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Zerstaatlichung: Lob des Kommunismus

Er hat den Menschen nichts Mehr zu bieten: Der Kapitalismus gilt inzwischen als Auslaufmodell.

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ie unter Helmut Kohl privatisierte Bahn läuft nicht gut, die Züge kommen nicht pünktlich, der Nahverkehr ruckelt, im Gesundheitswesen klemmt es. Nicht nur Erdgas, Strom und Benzin sind für viele spürbar teurer geworden, sondern auch die Steuern, Brot, Brötchen, Bier, Kassenbeiträge, Corona-Tests und Fernreisen. Zuletzt kündigte die Bundesregierung zwar einige entschiedene Schritte an, um Fehlentwicklungen der zurückliegenden neoliberalen Jahrzehnte einzufangen und zu korrigieren. Doch wie PPQ-Kolumnistin Svenja Prantl schreibt, reichen die bisherigen Verstaatlichungsbeschlüsse hinten und vorn nicht, um  die grundlegendsten Dinge der Daseinsvorsorge so sicher zu machen, wie sie nur sein können, wenn privates Profitinteresse hintanstehen muss.
Kevin Kühnert hatte natürlich recht, als er schon vor Jahren Klartext sprach. Schleichend und von den meisten Menschen, die mit der Bewältigung vieler kleiner privater Herausforderungen beschäftigt sind, nahezu unbemerkt, ist der Kapitalismus in viel zu viele Lebensbereiche vorgedrungen. Überall Geschäftsinteressen, überall Gewinnabsichten. Ob beim Bäcker oder beim Fleischer, an der Tankstelle, im Baumarkt, im Internet oder bei Sportveranstaltungen: Geld regiert die Welt. Der Staat  und die Politikerinnen und Politiker, die eigentlich gewählt sind, um das zu tun, spielen nur die zweite Geige im Blasorchester der Spekulanten, Manager und Fondsverwalter.

So können wir auf keinen Fall weitermachen", hatte der sozialdemokratische Visonär Kühnert damals in Friedenszeiten noch dekreditiert - und einen shitstorm aus Hass, Ablehnung und Widerspruch geerntet. Dabei lag er, heute wissen wir das, vollkommen richtig. Wir brauchen den Sozialismus, die Vergesellschaftung, ja, eine Perspektive in eine kommunistische Gesellschaft!

Langsam nur sickert die Erkenntnis aus den Elfenbeintürmen der gesellschaftlichen Vordenker nach unten, wo ein düsterer Bodensatz aus Unionswählern, FDP-Mittelstand, Ostdeutschen und oft eingebildeten Opfern des real existierenden DDR-Sozialismus immer noch glaubt, im Verbrenner ohne Tempolimit in eine Zukunft fahren zu können, in der vom nächstgelegenen Flughafen jederzeit ein Billigflieger Ricthugn irgendwo abhebt, der auch den Koffer mit der Urlaubsgarderobe mitnimmt. Nur unter dem Druck der Verhältnisse des Wirtschaftskriegszustandes hat sich das Ampel-Kabinett dazu durchgerungen, erste vorsichtige Schritte hin zu einer Rückverstaatlichung der kritischen Infrastruktur zu gehen: Hier ein wenig Gasspeicherstruktur, dort ein Energiekonzern, dazu ein wenig Finanzhilfe für säumige Gaskunden.

Das kann nur ein Anfang sein. Mit ihrer Parole "system chance, not climate change" fordert die jüngere Generation, die mit Lastenrad, Bioladen und einer neuen Rolle der Bundeswehr als Gewährleister der inneren Sicherheit aufgewachsen ist, dass die Entwicklung Fahrt aufnehmen muss. Der Kapitalismus, der auch in Russland herrscht, seit das frühere, über mehr als 70 Jahre bewährte System der Sowjets zusammengebrochen ist, zeigt mit dem imperialistischen Krieg des Kreml gegen seinen Nachbarn Ukraine, dass er auch im höheren Alter noch von Expansionsgelüsten getrieben ist. Locken 300 Prozent Profit, existiert kein Verbrechen, das er nicht riskiert. Und das würde so bleiben fände sich die Menschheit damit ab, bis ans Ende aller Tage in einer kapitalistischen Gesellschaftsordnung zu leben. 

Eine Alternative muss her und nach allem, was die Wissenschaft herausgefunden hat, kann das nur eine sozialistische Gesellschaft sein, die aufbricht, den wahren, bisher nie korrekt verwirklichten Kommunismus aufzubauen. Jedem Nach Seinen Möglichkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen, das ist ein Ideal, das sich mit Hilfe von neuen Wohn- und Bürgergeld allein längst nicht umfassend verwirklichen lässt.

Dazu braucht es mehr, ganz egal, was das konservative und liberale Lager glaubt. Als hätte sich der Antikommunismus als Gründungsmythos der alten Bonner Bundesrepublik nicht schon lange erledigt, weil es gar keine Kommunisten mehr gibt, gegen die man antreten und anmeinen könnte, darf das "Gespenst, das durch Europa geht" immer wieder herhalten, um notwendige Weichenstellungen zu verhindern oder zumindest auszubremsen.

Realistisch betrachtet aber ist der Kommunismus alternativlos, "wenn wir eine Zukunft für alle wollen" wie die Lyrikerin und Systemkritikerin Elisa Aseva festgestellt hat. Mit Kriegsausbruch hat sich herausgestellt, dass die bürgerliche Profitgesellschaft nicht in der Lage ist, die grundlegendsten Funktionen eines Gemeinwesens überzeugend abzusichern. Es fehlte plötzlich nicht mehr nur an sozialer Wärme, wie sozialistische Gesellschaften sie kennen, sondern an Wärme überhaupt. Sparappelle und Verzichtsparolen prägen das Bild eines Wohlstandsparadieses, das unerwartet in einem Tropensturm erwacht ist. 

Mit guter staatlicher Planung und einer gesellschaftlichen Strategie, die die bis vor wenigen Monaten überall zu besichtigenden Konsum- und Genussexzesse von vornherein ausschließt, wäre das vermeidbar gewesen. Wo nichts ist, fehlt niemandem etwas, wo keiner mit "großen Erwartungen" (Charles Dickens) durch Leben pflügt, als gebe es nur ihn und seine Bedürfnisse allein, wird niemand jemals so enttäuscht werden wie unter der Herrschaft des Kapitals, das den Kollaps aller Zukunft in einer Rechnung abzinst, die stets die Enkel und Urenkel bezahlen.

Immer mehr Menschen verstehen das. Wie sonst könnte die Forderung nach Kommunismus immer lauter werden? Galt die helle, lichte Zukunft einer klassen- und rassenlosen Gesellschaft bislang als unerreichbare Utopie, weil der Mensch angeblich zwar dafür gemacht sei, sie zu ersehnen, aber nicht, in ihr zu leben, so ist das Einfache ist, das so schwer zu machen ist, durch das versagen eines Wirtschaftssystems rehabilitiert, das in den Stunden der Not Hilfesuchenden leere Regale präsentiert, Waffenfabriken unterhält, die nichts liefern könne, und Ängste schürt, dass der importierte Wohlstand sich auf Dauer nicht halten lassen wird, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt. 



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