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Schuss ins Knie: Sanktionen mit maximaler Wirkung

Erst schnitt die EU richtig smarte Sanktionspakete, dann wartete sie auf den russischen Staatsbankrott.
 

So klar wie im April war die Lage selten. "Russlands Bankrott ist nur eine Frage der Zeit", verkündete EU-Kommissionspräsidentin Ursula Von Der Leyen kurz nach dem Beginn des völkerrechtswidrigen Überfalls der Russen auf die Ukraine. Schon das allererste, noch recht spontan beschlossene Sanktionspaket war das allerhärteste der Weltgeschichte, es folgten Nummer zwei, drei, vier und dann hörten die Medien auf, mitzuzählen. Es wurde verschärfen und ausgeweitet, nachdem alle Türen für russische Waren zu waren, die niemand brauchte, begann die EU, auch die Annahme der Waren zu verweigern, die sie selbst dringend benötigt.  

Die Kammern der Macht

Es war wie ein Rausch, ausgebrochen in den Kammern der Macht in Brüssel, Berlin und Paris und ansteckend für jedermann, der in Medienhäusern arbeitet, als "Aktivist", Fortschrittswissenschaftler oder aufgeweckter Klugautor. Petitionen wurden herumgereicht, die den sofortigen Verzicht auf Energieträger aus Russland forderten. Offene Briefe der Kerzenmacher der Konsumgesellschaft appellierten an die Mächtigen, sofort, jetzt, gleich und unverzüglich einen Importstopp für "blutgetränktes Russen-Gas" zu verhängen, wie es Prominente Boykottforderer wie die Klimaaktivistin Luisa Neubauer, der Youtube-Aktivist Rezo, der Fernsehwissenschaftler Eckhart von Hirschhausen und der Tatort-Schauspieler Axel Prahl nannten. 

Auch wenn das den sozialen Frieden in Deutschland gefährden würde? Auch wenn das den sozialen Frieden in Deutschland gefährden würde. Wenn die Benzin- und Gaspreise aufgrund eines Importstopps stiegen, könnten die Armen doch mit dem Tesla zur Arbeit fahren. Wenn die Wohnung im Winter kalt werde, könnte der warme Gedanke an die Größe des eigenen Opferganges helfen. Müssten Firmen schließen, müsse der Staat helfen. Die deutsche Wirtschaft, ehemals eine der stärksten der Welt, konnte einen Importstopp auf russische Energie ohnehin locker verkraften, so assistierte die "Zeit": Das bisschen Rezession. Die paar Arbeitslosen mehr. Kein Ding. "Es braucht jetzt nur eine schnelle Entscheidung."

Die alten Verbindungen nach Moskau

Lag es am Zögern des Kanzlers wegen der alten Verbindungen der SPD nach Moskau? Lag es daran, dass auch die Grünen in ihrem Wahlprogramm vorgesehen hatten, das Land der unbegrenzten Erneuerbaren über eine Brücke aus "30 bis 40" neuen Erdgaskraftwerken zu erreichen? Oder lag es am mangelnden Mut der EU, den widerstrebenden ungarischen Diktator Orban gleich mit auf die Strafliste für ausgewiesene Staatsfeinde zu setzen? Die im Monatsrhythmus erlassenen Sanktionspakete der EU jedenfalls weckten vor allem große Erwartungen. Bald schon, so Ursula Von Der Leyen im Frühjahr, werde das Kreml-Regime zusammenbrechen. "Die Sanktionen fressen sich Woche für Woche tiefer in die russische Wirtschaft", prophezeite die 63-jährige Erfinderin des europäischen "Green Deal", der auch mehr als ein Jahr nach der pompösen Verkündigung ein Papier ist, das noch abschließend beraten werden muss.

Russlands Staatsbankrott war "nur eine Frage der Zeit", das einige Europa aber profitierte vom smarten Zuschnitt des Sanktionsregimes. "Wir haben die Sanktionspakete so geschnitten, dass wir maximale Wirkung in Russland erreichen, ohne uns zu sehr zu schaden", beruhigte die Kommissionschefin selbst aufgeregte Stimmen, die fürchteten, der Schuss Richtung Osten könne nach hinten losgehen. Während die Kommission emsig an einem "Preisdeckel für Einfuhren" (von der Leyen) arbeitete, um "die Einnahmen des Kreml zu schmälern", freute sich Wladimir Putin, dass die EU seine gesamten Kriegsanstrengungen gegen sie selbst finanzierte. 

Was immer es kostet

Nach einem halben Jahr Krieg hat der deutsche Versuch, den Weltmarkt für Gas jenseits der Lieferungen aus Russland unter dem alten EZB-Motto "whatever it takes" leerzukaufen, um die deutschen Speicher zu füllen, die Preise in solche Höhen getrieben, dass Russlands Einnahmen aus fossilen Energieexporten die Kosten der Invasion inzwischen deutlich übersteigen. 158 Milliarden Euro kassierte das Land aus Exporten über den See- und den Landweg, die EU zahlte mit 85 Milliarden Euro am meisten, gefolgt von China mit 35 Milliarden Euro. Allein aus Deutschland flossen 19 Milliarden Euro nach Moskau, das von einer Staatspleite heute so weit entfernt ist wie Deutschland von einem AKW-Streckbetrieb.

Wir haben genug Energie in Deutschland, sagt Robert Habeck. Die Sanktionen wirken, sagt Ursula von der Leyen, ein Zitat übrigens aus dem Jahre 2014, als sie sogar "sehr wohl" wirkten, wenn auch "langsam" (Die Zeit), so dass es noch etwas Geduld brauchen würde, bis Wladimir Putin die weiße Fahne aus dem Turmfenster des Spaski-Turmes schwenken werde, um Bedingungen für eine Kapitulation zu verhandeln. Sieben Jahre sind weltgeschichtlich nichts, selbst die vielkritisierte  Preisentwicklung am Strommarkt, die galoppierende Inflation und der Verfall des Außenwertes des Euro werden eines Tages, etwa beim Rückblick aus dem Jahr 2078 oder für Historiker*innen anno 2480 einen eher sehr kurzfristigen Charakter haben. 

Selbst sollte es im Winter zu einer kältebedingten Übersterblichkeit in den vulnerablen Gruppen kommen, handelt es sich nur um ein vorübergehendes Phänomen. Einen Tod muss jeder sterben, wohl dem, der die Gelegenheit bekommt, es für einen guten Zweck zu tun.



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