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Nähen als Therapie

"Nähen ist meine Therapie" liest man inzwischen ja immer wieder. Als netten Spruch gibt es ihn sogar bereits auf Tassen oder Schildern und sicher ist das ein oder andere Nähzimmer damit geschmückt. Es ist zwar nicht so, Dass Ich dem bisher nicht zugestimmt Habe, denn auch ich sehe mein liebstes Hobby als Entspannung und Ausgleich zum Alltag. Dennoch Habe Ich den Ausspruch als solches eher als belanglose Floskel abgetan.


Gestern hatte ich bei der Reha ein Seminar zur Schmerzbewältigung. Und da wurde darüber gesprochen, was das Denken mit dem Fühlen und vor allem Erleben zu tun hat. Gemeint ist, dass wenn man an eine Situation bereits von vornherein negativ heran geht, sie meist auch dementsprechend verläuft. Nicht nur die Körperhaltung, Mimik und Gestik fallen da hinein, auch der Kopf spielt eine große Rolle. D.h. zum Beispiel, wenn ich mir bereits vorher nicht viel von der Reha verspreche, wird sie auch nicht in dem Maße helfen können, wie wenn ich optimistisch an die Sache herangehe. Das Gleiche betrifft die Schmerzen: das Schmerzgedächtnis merkt sich Erfahrungen, denen man gegensteuern muss. Man muss also erst wieder erlernen, Dinge anders zu machen und vor allem Gewohnheiten gegensteuern, auch bei Schmerzen.


Warum ich Euch das jetzt erzähle? Am Ende des Seminars gab es noch ein paar Unterlagen zum Lesen mit. Unter anderem gab es dabei einen sehr interessanten Artikel, wie Kreativität bzw. kreative Hobbys Menschen dabei helfen können mit ihren Schmerzen umzugehen bzw. sie sogar weniger werden lassen. Berichtet wurde vom Malen, Zeichnen oder Musizieren, aber auch ein Bildhauer wurde erwähnt. Und dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen. 

Die letzten Monate waren nicht besonders einfach für mich. Nach wochenlangen Rückenleiden ohne Diagnose ist man irgendwie am Ende der Kräfte. Dass es, wie bereits von Anfang an von mir vermutet, dann doch ein Bandscheibenvorfall ist, hat sein Übriges dazu getan. Es war deprimierend, weil man nicht konnte, wie man wollte. Im Alltag eingeschränkt zu sein, hat Auswirkung auf das gesamte Leben. Das Kind meckert, weil Mama nicht alles wie gewohnt mitmachen kann, selbst das ausräumen des Geschirrspülers wurde zur Qual. Bewegung in Maßen tat mir gut, saß ich auf dem Bürostuhl, ging plötzlich nichts mehr.

Während dieser Zeit habe ich begonnen über meine Gewohnheiten nachzudenken. Zugegeben habe ich seit Ende der Elternzeit den Sport komplettt vernachlässigt. Man ist mit kleinem Kind ja ständig in Bewegung, Spielplatz hier, Rumtoben da, Hetzerei morgens zur Arbeit und nachmittags in die Kita. Nicht unbedingt nur positiver Stress. Zeit bleibt da kaum bzw. nimmt man sie sich nicht. Und an Sport habe ich kaum noch einen Gedanken verschwendet.


Abends, wenn das Kind im Bett ist, habe ich mich stattdessen an meine Nähmaschine gesetzt. Zum Ausgleich, zum Abschalten und vor allem auch um etwas Produktives in den Händen zu halten. Andere entspannen auf der Couch vorm Fernseher oder beim Lesen. Ich brauche wirklich nichts außer meine Maschinen - der Fernseher ist aus, das Radio auch. Einfach nur Ruhe ;).
Auch mit meinen Rückenschmerzen habe ich genäht, denn das Nähen ging - meistens zumindest - erstaunlich gut. Ich habe mich immer gefragt, warum das so ist. Warum das anders ist, als wenn ich im Bürostuhl sitze. Bisher habe ich immer gedacht, dass es daran liegt, weil ich mich zwischendurch auch viel bewege. Stoffe auswählen, Schnitte kleben, zuschneiden, nähen, bügeln, einfädeln, wieder nähen, aufstehen, weil das Nadelkissen wieder beim Zuschnitt oder Bügeleisen liegt, weil das Kind zwischendurch wach wird etc. Ihr wisst, was ich meine. Man sitzt eben nicht einfach nur auf dem Stuhl und näht stur vor sich hin.

