kolleginnen und Kollegen auszunutzen, um Inhalte zu erstellen, wie es ein einzelner Lehrer nicht schaffen würde – heißt auch urheberrechtlich unbedenklich. Zudem wollte man die Schülerinnen und Schüler dazu bringen, über unterrichtliche Dinge zu kommunizieren, ihrer Kreativität möglichst freien Lauf zu lassen, kritisch zu hinterfragen, was richtig oder falsch ist, und kooperativ an Lösungsansätzen zu arbeiten.

Dazu sollte zu jedem Unterrichtsthema entweder ein Impulsvideo oder -arbeitsblatt erstellt werden, das die Schülerinnen und Schüler auf das neue Thema hinleiten bzw. in eine einheitliche Richtung lenken sollte, ohne schon zu viel Fachliches preiszugeben. Diese fachspezifischen Inhalte wurden in der folgenden Unterrichtsstunde gemeinsam erarbeitet und den Schülerinnen und Schülern in einem Video nochmals als Zusammenfassung zur Verfügung gestellt. Zum Erstellen der Videos verwendeten die Kolleginnen und Kollegen hauptsächlich PowerPoint und dessen Möglichkeiten, einzelne Folien zu vertonen und mit handschriftlichen Notizen zu versehen (Beispiele: https://youtu.be/gqTwZ8VkQNE oder https://youtu.be/bqH9bB-EvFI). Die Teams erstellten für die Schüler einen gemeinsamen, nach Schwierigkeitsgrad differenzierten Aufgabenpool aus dem gemeinsamen Schulbuch, den die Schülerinnen und Schüler im Unterricht zu bearbeiten hatten. Dies schaffte eine effizientere Nutzung der Unterrichtszeit: Anstelle des Lehrenden rückten die Schülerinnen und Schüler in das Zentrum des Unterrichts. Passende Lösungen und weiterführende Aufgaben für die schneller Lernenden sowie themenbezogene mathematische Spiele waren ebenfalls dabei.

Nun mussten die erstellten Inhalte nur noch den Schülerinnen und Schülern bereitgestellt werden. Dazu verwendete man die Lernplattform Mebis, die an den bayerischen Schulen kostenlos und entsprechend den geltenden Datenschutzbedingungen zur Verfügung gestellt wird. Alle Inhalte konnten nun in einem Redaktionskurs von allen beteiligten Kollegen gesammelt und geordnet werden. Für die einzelnen Klassen bediente sich der zugehörige Fachlehrer aus diesem Redaktionskurs und erstellte daraus seinen eigenen Kurs, den er zusätzlich noch – wenn gewünscht – ergänzen konnte. Nach Fertigstellung konnte der Kurs der Klasse zur Verfügung gestellt werden.

Neben dem positiven Effekt, dass jedem Kollegen ein Grundgerüst der Lerninhalte über ein komplettes Schuljahr hinweg an die Hand gegeben werden konnte, war es gerade die Arbeitsersparnis, die sich bemerkbar machte. In den Phasen, in denen eine Schule nicht direkt mit der Erstellung des aktuellen Inhalts beschäftigt war, konnte das kommende Thema auf mehrere Schultern verteilt werden und so ließen sich auch aufwendigere Inhalte erstellen. Nebenbei bemerkt können nun alle nachfolgenden Kolleginnen und Kollegen auf die erstellten Inhalte zurückgreifen und darauf aufbauend wiederum eigene Kurse kreieren.

Zusätzlich erkannten andere Kollegen sehr schnell, dass diese Art zu unterrichten gerade bei Vertretungsstunden einen großen Vorteil bietet. Während sie sich sonst erkundigen mussten, an was die zu vertretende Klasse gerade arbeitet, konnte nun einfach weitergearbeitet werden.

Teamwork kann also gelingen. Natürlich muss man sich als Lehrer zuerst einmal darauf einlassen, „fremde“ Inhalte zu verwenden oder gar für eigene Werke „kritisiert“ zu werden. Dennoch kann ich rückblickend nur ein positives Fazit ziehen. Neben vielen Ideen, die aus der Zusammenarbeit entstanden sind, haben sich bei den unterschiedlichen Themen verschiedenste Herangehensweisen gezeigt. Dies öffnet ein wenig den Blick aus dem eigenen Universum heraus und weitet den Horizont.

Dennoch ist die Mentalität des Teilens und der Kollaboration noch nicht in allen Köpfen angekommen. Es ist noch ein weiter Weg zurückzulegen. Er ist es aber allemal wert, gegangen zu werden. Meine Empfehlung für alle, die es versuchen wollen: Suchen Sie sich Gleichgesinnte. Nehmen Sie zuerst diejenigen mit ins Team, die richtig Lust darauf haben, so zu arbeiten. Machen Sie andere Kolleginnen und Kollegen neugierig und laden Sie diese ein, auch einmal Ihrem Unterricht zu hospitieren.

Ferdinand Stipberger

Ferdinand Stipberger ist seit 2000 Lehrer, aktuell an einer Realschule in Bayern, und unterrichtet die Fächer Mathematik, Sport und Informationstechnologie. Neben seiner Tätigkeit als Lehrer bietet er zu vielen Themen der Digitalisierung und zum Einsatz digitaler Medien im Unterricht Workshops und Fortbildungen an.

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