Nun bin ich aber schlauer. Es liegt nicht nur daran, sondern an den positiven Gedanken. Weil ich etwas mache, was mir Spaß macht. Weil mich das Nähen von den Schmerzen ablenkt. Weil ich beim Nähen an nichts anderes denke - außer ans Nähen eben. Nähen als Therapie.

Wenn man sich das erst mal bewusst macht, ist es eigentlich so einfach und liegt ja auf der Hand. Und ich bin jetzt noch glücklicher über mein liebstes Hobby! 

Nach knapp einer Woche Reha kann ich sagen, dass ich sehr froh darüber bin, dass ich sie machen darf. Ich bin zugegeben mit gemischten Gefühlen herangegangen, weil ich so gar nicht wusste, auf was ich mich da einlasse. Ich habe befürchtet, dass ich mich von morgens bis abends durchs volle Sportprogramm quäle. Nun gehe ich aber jeden Morgen total gern hin und genieße jeden Tag. 



Das Tolle an so einer Reha ist vor allem das ganzheitliche Konzept. Es ist nicht nur Sport (oh ja, es ist viel Sport!), man lernt in diversen Seminaren viel für den Alltag hinzu, Entspannung ist ein wichtiges Thema und sogar gekocht haben wir gemeinsam. Wichtig finde ich vor allem, dass man lernt, wie man mit Kleinigkeiten den Alltag besser bewältigen kann, wie man Übungen integriert, ohne dabei ins Fittnessstudio zu müssen. Ich hoffe sehr, dass ich mir das nach den drei Wochen bewahre und meine guten Vorsätze auch umsetze. Auf alle Fälle möchte ich wieder mehr Sport machen. Dann wird eben einen Abend weniger genäht.

Die letzten Tage liefen also gut bei mir, auch wenn ich nicht einen Gedanken ans Nähen verschwendet habe ;). Abends bin ich so fertig (und habe zugegeben auch wieder Schmerzen), dass ich froh bin, wenn ich ins Bett kann. Morgens geht es mir dann aber meistens richtig gut und ich merke, wie ich wieder mehr Kraft tanke. 

Und um noch mal aufs Nähen als Therapie zurückzukommen. Es fehlt mir gerade schon ein wenig und gerade der Dezember ist wegen Weihnachten eigentlich auch immer meine Höchstzeit gewesen. Die Geschenkeproduktion muss nun aber warten, was ich mit einem weinenden und einem lachenden Auge sehe. Aber ich weiß auch, dass Freunde und Familie vollstes Verständnis dafür haben.
Im Moment konzentriere ich mich also voll und ganz auf mich und meinen Körper. Und es tut wahnsinnig gut. Der Kopf wird langsam wieder freier, die Gedanken klarer und die Ziele erreichbarer. 



Nun gab es heute so viel Text von mir und ich habe noch nicht ein Wort zu meinem neuen Shirt verloren... Genäht habe ich mir eine Ida, nach dem neuen Schnitt vom Kreativlabor Berlin*. Das Besondere an dem Shirt ist die dreieckige Passe im Vorderteil, womit man wirklich tolle Akzente setzen kann. Wie man so eine Passe näht, wird super anschaulich im eBook erklärt. Die Eingrifftaschen geben dem Pulli noch das gewisse i-Tüpfelchen und machen ihn gleich noch etwas lässiger. 

Zum Einsatz kam hier der tolle Lillestoff "me" von Enemenemeins - irgendwie passend zum heutigen Post. Ich fand ihn von Anfang an echt toll, weil das Muster so besonders und trotzdem erwachsenentauglich ist. Nachdem ich aber ehrlich gesagt etwas enttäuscht von diesem Stoff hier war, weil er nach ein paar mal Waschen nicht mehr besonders schön aussah, habe ich lange gerungen, ob ich mir "me" noch gönne. Nach vier mal Waschen kann ich sagen, dass bisher alles hält. Mal gucken, ob es auch so bleibt.

Nun bin ich gespannt, was ihr zu meinen heutigen Gedanken (und natürlich auch zum Pulli) sagt und freue mich, wenn ihr tatsächlich bis hier unten durchgehalten habt ;). 

Liebe Grüße,
Katja


Stoffe: "Me" von Lillestoff, gekauft bei Wieslotus
Schnitt: Ida vom Kreativlabor Berlin*
Verlinkt bei: Biostoff-Linkparty, ich näh bio, RUMS

*Der Schnitt wurde mir zum Probenähen zur Verfügung gestellt. Die Meinung ist jedoch meine eigene.


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